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Der Hexer - NR01 - Das Erbe der Dämonen

Der Hexer - NR01 - Das Erbe der Dämonen

Titel: Der Hexer - NR01 - Das Erbe der Dämonen
Autoren: Verschiedene
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schlaff herunter; Speichel rann über sein Kinn, ohne daß er es überhaupt bemerkte. Ich unterdrückte ein enttäuschtes Stöhnen, als mir klar wurde, daß ich einen Schwachsinnigen vor mir hatte.
    »Nicht mehr... schlagen, Herr«, wimmerte er. »Floyd nicht mehr böse sein. Floyd nur Angst.«
    »Floyd?« wiederholte ich, nun schon weit weniger scharf als bisher. »Ist das dein Name?«
    Er nickte, zog lautstark die Nase hoch und sah mich mit einer sonderbaren Mischung aus Furcht und – ja, und was eigentlich? – an. Etwas in seinem Blick ließ mich schaudern. Es war nicht nur der Blick eines Schwachsinnigen... Er sah mich an, als... als kenne er mich. Und es war ein Erkennen, das mit Furcht gepaart war...
    »Hör mir zu, Floyd«, sagte ich leise. »Ich tue dir nichts, bestimmt nicht.« Ich versuchte zu lächeln. »Ich bin dein Freund, weißt du?« fuhr ich fort. »Aber du mußt mir verraten, was hier geschehen ist. Warum habt ihr mich angegriffen? Ich habe euch nichts getan.«
    »Nicht... mehr schlagen, Herr«, wiederholte Floyd, als hätte er meine Frage gar nicht gehört. »Floyd ist ein lieber Junge.«
    Ich seufzte. Es sah nicht so aus, als würde ich viel aus meinem Gefangenen herausbekommen. Zumindest nicht auf diese Weise.
    Einen Moment zögerte ich noch. Der Gedanke an das, was ich tun mußte, gefiel mir nicht. Ich habe es stets verabscheut, den Geist anderer Menschen zu mißbrauchen, ihnen meinen Willen aufzuzwingen; es ist nicht fair, mit übersinnlichen Kräften gegen einen normalen Menschen vorzugehen. Aber es ist auch nicht gerade fair, zu zwölft über einen Wehrlosen herzufallen und ihn totschlagen zu wollen.
    »Sieh mich an, Floyd«, sagte ich. Er begann zu wimmern und wollte wieder die Hände vor das Gesicht heben, aber ich hielt seinen Blick fest. Seine Augen schienen zu flackern.
    Dann brach sein Widerstand.
    »Du verstehst mich?« fragte ich.
    Floyd nickte. »Ich verstehe Sie, Herr«, antwortete er. Seine Stimme klang mit einem Male sonderbar flach.
    »Dann beantworte meine Frage«, sagte ich. »Warum wollten mich diese Männer töten?«
    »Angst«, sagte Floyd. »Alle Angst. Alle sagen, Herr tot und Herr niemals wiederkommen. Jetzt sehen.«
    »Zum Teufel, was soll das heißen?« schnappte ich. »Ich war in meinem ganzen Leben noch nie...« Ich sprach nicht weiter, als ich das neuerliche Aufflammen von Angst in seinem Blick sah. Trotz des suggestiven Bannes brodelte er innerlich vor Furcht.
    »Ihr habt also Angst vor mir?« fuhr ich wesentlich freundlicher als bisher fort.
    Er nickte. »Viele Geschichten über Herr. Aber Herr tot, und jetzt –«
    Hinter meinem Rücken fiel die Tür krachend ins Schloß. Ich fuhr zusammen, drehte mich rasch herum und war für einen Moment abgelenkt.
    Floyd schrie auf, stieß mir die Hände in den Rücken und stürmte an mir vorbei. Ich taumelte, fiel über einen zerbrochenen Schemel und schlug ziemlich unsanft mit dem Gesicht auf dem Boden auf.
    Als sich die flimmernden Kreise und Punkte vor meinem Blick lichteten, fiel die Tür ein zweites Mal ins Schloß, und das letzte, was ich von Floyd sah, war ein verzerrter Schatten, der draußen vor dem Fenster vorbeihuschte.
    Enttäuscht stemmte ich mich hoch. Einen Moment überlegte ich, ob ich zur Theke zurückgehen und warten sollte, bis der Wirt aus seiner Bewußtlosigkeit erwachte, entschied mich aber dann dagegen und wandte mich zur Tür.
    Es begann bereits dunkel zu werden, als ich auf die Straße hinaustrat. In der hereinbrechenden Dämmerung wirkte die Stadt düsterer und bedrohlicher als zuvor. Die Straße lag wie ausgestorben vor mir. Von den Bewohnern von Innsmouth war keine Spur mehr zu sehen.
    Allerdings auch nicht von meiner Kutsche. Der Fleck, an dem das zweispännige Gefährt gestanden hatte, war leer – nur meine beiden Reisekoffer standen am Straßenrand. Der Kutscher mußte wie von Furien gehetzt den Ort verlassen haben. Ich konnte es ihm nicht einmal verübeln.
    Eine Weile blieb ich stehen und sah mich unschlüssig um.
    Ich fühlte mich ziemlich hilflos in diesem Moment. Der plötzliche Angriff auf mich war durch Floyds Worte nicht logischer geworden; im Gegenteil. Ich fand weniger denn je eine Erklärung dafür.
    Ich war noch nie hier gewesen – nicht einmal in der Nähe. Und doch schienen diese Menschen mich zu kennen. Und zu hassen. Und irgendwie schien ich die Schuld an ihrem Schicksal zu tragen. Es war gespenstisch.
    Wenn ich ganz ehrlich zu mir selbst war, dann hatte ich Angst. Ich wollte
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