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Der Herr der Falken - Schlucht

Der Herr der Falken - Schlucht

Titel: Der Herr der Falken - Schlucht
Autoren: Catherine Coulter
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ausgebreiteten Armen auf Cleve, um ihn zu umschlingen und ihm den Brustkasten einzudrücken.
    Cleve machte einen Schritt zurück, als habe er plötzlich Angst bekommen.
    Der Mann in dem verfilzten Bärenfell lachte. »Jetzt bleibt dir deine Aufschneiderei wohl im Hals stecken, du Auswurf. Hast wohl die Hosen voll.«
    »Wer schickt dich?«
    »Das werde ich ausgerechnet dir auf die Nase binden.«
    »Weil du zu blöde bist, um dir den Namen deines Auftraggebers zu merken.«
    Der Mann jaulte auf.
    Cleve berechnete die Entfernung, sammelte sich, wie Merrik es ihm beigebracht hatte, hob eine Hand mit einer flatternden Geste und ließ den Arm wieder sinken. Der ungeschlachte Koloß kam feixend auf Cleve zu, versperrte ihm den Fluchtweg und drängte ihn zurück in die dunkle Gasse.
    »Hast du Angst, ich könnte dir entwischen? Wer bezahlt dich dafür, mich umzubringen?«
    Cleve entdeckte einen Schatten an dem mondhellen Gemäuer.
    »Wage nicht, ihm etwas anzutun!»
    »Verflucht!» entfuhr es Cleve, als er die Stimme erkannte. »Mach, daß du fortkommst, Chessa«, schrie er.
    »Nein, ich erledige den elenden Hund.«
    Blitzschnell zog Cleve das Messer aus dem Kittel und hob den Arm. »Willst du meinen Tod?« schrie er dem Riesen entgegen, der sich beim Klang der Frauenstimme halb umgewandt hatte.
    »Ja, und zwar jetzt«, brüllte der Zottige und stürzte sich mit erneuter Wut auf Cleve.
    Cleve zielte in aller Ruhe. Die Schneide blitzte kurz auf, bevor sie sich in die Kehle des Mannes senkte.
    Im selben Augenblick hörte er Chessa rufen: »Du elender Schuft. Wie bekommt dir das?«
    Der Mann starrte Cleve verdutzt an und öffnete den Mund, aus dem ein Schwall Blut quoll. Dann fiel er schwer vornüber aufs Gesicht. Jetzt sah Cleve das Messer, das dem Mann zwischen den Schulterblättern steckte.
    Sie hatte dem Kerl tatsächlich ein Messer in den Rücken geworfen.
    »Bist du in Ordnung, Cleve?« Mit offenen Armen rannte sie auf ihn zu.
    »Was im Namen der Götter hast du hier mitten in der Nacht zu suchen?« Beim Klang seiner Stimme blieb sie wie angewurzelt stehen.
    »Merkwürdig. Du klingst verärgert. Ich rette dir das Leben, und du bist wütend auf mich. Männer ... Ihr seid alle miteinander eingebildete Hornochsen, keiner von euch ist einen Strohhalm wert.« Sie bückte sich, zog das Messer aus der Schulter des Mannes und sah die Spitze des zweiten Messers aus dem Nacken des Toten ragen. Langsam erhob sie sich: »Du hast ihn getötet.«
    »Ja. Und das war nicht meine Absicht, wenigstens nicht gleich. Vorher wollte ich von ihm wissen, wer ihn gedungen hat, mich umzubringen. Doch da mußt du auftauchen und den Drachentöter spielen. Kümmere dich das nächste Mal gefälligst um deine eigenen Angelegenheiten.«
    »Tut mir leid. Ich wollte dir helfen. Ich glaubte, er würde dich umbringen, und das wollte ich verhindern.«
    »Warum denn? Ich bin doch ein aalglatter Höfling, der nur schöne, nichtssagende Reden führt. Du verachtest mich doch. Die Stimmung beim Essen mit deinem Vater war so angespannt, daß ich mich fragte, wie überhaupt jemand einen Bissen hinunterbringen konnte. Selbst die Diener waren unruhig. Einer schüttete mir beinahe die heiße Brühe über die Hose. Und jetzt dieser dramatische Höhepunkt. Was hast du hier zu suchen?«
    »Ich wollte mit dir reden. Ich sah, wie meine Stiefmutter dich wie süßes Mandelbrot begehrlich mit Blicken verschlang, und mir war klar, daß sie dich in ihrem Bett haben will. Deshalb bin ich dir nachgegangen. Daran ist nichts Dramatisches.«
    »Wolltest du das Mahl deshalb so schnell wie möglich beenden, damit deine Stiefmutter mich nicht verführen kann?«
    Sie nickte. »Tu nicht so erstaunt. Ich wollte dich nicht beleidigen.«
    »Du nanntest alle Höflinge räudige Köter, deren Flöhe jeden anspringen, der ihnen zu nahe kommt. Wenn ein Mann so etwas sagte, würde er nicht lange leben.«
    »Ich habe nur gesagt, daß die Höhe dieser Herren jeden verseuchen, den sie anspringen.«
    »Verzeih, wenn ich deine Beleidigung nicht wörtlich wiedergab. Deine Stiefmutter hatte nicht die Absicht, mich zu verführen. Sie musterte mich aus einem ganz anderen Grund, den du direkt vor deiner einfältigen Nase hast. Sie empfindet nichts als Abscheu gegen mich. Bei den Göttern, du bist mit Blindheit geschlagen.«
    »Pah! Du bist blind. Natürlich hat sie dich mit Wollust angesehen. Du bist schön. Und Sira läßt sich keinen schönen Mann entgehen. Du bist anders als mein Vater. Er hat schwarzes
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