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Der Herr der Falken - Schlucht

Der Herr der Falken - Schlucht

Titel: Der Herr der Falken - Schlucht
Autoren: Catherine Coulter
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Du bist eine Prinzessin und kein Fischweib. Halte dich von den Prinzen fern.«
    »Ich tue, was mir paßt, Sira.«
    Die Königin mit dem ungewöhnlich silberblonden Haar erhob sich halb von ihrem Stuhl. »Widersprich mir nicht, Chessa!«
    »Aber Sira«, beschwichtigte der König. »Die Buben lieben ihre Schwester. Du bist ein wenig gereizt wegen des Kindes in deinem Bauch. Cleve, nimm noch von den Kiebitzeiern. Sie werden in einer Kruste aus Hafermehl gebacken.«
    »Was? Ist sie schon wieder schwanger? Reichen ihr vier Kinder nicht?«
    »Es wird wieder ein Knabe«, entgegnete Sira stolz und strich sich ihren flachen Bauch. »Ein Mann kann nicht genug männliche Erben haben. Sie stellen einen großen Wert dar, im Gegensatz zu nutzlosen Mädchen.«
    »Das würde ich nicht sagen«, meinte der König und schob einen Löffel Erbsen in den Mund. »Herzog Rollo der Normandie wünscht Chessa als Gemahlin für seinen Sohn und Thronfolger. Diese Verbindung macht sie ausgesprochen kostbar.«
    »Was redest du da, Papa? Du willst mich an einen Mann verheiraten, der in der Normandie lebt? Das ist am Ende der Welt. Dort leben nur Wikinger ...«
    »Sie ist es nicht wert«, fuhr Sira gereizt dazwischen. »Die Verbindung ist lächerlich, das habe ich dir bereits gesagt. Nein, du mußt einen unserer Söhne mit der Tochter des Frankenkönigs vermählen. Dort liegt die Macht, nicht im Herzogtum, das von einem Greis regiert wird. Rollo wird bald sterben. Sein Sohn wird den Franken nicht genügend Widerstand leisten können. Man stürzt ihn und bringt ihn um. Und was dann? Dann hast du deine verwitwete Tochter am Hals. Nein, mein Lieber. Brodan wird in das fränkische Königshaus einheiraten. Chessa soll Ragnor von York nehmen. Zu mehr taugt sie wahrlich nicht.«
    »Und wozu taugst du?« Chessas Gesicht war rot angelaufen. »Die Sachsen werden die Wikinger demnächst aus dem Danelagh verjagen, dann gibt es keine dänische Vorherrschaft mehr. Und das wäre dir gerade recht, nicht wahr, Sira? Du würdest mich gern im Dreck liegen sehen, nachdem die Sachsen die Hauptstadt eingenommen haben. Das würde dir gefallen. Wer bist du eigentlich? Du bist gar keine Prinzessin, du bist nur eine hergelaufene ...«
    »Jetzt aber Schluß!» unterbrach Sitric milde. »Sira, möchtest du noch etwas Wein? Der Händler Daleeah brachte erst heute nachmittag eine neue Schiffsladung aus Spanien. Er ist schwer und süß wie deine Lippen.«
    Die Königin war wütend, aber klug genug, dem König nicht zu widersprechen. Chessa hielt den Blick auf ihren Teller gesenkt. Das Danelagh wurde von Jahr zu Jahr schwächer, und die Einfälle der Sachsen häuften sich, das war allgemein bekannt. Es schien nur noch eine Frage der Zeit, bis die Wikinger das besetzte Land verlieren würden. Cleve glaubte auch nicht recht daran, daß dieser Prinz von Danelagh, dieser Ragnor, je an die Macht kommen würde.
    Die Fehde spitzer Zungen an der Tafel des Königs dauerte an. Die Königin und Chessa tauschten Sticheleien aus, wobei Chessas Attacken eher lustlos wirkten. Cleve fragte sich, welche Meinung Chessa wirklich über ihre bevorstehende Heirat mit Wilhelm Langschwert hatte. Zweifellos war sie erfreut darüber. Welche Frau hatte es nicht auf Reichtum und Macht abgesehen? Cleve fehlte dieser Ehrgeiz. Er wollte ein geruhsames Leben führen, seine Tochter großziehen und hin und wieder ein williges Weib zur Verfügung haben, um seine körperlichen Bedürfnisse zu stillen. Das waren gewiß keine zu hohen Ansprüche, die ein Mann ans Leben stellte.
    Am nächsten Morgen empfing der König den Gesandten Cleve im Thronsaal erneut unter vier Augen. Bei jedem ihrer vorangegangenen Gespräche hatte er seine Minister und auch die Dienerschaft entlassen, nur sein Leibwächter Cullic durfte bleiben.
    »Du hast mein Einverständnis«, sagte er bei Cleves Eintreten. »Du kannst noch heute abreisen und Herzog Rollo meine Entscheidung überbringen. Ich schicke Chessa nach Rouen, sobald entschieden ist, wann die Hochzeit stattfinden soll.«
    Cleve machte eine tiefe Verbeugung. »Wie Ihr wünscht, Sire.«
    »Cleve.«
    »Ja.«
    »Du hast deine Sache gut gemacht. Du bist ein kluger und vertrauenswürdiger Mann. Wenn du Rollo überdrüssig bist, biete ich dir an, in meine Dienste zu treten.«
    Cleve dankte dem König und wandte sich zum Gehen.
    »Es war klug, dich von meiner Tochter fernzuhalten. Sie scheint dich mit anderen Augen zu sehen. Das hatte ich nicht erwartet. Ich wünsche diese Vermählung.
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