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Der Hexer - GK595 - Tage des Wahnsinns

Der Hexer - GK595 - Tage des Wahnsinns

Titel: Der Hexer - GK595 - Tage des Wahnsinns
Autoren: Verschiedene
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sich vor mir auftat und irgendwo in der Dunkelheit verschwand, zu einem Teil des schwarzen Waldes wurde und mit ihm verschmolz. Während auf dem Pfad selbst nur noch wenige Nebelfetzen trieben, verschwammen die Bäume zu beiden Seiten hinter einen dichten weißen Schleier.
    Ich warf einen Blick nach oben. Selbst der Himmel war jetzt nebelverhangen. Nur der Pfad war frei, ein schmaler Tunnel, der sich durch den Nebel wand und direkt zu dem Etwas führte, das auf mich wartete. Es war wie eine Einladung; mehr noch: es war ein Befehl, dem sich zu widersetzen sinnlos war.
    Ich zögerte nicht mehr länger. An Priscylla dachte ich in diesem Moment kaum noch, obwohl mich der Gedanke an sie hierhergetrieben hatte. Statt dessen konzentrierte ich mich vollständig auf meine Umgebung, versuchte aus den Augenwinkeln beide Waldränder gleichzeitig unter Kontrolle zu halten, ohne mich von dem Pfad vor mir ablenken zu lassen – was natürlich nicht gelang.
    Meine Nerven waren zum Zerreißen gespannt. Die Geräusche aus meiner Umgebung wurden von der feuchten, mit tausend feinen Wassertropfen gesättigten Luft gedämpft, aber auch ohne es zu hören, spürte ich, daß etwas auf mich zuhielt. Etwas Unsichtbares, Böses.
    Und dann sah ich es.
    Ein dunkler, mächtiger Schatten, den ich aus der Ferne für einen Baum gehalten hätte, hätte er nicht mitten auf dem Pfad gestanden. Der Schein meiner Lampe reichte nicht weit genug, um mich Einzelheiten erkennen zu lassen. Ich erkannte nur, daß dieses Etwas groß war.
    Groß genug, um ein Shoggote sein zu können.
    Ich blieb abrupt stehen. Mein Herz hämmerte bis zum Hals, und einen Moment mußte ich gegen den Impuls ankämpfen, herumzuwirbeln und wegzulaufen. Mühsam bezwang ich meine Angst, starrte dem Ungeheuer entgegen und konzentrierte mich auf die bevorstehende Auseinandersetzung.
    ** *
    Der Angriff erfolgte ohne Vorwarnung. Etwas raste auf mich zu, eine Wolke dunkel zusammengeballter Ausdünstungen, der stinkende Odem einer vorzeitlichen Bestie.
    Ich riß den Arm hoch, zu spät und zu langsam, um den Wirbel aufzufangen, der mich mit der geballten Kraft grausamen Zornes zurücktaumeln ließ. Die Lampe schwankte wild im Kreis, beschrieb, meiner Hand entrissen, wirre Muster in den Nebel und schlug krachend auf dem Boden auf. Das Karbid dampfte auf, grelle Lichtfinger griffen nach mir, und dann war vollkommene Dunkelheit um mich.
    Ich blieb wie erstarrt stehen. Das Fremde, das mich wie eine tosende Brandung umspülte, war nicht materiell, wie ich zuerst geglaubt hatte.
    Alptraumhafte Zwerge und Hexen tanzten den Pfad entlang, brachen aus dem Nebel hervor und überschütteten mich mit ihrem Spott. Sie wirkten nicht stofflich und auf grausame Weise doch real, wie Kobolde in einem Gemälde, die auf mysteriöse Weise zum Leben erwacht waren, aus dem Rahmen sprangen und den fassungslosen Betrachter mit ihrer plötzlichen Lebendigkeit in Schrecken versetzten.
    Kleine, drollige Kerle mit Pudelmützen auf gehörnten Köpfen trieben heran, dürre, hexenartige Wesen drängten sie beiseite, zu wirklich, um nur Phantasiegeschöpfe sein zu können. Das waren keine vom Nebel geschaffenen Trugbilder, das war grausame, lähmende Wirklichkeit.
    Ein seltsames Geschöpf, halb Ratte, halb Frau, deutete mit ihrem klauenhaften Zeigefinger auf mich und verzog das Gesicht zu einer abstoßenden Grimasse. Die Rattenschnauze, die listigen, heimtückischen Augen und der schlanke, mädchenhafte Körper, der in den Sprunggelenken einer menschengroßen Ratte auslief, bildete eine abscheuliche Mischung. Ich wich Schritt für Schritt zurück, ohne meinen Blick von der Kreatur wenden zu können.
    Die feuchten Ausläufer des Nebels umklammerten meine Beine, krochen meinen Körper empor und erstickten mein Denken. Ich spürte fast panische Angst in mir, aber ein Teil meines Geistes blieb von dem Grauen unberührt und beobachtete die laufende Veränderung der Rattenfrau mit geradezu wissenschaftlicher Neugier.
    Ihr Körper überzog sich langsam mit dichtem, borstigen Fell, und die Finger wurden zu Klauen. Die Wesen, die sie umtanzten, waren nicht mehr als Kobolde, Geschöpfe einer gestörten Phantasie, die ihr kaum bis zur Hüfte reichten.
    Ich beachtete sie nicht. Ich starrte nur auf die Rattenfrau. In ihrem Blick lag kalte, tierische Entschlossenheit, aber da war auch noch etwas anderes. Etwas Bekanntes, etwas, das ich in dem Spiegel gesehen hatte, bevor er barst, und zuvor in Lyssas Augen, in den Augen der Hexe, die
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