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Der Herr der Habichts - Insel

Der Herr der Habichts - Insel

Titel: Der Herr der Habichts - Insel
Autoren: Catherine Coulter
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bleischwer, und seine Muskeln zuckten in
    Krämpfen. Hätte er Einar nur von Anfang ans Ruder gesetzt, dann wäre er jetzt ebenfalls erschöpft. Aber er hatte nicht einmal eine Stunde gerudert, und so war seine Kraft ungebrochen.
    Rorik faßte seinen Entschluß, so erschöpft er auch war. Er hatte gar keine andere Wahl, wenn er Einar einholen wollte.
    Kopfüber sprang er über Bord. Bevor sein Kopf ins Wasser tauchte, hörte er Miranas Schrei. Gunleik und Hafter würden sie beschützen, gleich welchen Ausgang die Verfolgung nahm.
    »Bei allen Göttern, nein!«
    Gunleik war zu langsam. Mirana war, nur mit dem Unterhemd bekleidet, ins Wasser gesprungen. Die Aufmerksamkeit der Männer war bei Einar und Rorik gewesen. Gunleik brüllte wie ein Tier, doch sie war verschwunden. Als sie auftauchte, stellte er verblüfft fest, daß sie Rorik und Einar schon ziemlich nah gekommen war.
    Er hatte noch keine Frau gesehen, die so kraftvoll und schnell schwamm wie sie. Gunleik wußte, daß sie schwimmen konnte; ihr Vater hatte es ihr beigebracht. Doch das hatte er nicht erwartet.
    Sie holte zügig auf. Zu seinem weiteren Erstaunen sah er, wie sie sich von den Männern entfernte und sich dem Land in einem verkürzten Winkel näherte. Damit war sie den Männern um etwa zwanzig Meter voraus. Sie kämpfte sich durch die Brandung und rannte über den schwarzen, steinigen Strand. Ohne innezuhalten oder zu verschnaufen, lief sie zum nächsten Baum und begann, den Boden abzusuchen.
    Sie suchte nach einer Waffe. Gunleik spürte, wie sein Rücken sich auf wunderbare Weise streckte. Dennoch stieg Angst um Miranas und Roriks Leben in ihm hoch. Bei den Göttern, war ihr eigentlich klar, was sie da tat?
    Mirana wußte genau, was sie tat. Sie achtete nicht auf die Männer, die nach ihr das Land erreichten. Endlich fand sie einen dicken, kurzen Ahornast, packte ihn, schwang ihn wie eine Keule, änderte den Griff und rannte zum Wasser zurück.
    Einar lag auf den schwarzen Steinen auf Händen und Knien, keuchend nach Luft ringend. Hinter ihm kämpfte sich Rorik mühsam durch die Brandung und kam näher und näher. Er brüllte wie ein Stier: »Jetzt bring ich dich um, du verfluchter Dreckskerl!«
    Einar rappelte sich hoch und rannte los. Er schien nicht mehr ganz bei Kräften zu sein, taumelte, ging zu Boden und raffte sich wieder hoch.
    Roriks Atem ging rasselnd, doch er rannte schnell, und würde Einar bald einholen, das wußte er. Mirana staunte über Roriks Kraft und über seine tödliche Entschlossenheit. Sie wunderte sich nicht, daß sie das Land als erste erreicht hatte. Sie war nicht so erschöpft und war noch bei Kräften.
    Einar drehte den Kopf, um zu prüfen, wie nahe sein Feind schon war. Da hörte er das Lachen einer Frau. Blitzschnell fuhr er herum und sah seine Halbschwester vor sich stehen, eine Keule in beiden Händen haltend. Sie stand da wie ein Mann, breitbeinig mit angewinkelten Armen, die Hände um die Keule geklammert.
    »Wie kommst du hierher?« keuchte er.
    »Ich bin geschwommen. Nur für dich, Einar, nur für dich. Du bekommst keine Gelegenheit, Rorik etwas anzutun. Und ich lasse dich nicht in die Wälder entkommen. Komm, Bruderherz, ich töte dich. Ich werde dich nicht quälen, und ich gebe dir keine Zeit dazu, um dein Leben zu winseln. Ich bringe dich rasch und sauber um. Dein böser Geist wird mit dir sterben, und Rorik wird für immer von dir befreit sein.«
    Einar lachte höhnisch. »Du willst mich töten, du dummes Luder? Ich brech dir mit einer Hand das Genick. Du bist nichts, Mirana, rein gar nichts.«
    Rorik traute seinen Augen nicht. Nein, es war unmöglich. Keine Frau konnte so schnell geschwommen sein. Aber sie stand vor Einar, wie eine Walküre mit einem dicken Ast in den Händen. Die Angst um sie schnürte ihm die Kehle zu.
    »Mirana«, schrie er. »Geh weg von ihm!«
    Mit gezücktem Messer rannte er los. Er war am Ende seiner Kräfte. Nur sein Zorn und seine Angst um Mirana hielten ihn noch aufrecht. Die vielen Stunden am Ruder hatten seine Kräfte verzehrt, und die Strecke an Land zu schwimmen hatte ihn vollends in die Knie gezwungen.
    »Bleib, wo du bist, Rorik! Einar ist eine Giftschlange. Er kennt keine Ehre! Bleib! Ich lasse ihn nicht entkommen. Er darf seiner Strafe nicht entgehen. Und du wirst dich nicht dein ganzes Leben mit der Frage quälen, ob er lebt oder umgekommen ist. Ich mache Schluß mit ihm!«
    »Nein! Mirana! Nein!«
    Einar stürmte mit gesenktem Kopf los, die Hände über dem Kopf haltend.
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