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Der Herodes-Killer

Der Herodes-Killer

Titel: Der Herodes-Killer
Autoren: Mark Roberts
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zugefügt. Du weißt doch, was du mit ihm gemacht hast, Liebling?»
    «Was habe ich denn mit ihm gemacht?»
    «Du hast ihm ordentlich eins verpasst.»
    Sie lächelte. «Ja, das habe ich … Aber …»
    «Das Baby? Er hat deine Gebärmutter nicht verletzt, Sarah. Er hat es versucht, es aber nicht geschafft. Im Ultraschall ist alles in Ordnung.»
    Er hielt ihre Hand und spürte, wie ihre Finger die seinen drückten.
    «Erzähl mir alles», sagte sie.
    «Versuch zu schlafen, wir reden später darüber. Du bist hier, und das Baby ist gesund. Das ist die Hauptsache.»
    Mehrere Minuten lang schien es, als schlafe sie wieder ein, aber gerade, als er dachte, dass sie nun wirklich eingenickt sei, schlug sie die Augen auf und richtete den Blick auf ihn.
    «Was hat er mir in den Fuß gestochen?», fragte sie.
    «Sarah, schlaf …»
    «David, rede …»
    «Pentothal. Die Wirkung setzt schnell ein und ist von kurzer Dauer.»
    «Du Glückspilz», sagte sie. «Ich bin aufgewacht, und hier …», sie zeigte auf ihre Schläfe, «… lag eine Waffe. Auf dem Boden. Ich habe dein Gesicht und seines durch den Rauch erkannt. Weil er ein brennendes Streichholz in der Hand hielt. Ich habe den Spiritus gerochen. Ich wusste, was er vorhatte. Er wollte dich in Brand stecken. Da habe ich nach der Pistole gegriffen, auf seinen Kopf gezielt und abgedrückt.»
    «Und wenn du danebengeschossen hättest?»
    «Und wenn ich nichts getan hätte?»
    «Ich hätte mich lieber von dir erschießen als von diesem Schwein anzünden lassen.»
    «Das weiß ich. Deswegen habe ich es ja getan.»
    Ihre Augen fielen zu, und nach wenigen Augenblicken ging ihr Atem langsam und tief. Sie schlief. Er betrachtete ihr Gesicht im Widerschein der Lampe und erkannte darin Hannah, die er Hunderte von Malen im Schlaf beobachtet hatte. Es war das Gesicht, das er gesehen hatte, wenn er mitten in der Nacht nach seinem Kind schaute, das Gesicht, das er gesehen hatte, als er Hannah in diesem unendlichen letzten Schlaf gefunden hatte.
    Im Gegensatz zu seiner Frau hatte Rosen in all den Jahren, die seit dem Tod ihrer Tochter vergangen waren, nie von dem Vorfall geträumt, er hatte sie nie im Schlaf gesehen oder gehört. In guten wie in schlechten Zeiten und in den Weiten, die dazwischenlagen, konnte er sich nicht erinnern, seinem toten Kind begegnet zu sein. Dabei sehnte er sich danach, das eine zu tun, und sei es auch nur im Traum, was ihm in der realen, kalten, bewussten Welt vorenthalten geblieben war.
    Seit damals sehnte er sich danach, Hannah liebevoll Lebewohl zu sagen und sie im Arm zu halten, bevor er sie zu diesem endgültigen Abschied gehen ließ.
    Das Licht im Raum war warm, und die Schatten waren verführerisch.
    Rosen saß am Bett seiner Frau, hellwach, und wünschte, er könnte schlafen, um nur noch einmal mit seiner Tochter zusammen zu sein.

[zur Inhaltsübersicht]
    71
    Nach sieben Tagen und Nächten brachte Rosen Sarah an einem Nachmittag nach Hause, der nach dem Regenwetter, das seit Wochen in Südengland herrschte, eine dramatische Veränderung versprach.
    In der Küche staunte er, wie sie den Teekessel aufsetzte, und nahm das Schöne des Alltags und die Freuden des Gewöhnlichen ganz bewusst in sich auf.
    Sarah zuckte zusammen, als sie sich im Schrank nach Teebeuteln reckte, und er sagte: «Warte, lass mich das machen.»
    «Setz dich», entgegnete sie. «Mach kein Tamtam in meiner Küche.» Sie fuhr mit dem Zubereiten der beiden Tassen Tee fort.
    Das große Fenster hinter ihr gab einen weiten Blick auf den Himmel frei. Ein Tiefdruckgebiet rückte von Westen an, Schnee war vorhergesagt. Als er das am Morgen gehört hatte, hatte Rosen sich den Spaß vorgestellt, den er in fünf Jahren mit seinem Kind im Schnee haben konnte, in drei, sogar schon in zwei Jahren …
    Der Teekessel schaltete sich mit einem leisen Klicken ab, ein winziges Geräusch, das durch die Stille verstärkt wurde.
    «Hast du das gesehen?», fragte Sarah. «So spät im Jahr und so unerwartet … Komm zum Fenster, David.»
    Eine weiße Wolkenbank ließ den Himmel im Kontrast sattblau wirken. Der kalte Wind warf einen Schwung abgestorbener Blätter gegen das Küchenfenster, die mit einem trockenen Geräusch daran kratzten. Ein Bild kam Rosen in den Sinn, die frische Erinnerung an das Fenster von Sebastian Flints Zimmer im St Mark’s. Er entsann sich der Worte des Priesters, des Klangs seiner Stimme. «In unserer Welt steht alles auf dem Kopf oder ist seitenverkehrt.»
    Einen Augenblick lang stellte
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