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Der große Sprung

Der große Sprung

Titel: Der große Sprung
Autoren: Leigh Brackett
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seiner Kabine gab es nichts. Also stand er doch auf und verließ sie.
    Was immer French und Roth mit ihm angestellt hatten, es hatte ihn scheußlich geschwächt, er hatte weniger Kraft als ein Baby. Alles um ihn herum wirkte verschwommen, unwirklich. In der Aufenthaltskabine saßen ein paar der Besatzung herum. Sie sahen aus, als wären sie krank gewesen. Als er eintrat, schauten sie ihm entgegen, doch dann wandten sie schnell den Blick ab, als erinnere er sie an etwas, an das sie nicht erinnert werden wollten.
    Auf dem Tisch stand eine Flasche, bei der schon andere Trost gesucht hatten. Comyn goß den Rest mit einem Schluck hinunter. Er fühlte sich daraufhin auch nicht besser, aber zumindest stumpfte es ihn soweit ab, daß es ihm gleichgültig wurde, wie er sich fühlte. Er schaute sich um, doch keiner sah ihn an oder sagte etwas zu ihm.
    »Verdammt!« fluchte er. »Habt ihr Angst, ich könnte wie eine Bombe explodieren?«
    Ein paar grinsten schwach, und man begrüßte ihn nun auch mehr oder weniger geistesabwesend, doch dann versanken sie wieder in ihre Gedanken. Comyn wurde klar, daß sie nicht über ihn nachdachten, sondern über sich selbst.
    Einer sagte schließlich: »Ich möchte wissen, was wir da gesehen haben. Diese – Dinger …«
    French seufzte. »Wir alle möchten es wissen, doch das werden wir nie – ganz. Aber …« Er zögerte, dann fuhr er fort. »Es waren keine ›Dinger‹. Es war Leben, eine Lebensform, wie sie nur in einer transuranischen Welt vorstellbar ist. Ein Leben, glaube ich, das in den Energieverbindungen zwischen Atomen zu Hause ist, die um ein Unendliches komplexer sind als die des Urans. Ein Leben, das sich selbst erhält, das vielleicht so alt wie unser Universum und imstande ist, unsere gröberen einfacheren Zellen mit seinem eigenen transuranischen Chemismus zu durchdringen …«
    Comyn dachte wieder daran, was Vickrey gesagt hatte: die Urkraft, die Keime des Lebens, der Lebensborn.
    Einer brummte grimmig: »Ich weiß jedenfalls eins, mich bringt nichts und niemand mehr dorthin!«
    »Keine Angst«, beruhigte ihn Peter Cochrane. »Es wird keinen weiteren Flug nach Barnard 2 mehr geben.«
    Aber als Comyn später mit Peter wieder allein war, sagte er: »Sie täuschen sich. Ich werde wieder dorthin zurückkehren.«
    Peter schüttelte den Kopf. »Das haben Sie jetzt vor, weil Sie noch in ihrem Bann sind. Doch er wird schwächer werden und vergehen.«
    »Nein!«
    Peter sollte recht behalten. Er wurde schwächer – während all der zeitlosen Stunden, während er aß und schlief und das tat, was ein Mensch tat, was er in einem Sternenschiff tun konnte. Die Erinnerung selbst verblaßte nicht. Aber diese schmerzende Lockung, dieses Drängen eines Lebens jenseits des Lebens, konnte einen Menschen nicht ständig beschäftigen, nicht, wenn er sich rasierte, nicht, wenn er sich die Schuhe auszog, nicht, wenn er betrunken war.
    Und schließlich endete die Zeitlosigkeit, endete das Warten. Wieder litten sie unter dem unheimlichen Zerren und Winden und schwindelerregendem Wechsel, und dann waren sie zurück im Normalraum. Von da an dauerte es nicht mehr lange, bis der Erdenmond einem silbernen Schild gleich von den Bugbullaugen aus zu sehen war und der zweite große Sprung sein Ende gefunden hatte.
    Nachdem sie so lange im Schiff eingesperrt gewesen waren, standen sie den fremden Gesichtern und dem Stimmendurcheinander verwirrt gegenüber. Aber erstaunlicherweise hatte der Garten sich in den Millionen von Jahren, die Comyn fortgewesen war, nicht verändert, und auch nicht der Cochrane-Palast im blendenden Schein des Mondtages. Wie ein Fremder wandelte Comyn hindurch, und doch war alles gleich geblieben – außer ihm.
    Er war nicht der einzige, dem es so ging. Es war ein freudloses Wiedersehen. Sie hatten von der fremden Sonne denselben Eiseshauch mitgebracht, der Ballantyne umgeben hatte. Und Claudia trauerte mit rotgeschwollenen Augen um Stanley. Sie hatten ihr gesagt, er sei tot. Und auf gewisse Weise stimmte es auch. Sie hatten keine Sterne erobert, im Gegenteil, ein Stern hatte sie bezwungen.
    Unter all den Gesichtern suchte Comyn nach dem einen, das er nicht sah, da sagte jemand: »Sie wollte nicht hierbleiben, nachdem das Schiff gestartet war. Sie sagte, ein Gespenst geistere hier herum, und sie hielt es einfach nicht aus. Sie ist nach New York zurückgeflogen.«
    »Ich weiß, was sie empfunden haben muß«, murmelte Comyn.
    Es war kühl und dämmrig in der großen Halle, und Comyn
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