Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Der Herr der Falken - Schlucht

Der Herr der Falken - Schlucht

Titel: Der Herr der Falken - Schlucht
Autoren: Catherine Coulter
Vom Netzwerk:
entgegnete sie patzig. Er kannte seine Tochter gut genug, um zu wissen, daß sie sich nicht so schnell von einem Thema abbringen ließ. Also wartete er geduldig. Und schließlich griff sie den Faden wieder auf. »Ich denke kaum noch an Ragnor. Und ich begreife nicht, wie ich so leichtgläubig sein konnte, all seine Lügen für bare Münze zu nehmen. Aber ich habe mich gerächt, ehm, das heißt...«
    Seine verschwiegene Tochter ließ sich kaum je zu einer unbedachten Äußerung hinreißen und bereute ihre Unachtsamkeit noch ehe sie ausgesprochen war. »Was hast du getan, Chessa?«
    »Ach, das interessiert dich doch gar nicht.«
    »Was hast du getan, Chessa?«
    »Ich zerrieb getrocknete Sennesblätter mit etwas Bilsenkraut und gab eine Prise zerstoßenen Ingwer dazu. Ragnor liebt Ingwer. Er soll sich drei Tage lang die Eingeweide ausgekotzt haben.«
    Er mußte lachen. Zum Glück hatte sie den aufdringlichen Freier nicht gleich ins Jenseits befördert. Zuzutrauen wäre es ihr. Doch sie konnte sich beherrschen, eine Eigenschaft, die
    ihre Stiefmutter leider vermissen ließ. Er hatte Chessa sorgsam erzogen, und er war stolz auf sie. Sie war fähig, aus Fehlem zu lernen. Schade, daß sie nur eine Frau war.
    Chessa lächelte erleichtert. Sie liebte ihren Vater innig und wollte ihm nicht wehtun. Unvermittelt fragte sie: »Wirst du diesen Cleve von Malverne einladen, mit uns zu speisen?«
    »Warum?«
    »Ich möchte wissen, ob er wie ein Mann reden kann und nicht nur glatt züngelt wie eine Schlange.«
    »Genügt es dir nicht, sein hübsches Gesicht anzusehen? Sein goldbraunes und sein blaues Auge? Und seinen gestählten Männerkörper?«
    »Eine Weile vielleicht. Er hat übrigens auch eine schöne Stimme.«
    »Nun gut. Wie ich höre, hattest du heute Streit mit deiner Stiefmutter. Worum ging es diesmal?«
    »Hat Cleve von Malverne dir das erzählt?«
    »Nein, Liebling. Wieso sollte er? Wie kann er davon wissen? Worüber habt ihr gestritten?«
    »Ich möchte lieber nicht darüber reden.«
    »Antworte, Chessa!«
    »Sie hat die kleine Ingrid wieder geschlagen.«
    »Was hat das Mädchen diesmal angestellt?«
    »Sie brachte ihr den Kamm nicht schnell genug. Sira schlug die Kleine mit Fäusten.«
    »Ich spreche mit Sira«, sagte er. »Leg dich bitte nicht wieder mit ihr an, Chessa.«
    »Ich bemühe mich, Vater. Willst du noch mehr Söhne von ihr? Läßt du ihr deshalb all ihre Gemeinheiten durchgehen?«
    Seufzend strich er über das glatte Leinen seines scharlachroten Gewandes. »Du bist noch so jung ...«
    »Ich bin achtzehn. In meinem Alter sind die meisten Mädchen verheiratet und haben Kinder.«
    »Dennoch bist du ein unschuldiges Kind. Sira bedeutet mir viel, Chessa. Davon verstehst du noch nichts.«
    »Weil sie dir zu Willen ist, wann immer dich das Verlangen packt? Ich weiß, wie wichtig das Männern ist. Aber ich habe sie nackt gesehen, Vater. Sie hat vier Kinder geboren. Ihre
    Brüste und ihr Bauch haben Striemen. Sie hat zwar noch kein Fett angesetzt, aber...«
    »Die Striemen der Schwangerschaft beeinträchtigen die Schönheit einer Frau nicht. Nein, es sind andere Dinge, von denen du nichts verstehst.«
    »Dinge, die Ragnor mich lehren wollte, und die ich nicht zuließ.«
    »Hat er dich berührt?«
    Chessa lächelte über die plötzliche Schärfe in der väterlichen Stimme. Seine Frau zu beschlafen war eine Sache; wenn aber ein Mann seine Tochter anfaßte, war das etwas ganz anderes.
    »Ja, aber ich habe mich ihm verweigert. Da fing er mit seinen Lügengeschichten an, z. B. daß er mich bis in alle Ewigkeit lieben würde. Er sagte wirklich bis in alle Ewigkeit.«
    »Ich mache dir einen Vorschlag, Chessa. Du hältst dich von Sira fern, und ich bringe ihr ein maßvolleres Verhalten und etwas mehr Freundlichkeit im Umgang mit der Dienerschaft bei.«
    »Dazu wünsche ich dir viel Glück«, entgegnete Chessa und verließ das Schlafgemach ihres Vaters.
    Sitric machte sich nichts vor. Wenn er Sira Vorhaltungen machte, würde sie ihn solange mit ihren Verführungskünsten betören, bis er sogar seinen eigenen Namen vergessen hatte.
    Cleve wußte, daß der Mann ihm nach dem Leben trachtete. Er winkte den Fremden heran. »Komm, du Zwerg, komm nur her, du feige Rotznase.«
    Zwerg war kaum die passende Bezeichnung für den Hünen, der Cleve um Haupteslänge überragte, und breit und stämmig wie ein Stier dastand, die riesigen Pranken zu Fäusten geballt. Er war völlig verdreckt und stank erbärmlich.
    Er stürzte sich mit
Vom Netzwerk:

Weitere Kostenlose Bücher