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Der Hexer - GK595 - Tage des Wahnsinns

Der Hexer - GK595 - Tage des Wahnsinns

Titel: Der Hexer - GK595 - Tage des Wahnsinns
Autoren: Verschiedene
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verzogen sich sogar zur Andeutung eines Lächelns. Eines kalten, eisigen Lächelns, das beinahe schlimmer war als der Anblick des Totenschädels zuvor.
    »Robert«, flüsterte die Kraft, als habe sie gemerkt, daß ich dem Ansturm ihrer geballten Gewalt nicht mehr lange standhalten konnte. »Hilf mir. Er will mich holen. Hilf mir. Rette mich.«
    Ich wollte antworten, aber meine Kehle fühlte sich ausgetrocknet und verkrampft an, ein einziger Klumpen aus Schmerz, der mir den Gehorsam verweigerte. Ich schluckte mühsam, räusperte mich, und versuchte es dann noch einmal. Diesmal ging es, wenn auch nur unter Schmerzen.
    »Wo ... wo bist du?« brachte ich hervor.
    Priscyllas Mundwinkel zuckten. Sie musterte mich traurig, ein Mädchengesicht in einem Rahmen, der kein Fenster und kein Gemälde einrahmte, und ich wußte in diesem Augenblick nur, daß ich sie liebte, unbändig liebte, immer noch, obwohl ich sie schon vergessen geglaubt hatte.
    Mir war egal, wer oder was sie war und was sie getan hatte. Ich spürte nichts als das starke Gefühl, das zwischen uns war und uns für immer aneinanderketten würde, die Flamme, die noch immer – und heißer denn je
    – in mir brannte.
    »Andara ...«, stieß Priscylla hervor, und diesmal spürte ich, daß wirklich sie es war, und daß sie die Kraft benutzte, um mit mir in Verbindung zu treten und nicht umgekehrt.
    »Andara ... hat mir eine Falle gestellt. Er kommt, mich zu holen.«
    Sie schrie auf, und plötzlich schrie auch ich. Eine Woge eisiger Kälte drang auf mich ein und ließ mich abermals zurücktaumeln. Dann glaubte ich Flammen zu sehen, und ein unsichtbarer Blitz spaltete die Welt von einem Ende zum anderen.
    Und dann war da nichts mehr als Schwärze.
    ** *
    Sean warf einen langen Blick in die Runde, ehe er sich von seinem Platz neben der Tür löste und an die Theke trat.
    Es herrschte erstaunlich wenig Betrieb; nur ein paar alte Männer, die Karten spielten, und zwei junge Burschen mit mürrischen Gesichtern, die sich schweigend an halbvollen Biergläsern festhielten.
    Hinter der Theke stand ein feister Mann mit rundem Gesicht und roten Haaren, der aus halb geschlossenen Augen das Kartenspiel verfolgte. Neben ihm verbreitete ein offener Kamin die Illusion von Wärme und Behaglichkeit.
    Sean nickte dem Wirt zu und bestellte ein Pint des örtlichen Bitters. Er machte sich nicht viel aus Bier, aber manchmal war es besser, sich den Gepflogenheiten der Gegend anzupassen, in der man war – vor allem dann, wenn man nicht auffallen wollte. Und es war Seans Beruf, nicht aufzufallen.
    Das Bitter hatte einen scharfen Nebengeschmack und war so dünn wie Regenwasser. Trotzdem stürzte es Sean in zwei, drei kräftigen Schlucken herunter und schob das Glas anschließend quer über die Theke. Der Wirt füllte es schweigend.
    »Auf der Durchreise, Sir?«
    »Ich bleibe über Nacht hier«, antwortete Sean in betont gelangweilter Art und ohne den Mann anzusehen. »Man hat mir gesagt, daß ich in der Pension auf der anderen Seite des Waldes eine Bleibe finde.«
    »Glaube ich kaum. Sie meinen doch bestimmt die Anstalt von Mr. Baltimore. Wäre mir neu, wenn der jetzt auch noch an Reisende Zimmer vermietet.«
    »Anstalt?« Sean nippte an seinem Bier und sah den Wirt mit einer perfekt schauspielerischen Mischung zwischen Desinteresse und einer gelinden Spur von Neugier über den Rand des Glases hinweg an. »Davon weiß ich nichts. Man hat mir nur gesagt, daß ich dort für ein paar Tage unterkommen könnte.«
    Der Wirt musterte Sean schweigend und stützte sich dann mit beiden Armen auf die Theke. »Sind Sie ganz sicher, daß Sie das Haus jenseits des Waldes meinen? Das Haus von Mr. Baltimore?«
    »Baltimore.« Sean runzelte die Stirn und stierte einen Moment vor sich hin, als überlege er. »Hm ... Glaube nicht, daß ich den Namen schon mal gehört habe. Sie wissen ja, wie das ist. Irgendein Bursche war schon mal in der Gegend, in die man muß, und empfiehlt eine Bleibe.«
    »Irgendein Bursche«, wiederholte der Wirt nachdenklich. Obwohl er sich bemühte, sich nichts anmerken zu lassen, spürte Sean sein wachsendes Mißtrauen. »Sie scheinen viel herumzukommen, Sir.«
    »Nun, in dem Nest, in dem ich aufgewachsen bin, hat mich wirklich nichts gehalten.« Sean lachte rauh und bemühte sich, in seiner Stimme eine Spur von Bitterkeit mitklingen zu lassen. »Ich bin sogar ein paar Jahre zur See gefahren. Fast hätte ich es bis Kap Horn geschafft, aber dann passierte diese schreckliche
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