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Der große Sprung

Der große Sprung

Titel: Der große Sprung
Autoren: Leigh Brackett
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Wut geschluckt und beobachtete Comyn wachsam.
    »Hören Sie zu. Sicher, sie haben jemand hergebracht, und jetzt lassen sie ihn bewachen. Es ist angeblich einer ihrer eigenen Leute mit einer ansteckenden Krankheit. Vielleicht glaube ich es, vielleicht nicht. Ich weiß nur, daß ich jeden Tag acht Stunden vor der Hintertür sitzen muß. Die Cochranes lassen sich nicht in die Karten schauen!«
    »Hm«, brummte Comyn. »Wissen Sie, in welchem Zimmer er ist?«
    »Das wird auch bewacht.«
    »Da können Sie mir ja helfen.« Comyn erklärte dem Mann, der unglücklich auf seine eigene Waffe in der Hand des anderen starrte, was er tun mußte.
    »Es bleibt mir wohl nichts übrig«, brummte der Bursche.
    Er tat, was Comyn ihm aufgetragen hatte und führte ihn durch den Hauptkorridor und die Treppe hoch zu einem Flügel, dessen Zimmer alle leer waren – mit Ausnahme des einen am Ende des Ganges.
    Davor saß ein stämmiger Mann, der vor sich hin döste.
    Der Bursche in der Kneipe war deshalb so wütend gewesen, weil sie ihn einfach aus einem dieser Einzelzimmer geholt und in den großen Krankensaal gesteckt hatten. Dabei war er der einzige Patient in diesem Flügel gewesen – weshalb, dann, hatten sie ihn so plötzlich, mitten in der Nacht verlegt?
    Der Stämmige schreckte auf und sprang hoch.
    »Keine Panik, Joe«, beruhigte ihn der Mann, der so dicht neben Comyn ging. »Das ist ein Freund.«
    Seine Stimme klang allerdings nicht sehr überzeugend. Der Stämmige kam auf sie zu. »Bist du verrückt, einen Fremden hierher zu bringen. He – was soll das?«
    Seine Reflexe waren gut, sehr gut sogar. Aber Comyn war darauf vorbereitet. Der Schocker summte, und der Stämmige sackte zu Boden, dichtauf gefolgt von dem Kleineren. Beide würden eine Weile friedlich schlafen. Comyn hatte den Schocker längst wieder auf Niederspannung gestellt.
    Als kurz darauf der junge Arzt aus dem letzten Zimmer schaute, weil er unerwartete Geräusche gehört hatte, war nur der leere Gang zu sehen.
    Fragend rief er: »Joe?« erhielt jedoch keine Antwort. Stirnrunzelnd ging er bis zum Hauptkorridor und schaute nach links und rechts. Während er ihm den Rücken zuwandte, huschte Comyn in das letzte Zimmer und schloß die Tür. Sie hatte ein funkelnagelneues Schloß, und die Ausstattung des Krankenzimmers war ungewöhnlich. Comyn schob den Riegel des Sicherheitsschlosses vor und wandte sich dem Bett zu, oder vielmehr, dem Patienten. Sein Herz hämmerte jetzt, denn wenn es vielleicht doch jemand anderer war …
    Aber die Gerüchte stimmten. Ballantyne hatte es geschafft! Er hatte den großen Sprung gemacht und war aus der Dunkelheit jenseits der Sonne zurückgekehrt. Er war der erste, der wiedergekommen war!
    Comyn beugte sich über das Bett. Ganz sanft und mit etwas wie Ehrfurcht berührte er die knochige Schulter.
    »Ballantyne«, flüsterte er. »Ballantyne, wachen Sie auf. Wo ist Paul?«
    Unter den Fingerspitzen spürte er Haut und Knochen und das feine Netzwerk der Adern – und ein schwaches Pulsieren, ein kaum merkliches Zucken und Zittern, das nicht nachließ, als triebe eine qualvolle Erinnerung den geschundenen Körper auch jetzt noch zur Flucht an. Und das Gesicht …
    Es war nur die gespenstische Karikatur eines Gesichts: mitleiderregend, erschreckend, von etwas Furchtbarem gezeichnet, das schlimmer war als Tod oder Todesfurcht. Es war etwas, dachte Comyn, das den Kindern Sols noch nie zuvor begegnet war. Plötzlich wollte er nur noch fortlaufen, weg aus diesem Zimmer, weit weg von dem Grauen, das dieser Mann von einem fremden Stern mitgebracht hatte.
    Aber er blieb. Der Arzt kehrte zurück und hämmerte gegen die Tür, als er feststellte, daß sie sich nicht öffnen ließ. Er brüllte Drohungen und schließlich rannte er weg. Immer noch beugte Comyn sich über das Bett und flüsterte. Eisiger Schweiß brach ihm aus, und er zuckte zurück von der feuchten Haut, die sich so seltsam unter seinen Fingern anfühlte. Doch so sehr er sich darum bemühte, weder die Augen noch die Lippen dieses schrecklichen Gesichts öffneten sich, um seine drängenden Fragen zu beantworten.
    Schritte näherten sich der Tür. Ein Stimmengewirr war zu hören. Der Arzt hatte jemanden mit einer elektrischen Stichsäge mitgebracht, um das Schloß herauszusägen.
    »Ballantyne! Was ist mit Paul? Paul! Hören Sie mich? Wo ist er?«
    Das Sägeblatt bohrte sich in den Kunststoff der Tür.
    »Paul!« wiederholte Comyn geduldig.
    Das Schrillen der Säge schmerzte in dem kleinen
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