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Der Heilige Krieg

Der Heilige Krieg

Titel: Der Heilige Krieg
Autoren: Guido Knopp
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Worte in mein Herz geschrieben waren: ›Trage vor, im Namen deines Herren, der dich erschuf. Trage vor! Dein Herr ist der Edelmütigste, der den Menschen durch das Schreibrohr lehrt, was er nicht weiß.‹«
    Oft wurde darüber spekuliert, warum die islamische Überlieferungstradition darauf besteht, dass Mohammed weder lesen noch schreiben konnte. Gott, so heißt es, habe über den Engel Gabriel seinem Propheten die Texte ins Herz geschrieben oder auf die Zunge gelegt. Und Mohammed wiederum habe sie nur mündlich vorgetragen. Sollte damit der Eindruck erweckt werden, dass allein Gott die Texte verfasst hat und kein Mensch – auch nicht Mohammed selbst – daran Anteil hatte? Oder ging es darum, jeden Einfluss der auch in Arabien bekannten heiligen Schriften von Juden und Christen zu bestreiten? In jedem Fall konnte die Darstellung Mohammeds als Lese- und Schreibunkundigen dazu dienen, seinen Botschaften höchste und göttliche Autorität zu verleihen.
    Nach anfänglichem Widerstand gab Mohammed dem Drängen des Engels nach. 613 begann er in Mekka, die erhaltenen Offenbarungen tatsächlich vorzutragen. Ohne großen Erfolg. Es waren nicht so sehr seine Botschaften, für die Mohammed zu Beginn seiner Auftritte als Prediger gepriesen wurde, sondern es war seine Sprache. Vom »Zauber seiner Worte« schwärmten diejenigen, die Mohammed gehört hatten. Was aber wollte »das Siegel der Propheten«, wie Mohammed sich selbst verstand, mit seinen Worten erreichen?
     
    Die Arabische Halbinsel lag Anfang des 7. Jahrhunderts abseits der von den Großmächten Byzanz und Persien umkämpften Gebiete im Nahen Osten. Ihren sesshaften Bewohnern boten die kargen Landschaften Arabiens außerhalb der fruchtbaren Oasen keine ausreichenden Lebensgrundlagen.
Die nicht sesshaften Beduinen ernährten sich von ihren Herden und durch Handel. Schätzungen, die auf geologischen Vergleichsdaten beruhen, nehmen für den Anfang des 7. Jahrhunderts eine Gesamtbevölkerung von etwa vier Millionen Menschen auf der Arabischen Halbinsel an.
    Bild 16
    Mohammed und Gabriel. Miniatur, 15. Jahrhundert, Topkapı-Bibliothek Istanbul.
    Bild 30
    Jedes Jahr pilgern Millionen Muslime nach Mekka, ihrem religiösen Zentrum.
    Unter den Stämmen im Inneren Arabiens war in vorislamischer Zeit die Verehrung von Natur- und Himmelsgöttern weit verbreitet. Neben Dämonen und Ahnengeistern wurden auch besondere Steinmale angebetet. Um einige dieser Steinmale hatten sich zentrale Kultstätten entwickelt, zu denen es jährliche Pilgerfahrten gab. Der bedeutendste Kultort Arabiens, die Kaaba, lag unmittelbar bei Mekka. Um einen schwarzen Meteoriten, der heute in eine Ecke der Kaaba eingemauert ist, hatte sich ein Heiligtum entwickelt, das vielen Göttern Platz bot.

    Die Götter der vorislamischen Kaaba
    In der Kaaba wurden in vorislamischer Zeit vor allem drei weibliche Gottheiten verehrt: al-Uzza, eine der römischen Venus ähnliche Himmelsgöttin, al-Lat als Göttin der Fruchtbarkeit und die Schicksalsgöttin Manat. Die weiblichen Gottheiten galten als Töchter des Himmelsherrschers Ilah, der dem einzigen Gott des Islam später auch seinen Namen geben sollte: Allah. Wenige Tage nach seiner Geburt wurde Mohammed/Qutam laut den Berichten seiner Biografen in der Kaaba vor einer Statue des Orakelgottes Hubal geweiht.
    Mohammed rief bei seinen Vorträgen dazu auf, diese falschen Götter zu zerstören und den heidnischen Kulten ein Ende zu bereiten. Der Prophet verlangte eine Rückkehr zum Glauben Abrahams, der nur einen einzigen, wahren Gott gekannt hatte. Mit seiner Botschaft gab sich Mohammed als Vertreter der »Hanifen« zu erkennen, einer Bewegung von Gottsuchern, die sich vom Polytheismus ihrer Zeit abwandten, aber auch nicht zum jüdischen oder christlichen Monotheismus konvertieren wollten.
     
    Mit seinen Forderungen stieß Mohammed nur vereinzelt auf Gehör. Junge Männer aus vornehmen Familien schlossen sich ihm an, Gottsucher, Mittellose, und freigelassene Sklaven. Außer der Botschaft Gottes konnte ihnen der wortgewaltige Prediger nichts bieten: Wunder vollbrachte der Prophet nicht. Die religiöse Reformbewegung des Mohammed war in ihren Anfangsjahren gewaltlos, auch wenn sie den Verfechtern der Vielgötterei in Mekka schwerste Jenseitsstrafen androhte: »Wenn sich der Himmel spaltet! Wenn sich die Sterne verstreuen! Wenn die Meere zum Abfließen gebracht werden! Dann weiß jede Seele, was sie getan und was sie unterlassen hat!« Die Drohungen verhallten
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