Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Der Hexer - GK595 - Tage des Wahnsinns

Der Hexer - GK595 - Tage des Wahnsinns

Titel: Der Hexer - GK595 - Tage des Wahnsinns
Autoren: Verschiedene
Vom Netzwerk:
erkennen.
    Die Lampe war praktisch nutzlos, und ich überlegte, ob ich sie wieder löschen sollte. Aber dann ließ ich sie doch an, in der Hoffnung, daß es im Wald nicht ganz so neblig sein würde.
    Ich täuschte mich. Je näher ich den Bäumen kam, um so weniger sah ich. Die weißen Schwaden schienen wie mit geisterhaften Fingern nach mir zu greifen und meine Kleidung mit Feuchtigkeit zu durchtränken.
    Das rhythmische Rascheln kahler Bäume und dunkler Tannen verstärkte sich. Auf und ab schwoll das Geräusch, mit der mechanischen Monotonie eines schweren Uhrpendels oder eines gigantischen, schlagenden Herzens. Ich spürte, wie mir trotz der Kälte Schweißtropfen den Rücken herunterrannen.
    Auf und ab, ein unnatürliches Geräusch in der umfassenden Dunkelheit. Es vermischte sich mit meinem eigenen Herzschlag, lief eine Zeitlang synchron mit ihm, und verlangsamte sich dann.
    Ich hielt unwillkürlich an, hob die Lampe höher, über den Bodennebel, der mich jetzt schon bis zum Bauchnabel umspülte, und versuchte mit meinen Blicken, die tanzende weiße Schicht zu durchdringen. Aber da war nichts.
    Jedenfalls nichts Faßbares.
    Und doch spürte ich etwas, irgend etwas Ungeheuerliches, das in der Dunkelheit auf mich lauerte. Mein Atem beschleunigte sich, und die Hand, mit der ich die Lampe hielt, zitterte. Ich fragte mich, was ich hier überhaupt wollte.
    War es wirklich nur Priscylla, die mich gerufen hatte? Oder war es eine andere, finstere Kraft, die sie nur benutzte, um mich in eine Falle zu locken?
    Aber das gab keinen Sinn. Ich versuchte mich zu konzentrieren, aber immer, wenn ich den Gedanken zu fassen glaubte, verschwand er hinter einem Strom brodelnder Gefühle.
    Ich keuchte, schloß die Augen, versuchte, den Schleier von meinen Gedanken zu reißen, der seit ein paar Tagen mein Denken vergiftete. Was war das, was da in meinem Inneren lauerte, bereit, hervorzubrechen und meine Umgebung mit Gewalttätigkeit zu tyrannisieren?
    Warum diese plötzliche Abneigung gegen Howard und Rowlf und das Gefühl, mich von ihnen lösen zu müssen?
    Meine bohrenden Fragen fanden keine Antwort, obwohl ich ahnte, daß nicht mehr viel fehlte, um die Schwelle des Begreifens zu durchbrechen. Unter meinem bewußten Denken lauerte ein tiefes, vergrabenes Wissen, zu dem ich einfach nicht vorstoßen konnte – noch nicht.
    Und trotzdem versuchte ich es. Mit aller Gewalt konzentrierte ich mich. Ein dumpfer Schmerz pochte zwischen meinen Schläfen, und ich hatte das Gefühl, mein Schädel würde bersten, aber ich gab nicht auf.
    Ich wollte und mußte endlich Klarheit haben. Und ich spürte, daß ich Erfolg hatte. Etwas trat an die Oberfläche meines Bewußtseins, ein vager Gedanke, den ich nur zu greifen brauchte, den ich nur weiterverfolgen mußte, um alles zu verstehen.
    Es hatte etwas mit Andara, meinem Vater, zu tun, aber auch mit Priscylla und mit mir selbst, und es war ...
    Nichts.
    Wieder riß der Faden ab, das beinahe greifbare Verständnis entglitt mir erneut.
    Ich atmete tief ein und versuchte, die Angst abzuschütteln, die ich vor dem hatte, was in mir lauerte. Es war sinnlos und gefährlich, mich in metaphysische Gedankenspielereien einzulassen. Ich versuchte, mich gewaltsam gegen den Druck zu stemmen, der meinen Schädel auseinanderzusprengen schien.
    Es war die plötzlich greifbare Erinnerung an Priscylla, an die Gefahr, in der wir beide schwebten und die wir meistern mußten, um zueinanderzufinden, die mir die nötige Kraft gab, die Lähmung abzuschütteln und die Augen zu öffnen.
    Der Nebel tanzte mit verspielter Bosheit auf mich zu, griff mit dünnen, faserigen Händen nach mir, die mich wie die Tentakel eines Ungeheuers mit sich zu ziehen versuchten.
    Trotz der Feuchtigkeit fühlte sich meine Kehle ausgetrocknet an. Ich atmete mehrere Male tief durch und bewegte mich langsam auf den Waldrand zu.
    Was auch immer dort drinnen auf mich wartete, würde nicht eher ruhen, bis ich kam.
    Jedes Weglaufen war sinnlos, das spürte ich einfach.
    Unter meinen Füßen raschelte feuchtes Laub. Ich konnte es nicht sehen, aber selbst durch die schweren Stiefel spürte ich den elastischen, federnden Belag, der sich wie ein gigantisches Netz über den Boden spannte.
    Der Nebel war in den letzten Minuten immer höher gestiegen, aber jetzt schien er sich zurückzuziehen. Er strömte zu beiden Seiten davon, langsam, aber mit der Zielstrebigkeit eines eigenständig denkenden Wesens.
    Das Licht meiner Lampe fiel auf einen schmalen Pfad, der
Vom Netzwerk:

Weitere Kostenlose Bücher