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Der Grosse Eisenbahnraub: Roman

Der Grosse Eisenbahnraub: Roman

Titel: Der Grosse Eisenbahnraub: Roman
Autoren: Michael Crichton
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für zwei Schlüssel?«
    »Zwei Schlüssel, für die ich mich zufällig interessiere«, sagte Pierce.
    Agar riskierte einen zweiten Blick auf die Büroräume.
    Falls die Antwort ihn enttäuscht hatte, ließ er es sich nicht anmerken. »Nun«, sagte er in geschäftsmäßigem Ton, »wenn es zwei Knochen sind, die Sie haben wollen, dann sind sie in dem Lagerraum, würde ich sagen.« Er nickte, weil er nicht wagte, mit dem Finger in die angedeutete Richtung zu zeigen.
    »Gleich hinter dem Büro der Schreiberlinge. Sehen Sie den Schrank da?«
    Pierce nickte. Durch die Glasfront hindurch konnte man das gesamte Büro übersehen. Im Lagerraum hing ein flacher, limonengrüner Schrank an der Wand. Er sah wie ein richtiges Schlüsselschränkchen aus. »Ich sehe ihn.«
    »Auf den Schrank wette ich. Jetzt werden Sie sagen, immer langsam, ist ein Schloß dran. Aber das ist kein Problem – ein billiges Ding.«
    »Was ist mit der Eingangstür?« sagte Pierce und blickte zur Seite. Nicht nur der Schrank im Büro war abgeschlossen.
    An der Eingangstür aus Milchglas, auf die mit einer Schablone die Buchstaben SER aufgemalt waren – darunter stand FAHRDIENSTLEITER –, befand sich über dem Türknopf ebenfalls ein großes Messingschloß.
    »Reine Angabe«, schnaubte Agar verächtlich. »Das mach ich noch mit ‘ner Haarnadel auf, das kitzle ich schon wach – das öffne ich mit ‘nem abgebrochenen Fingernagel. Das ist kein Problem. Das Problem sind die Leute, die hier rumlatschen.«
    Pierce nickte, sagte aber nichts weiter. Das hier war Agars Sache – er mußte selbst herausfinden, was hier zu tun war.
    »Es geht also um zwei Schlüssel, sagen Sie?«
    »Ja«, erwiderte Pierce. »Zwei Schlüssel.«
    »Zwei Schlüssel, das sind vier Wachsabdrücke. Vier Wachsabdrücke – das dauert fast eine Minute, wenn man es richtig macht. Die Eingangstür und die Schranktür sind da noch nicht mitgerechnet – die kosten auch ihre Zeit.«
    Agar sah sich um. Er warf einen Blick auf die Menschen, die sich auf dem Bahnsteig drängten, und blickte dann hinauf zu
    den Beamten in dem Büro. »Wer das am Tag versucht, legt sich selber ‘nen Strick um den Hals!« sagte er. »Zu viele Leute in der Nähe.«
    »Nachts?«
    »Ja, nachts. Wenn das Büro leer ist und die Mäuse tanzen. Ich glaube, nachts ginge es am besten.«
    »Nachts dreht die Polente ihre Runden«, erinnerte ihn Pierce. Sie hatten herausgefunden, daß die ganze Nacht hindurch Polizisten in Abständen von vier oder fünf Minuten durch die menschenleere Bahnhofshalle patrouillierten. »Werden Sie genügend Zeit haben?«
    Agar runzelte die Stirn und warf einen Blick zum Büro hinauf. »Nein«, sagte er schließlich. »Es sei denn …«
    »Ja?«
    »Es sei denn, die Tür ist bereits offen. Dann bin ich im Nu drinnen, mache rotzschnell die Abdrücke und bin glatt in zwei Minuten wieder unten.«
    »Das Büro wird aber abgeschlossen sein«, sagte Pierce.
    »Ich denke an einen Schlangenjungen«, sagte Agar und wies mit dem Kopf in Richtung des Dienstraums.
    Pierce blickte hinauf. Das Büro des Fahrdienstleiters war mit einem breiten Glasfenster versehen. Pierce erkannte Mr. McPherson mit seinen weißen Haaren, der dort in Hemdsärmeln und mit einem grünen Augenschirm stand.
    Hinter McPherson befand sich ein etwa dreißig Quadratzentimeter großes Belüftungsfenster. »Ich sehe schon«, sagte Pierce. Und dann fügte er hinzu: »Verdammt klein.«
    »Ein richtiger Schlangenjunge schafft das«, sagte Agar. Schlangenjungen waren Kinder mit einer ungewöhnlichen Fähigkeit, sich durch winzige Öffnungen hindurchzuzwängen. Gewöhnlich waren es ehemalige Schornsteinfegerlehrlinge.
    »Wenn er erst einmal im Büro ist, schließt er den Wandschrank auf, schließt dann die Eingangstür zum Büro von innen auf, und schon ist alles bereit. Das macht die Sache für mich zu einem Klacks, verlassen Sie sich darauf«, sagte er und nickte zufrieden.
    »Wenn man einen Schlangenjungen hat.«
    »Ja.«
    »Es muß schon ein ganz schön ausgekochter kleiner Teufel sein«, sagte Pierce und sah wieder zu dem Fenster hinauf.
    »Wenn wir diese Festung knacken wollen, muß er der Beste sein, der aufzutreiben ist. Wer ist der beste?«
    »Der Beste?« sagte Agar und sah erstaunt auf. »Der beste ist Sauber-Willy, aber der sitzt.«
    »Wo sitzt der denn?«
    »In Newgate, und da kommt keiner raus. Er wird seine Tage in der Tretmühle abreißen und ein braver Junge sein und auf seine Entlassung warten, falls die je kommt. Aber ein
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