Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Der Herr der Ohrringe (German Edition)

Der Herr der Ohrringe (German Edition)

Titel: Der Herr der Ohrringe (German Edition)
Autoren: Myk Jung
Vom Netzwerk:
hinguckte, trat er es ins Wasser zurück.
    »Keine Ahnung, warum ich es tat«, erklärte er viel später; aber da war der Ohrringkrieg schon vorbei.

Siebtes Kapitel:
Eine Wanderung auf Brisen
    Die Seelen der Ohrringgespenster aber wehten auf Winden, die wie leichenhafte Ausdünstungen waren, auf unfrohen Brisen, kalt wie der Atem des Todes, zurück nach Murderor, zurück zu ihrem in Schwärze gekleideten Meister: Saurum, dem Dunklen Herrscher, der unruhig auf seinem Thron herumrutschte und über ihr Erscheinen nicht sonderlich erfreut war.
    »Was soll das?«, schrie er. »Und wo is’ euer Materie-Aspekt?« Und mit seinem Wimpernlosen Auge schaute er die verschrumpelten nackten Seelen und durchbohrte sie mit seinem Stechenden Blick. »Habt ihr nichts zu sagen?«
    Aber die Ohrringgespenster sagten nichts. Sie konnten auch nicht, da sie jeglicher Körperlichkeit entbehrten.
    »Nun gut«, sprach Saurum, »dem kann abgeholfen werden!« Und er gab ihnen neue Hüllen, die noch schrecklicher anzusehen gewesen wären als die vorherigen, wenn sie nicht genauso ausgesehen hätten.
    »Und was ist mit unseren Reittieren, den furchtbaren Nazgulashs? «, fragte der Gespensterboss mit seiner neuen, alten Stimme. Und was er meinte, war: würden auch sie neue Hüllen bekommen?
    »Wollt ihr mich verkohlen, oder was?«, schimpfte gellend Saurum. »Ihr selbst seid doch die Nazgulashs! Eure Dino-Stuten indes hatten noch nie einen Namen!«
    »Ach so«, sagten die Ohrringgeister. Das hatten sie die ganze Zeit – immerhin jahrhundertelang – verwechselt!
    »Außerdem habe ich noch genügend von denen«, sagte Saurum. »Es sind Übriggebliebene aus einer längst vergessenen Welt, und auf kalten gezackten Berggipfeln schlüpften sie aus, als unzeitige, monströse Brut. Und ich fütterte sie mit meiner Schwarzen Hand, bis sie sich darauf erbrachen!« Plötzlich flatterten neun Pteranodons durch ein hohes Fenster in den Saal, und mit einem Schrei von Juckuruh sprangen die Nazgulashs auf ihre neuen Reittiere.
    »Wie geht’s jetzt weiter?«, fragte der Gespensterfürst.
    »Ich werd’ euch noch ein bisschen mit meinem Wimpernlosen Auge anstarren«, sagte Saurum. »Denn mir bleibt wenig Spaß hier in meinem Dunklen Turm, und das wär’ einer!«

Achtes Kapitel:
Abschied vom Namenlosen Gebüsch
    Ganzhalb drängte durch dichtes Dickicht, und in seinem Kopf spukten Alliterationen; darüber hinaus machte er sich ein bisschen Vorwürfe, weil er seine Gefährten im Stich gelassen hatte. Jetzt traten die Neun Schatten vor sein geistiges Auge: wie sie gelungert hatten unterm Gezweig. Sie sahen entsetzlich aus und hielten eine verborgene Macht. Eine Macht, die fähig war, zu zermalmen – oder ähnliche Unbill hervorzurufen. Da pfiff der Zauberer leise ein Liedchen undenkbarer Schmerzhaftigkeit vor sich hin, und seiner Gefährten gedachte er mit Mitgefühl.
    Ganzhalb hatte überhaupt nicht die Absicht, den Eisengarten zu besuchen, wo Fahrduman seinen Sitz hatte, auch wollte er keine Ratschläge einholen. Es war nur eine Finte gewesen, solches zu behaupten, und zwar eine echt raffinierte, wie er sich selber zugestehen musste.
    »Den Eisengarten zu besuchen, darauf hab’ ich keinen Bockh, wie junge Menschen zukünftiger Zeitalter in verwundernswerter Metaphorik sagen würden«, erläuterte er. »Fahrduman kommt mir immer komischer vor, und mich fliegt der Eindruck an, als führe der was im Schilde…«
    Jetzt trat Fahrduman aus einem Gebüsch hervor, das nie mit einem Namen belegt worden war, es sei denn mit einem fluchwürdigen.
    »Hallo Ganzhalb!«, rief er. »Na, wollen wir ein bisschen in meinen Eisengarten wandern? Im Ohr-Tank rumlungern? Es is’ gar nicht weit entfernt!«
    Da sah Ganzhalb in Fahrdumans Augen, und weil er tiefer und weiter, fester und schneller zu schauen vermochte als manch einer in der Mittelmäßigen Welt, erkannte er Fahrdumans Absichten. Und er sah, dass Fahrduman ihn, Ganzhalb, zu einem finsteren Verrat zu überreden vorhatte, und, falls er, Ganzhalb, ablehnen würde, ihn, den Grauen, im Eisengarten festzusetzen trachtete. Dass Fahrduman ein rechter Schurke war, das sah er; und dass er ihn, Ganzhalb, auf der Spitze des Ohr-Tanks gefangenzuhalten plante, bis dass der Riesenadler ihn, Ganzhalb, wieder befreien würde. Außerdem hatte Fahrduman gelogen: Der Eisengarten war mindestens siebzig Wegstunden entfernt.
    »Hallo, Fahrduman! Wie geht’s denn so?«, krächzte Ganzhalb und versuchte, seiner Stimme den Klang
Vom Netzwerk:

Weitere Kostenlose Bücher