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Der Heilige Krieg

Der Heilige Krieg

Titel: Der Heilige Krieg
Autoren: Guido Knopp
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ungehört, ihr Urheber wurde verspottet. Die Ablehnung hatte auch wirtschaftliche Gründe. Mekka war als Handelsstadt unbedeutend. Ohne die Götter der Kaaba, die Jahr für Jahr Scharen von Pilgern aus ganz Arabien in die Stadt lockten, würden dem in Mekka führenden Stamm der Koreischiten wichtige Einnahmequellen verloren gehen.

    619 musste Mohammed gleich zwei schwere Schicksalsschläge verarbeiten. Mit dem Tod seiner ersten Frau Chadidscha und dem seines Onkels Abu Talib verlor er zwei wichtige Personen, die ihm in Mekka den Rücken stärkten. Obwohl seine Anhängerschaft weiter zunahm, musste Mohammed nach neuen Verbündeten Ausschau halten. Als bald darauf, 622, bekannt wurde, dass er den Kontakt zu Sippen gesucht hatte, die mit den Koreischiten verfeindet waren, musste Mohammed um sein Leben bangen. Gemeinsam mit seinem Vertrauten Abu Bakr floh der Prophet Allahs aus seiner Heimatstadt. Mit der Ankunft der beiden und einer Gefolgschaft von insgesamt etwa 80 treuen Anhängern in der Handelsstadt Yathrib – eben jenem späteren Medina – im September 622 beginnt die Zeitrechnung des Islam.
    »Die kompromisslose Unbedingtheit, mit der er auch unter widrigsten Bedingungen seine Ziele verfolgte, ist der herausragendste Charakterzug Mohammeds.«
    Tilman Nagel, Islamwissenschaftler und Mohammed-Biograf
    Zwölf Jahre nach der »Geburt des Islam« verwandelte sich die Gemeinschaft von Gottsuchern in eine Kampftruppe, deren erstes und wichtigstes Ziel die Eroberung der heiligen Stätten in Mekka war. Die Durchsetzung des Eingottglaubens wurde fortan zum Dschihad, zum »Kampf auf dem Wege Allahs« – ein Konzept mit überwältigendem Erfolg: 110 Jahre nach dem Beginn der islamischen Zeitrechnung waren muslimische Krieger bis nach Tours vorgedrungen. 200 Kilometer südlich von Paris stellten sie die Herrschaft der christlich-fränkischen Könige infrage.
    Monotheistische Religionen in Arabien Anfang des 7. Jahrhunderts
    An den Handelsstraßen und entlang den Küsten Arabiens gab es größere Ansiedlungen von Juden, die dort nach der Vertreibung aus Judäa eine neue Heimat gefunden hatten. Etwa die Hälfte der Bewohner Yathribs, des späteren Medina, war jüdisch. Christliche Gemeinden gab es in allen größeren Städten Südarabiens und im Nordwesten an der Grenze zum Byzantinischen Reich. Im sassanidischen Einflussgebiet im Norden sind kleinere Gemeinden von monotheistischen Zoroastern belegt.
    Der Erfolg des Islam
    Im 7. Jahrhundert begann der Siegeszug des Islam. Gleichsam aus dem Nichts eroberten arabisch-muslimische Kämpfer innerhalb weniger Jahrzehnte ein Weltreich. Beseelt vom Auftrag des einzigen Gottes, der einen der Ihren zu seinem letzten Propheten auserkoren hatte, schien es keine Macht auf Erden zu geben, die sie hätte stoppen können.
    Der unglaubliche Erfolg des Islam im ersten Jahrhundert seiner Existenz beschäftigt die Geschichtsschreibung bis heute. Christliche Autoren des Mittelalters sahen darin ein Werk des Teufels. Arabische Chroniken fassten die nachhaltigen Eroberungen der Muslime als Ausdruck des Willen Gottes auf und als Beweis für die Wahrheit der Botschaft des Islam. Was aber steckte wirklich hinter dem Erfolg des Islam? Ein wichtiger Grund ist in dem Rollenwandel zu sehen, den Mohammed in den Jahren durchlief, als er Medina zum Zentrum der islamischen Bewegung machte. Aus dem Gottsucher und Propheten entwickelte sich nach der unfreiwilligen »Hedschra«, dem Auszug aus Mekka, ein geschickter Stratege. Von den beiden arabischen Stämmen in Medina forderte er für sich und seine Anhänger Schutz ein. Er konnte sich dabei auf das altarabische Gewohnheitsrecht berufen und auf die verwandtschaftlichen Beziehungen, die ihn mit einem der Stämme, den Chazradschiten, verbanden. Innerhalb von zwei Jahren gelang es ihm, Mitglieder beider Sippen für einen Kriegszug gegen die Mekkaner zu gewinnen. Die »Schlacht bei Badr« ging für Mohammed und seine Verbündeten günstig aus. Aber nach den traditionellen Gesetzen Arabiens waren damit beide arabischen Stämme Medinas auf Gedeih und Verderb an die Sache des Islam gebunden. Auch sie mussten nun die Rache der Mekkaner fürchten. Mohammed nutzte die entstandenen Abhängigkeiten für immer neue Vorstöße gegen Mekka. Der Religionsstifter war zum Kriegsmann und Heerführer geworden. Und zu einem sehr erfolgreichen dazu.

    Bild 7
    Mohammed bei seiner letzten Predigt in Medina. Die osmanische Buchmalerei aus dem 16. Jahrhundert inszeniert das Geschehen
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