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Der größte Verlierer der Welt

Der größte Verlierer der Welt

Titel: Der größte Verlierer der Welt
Autoren: Charles Bukowsky
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Einmal
    schlug er sie, als sie aus der
    Straßenbahn stieg. Dann schlug er
    mich. Ich haßte ihn, aber sie
    war wie meine eigene Mutter zu mir.
    Und dann lernte ich dich kennen.

    Erinnerst du dich noch an diesen
    Sonntag im Round Duck?
    Du hast gesagt: Komm,
    wir gehn nach Mexiko.
    Und dann hast du mich mitgenommen
    in deine Wohnung und Earl Stanley
    Gardner gelesen, und dann hast du
    aus dem Fenster gehangen.
    Du hast ausgesehen wie mein Vater.
    Schade, daß du meinen Vater nie
    kennengelernt hast.
    Er war ein Säufer.

    Ach, ich bin ja so froh,
    daß ich dich getroffen habe,
    bei dir fühl ich mich

    - 40 -

    so gut. Du bist endlich mal
    ein Mann, Darling,
    der einzige richtige
    MANN
    den ich je
    gekannt habe.
    Ach Liebling, darauf
    hab ich so lange
    gewartet!
    Meine Hände sind kalt, und
    du hast so lustige
    Füße!

    Ich liebe dich . . .

    - 41 -
    Iwan der Schreckliche

    hielt sich nur mit Mühe
    auf den Beinen
    und Bücken war für ihn
    ein Problem

    er war fett
    seine Augen
    quollen heraus
    er hatte eine
    niedrige Stirn
    und lächelte gequält
    infolge eines verwachsenen
    Unterkiefers

    schlug seinen
    ältesten Sohn tot
    in einem Anfall
    von Jähzorn

    schien sich unbehaglich
    zu fühlen nach seinem
    40. Lebensjahr

    vollbrachte gewaltige
    Leistungen in punkto
    Fortschritt und
    Gemetzel

    starb 1584
    im Alter von
    54 Jahren und
    mit einem Gewicht
    von 209 Pfund

    - 42 -
    letzten Sommer
    holten sie sein Skelett
    aus der Archangelsk-Kirche
    im Kreml
    und fertigten danach
    ein naturgetreues
    Standbild an
    inzwischen
    ist es fast
    fertig
    er sieht aus
    wie ein Busfahrer
    aus dem
    20. Jahrhundert.

    - 43 -
    Ein Bild von einem Promenadenkonzert auf einer
    Streichholzschachtel

    Auf dem Papier sieht das Leben
    gleich viel erfreulicher aus:
    keine Bomben, Fliegen, Haus-
    besitzer, keine verhungernden
    Katzen,
    und ich stehe hier in der Küche,
    starre auf diesen blauen Teich herunter,
    den Konzertmeister, die Bäume,
    Ruderboote, Junge mit
    Sternenbanner
    Lady in Gelb mit Ventilator
    Veteran aus dem Bürgerkrieg
    Mädchen mit Luftballon
    Hund mit scheckigem Fell
    Segelboot;
    ein Tag aus einer alten
    friedlichen Zeit, und die Sonne
    träumt von vergangenen Schlachten –
    John L. Sullivan kippt einen
    halben Liter Whisky
    in seiner Garderobe
    und bringt sich in Form,
    um die Welt übers Knie zu legen
    wie ein Kind, das etwas
    verbrochen hat –
    für uns kaum noch vorstellbar
    in unserem modernen Leben,
    wo uns der Arzt eine Spritze
    reinjagt und sagt: »Was macht Sie
    so nervös? Irgend etwas frißt doch
    an Ihnen . ..«

    - 44 -
    Ich ziehe die Schachtel auf, nehme ein wunderschönes
    Streichholz heraus und zünde mir
    eine Zigarre an.
    Ich sehe aus dem Fenster. Es regnet.
    Im Park werden sich heute nur
    Penner und Irre aufhalten.
    Ich blase den Rauch gegen die
    nasse Fensterscheibe und frage mich,
    was ich hier drin eigentlich tue
    auf dem Trockenen und am Sterben,
    und der Regen hört sich genauso an
    wie die Klosettspülung,
    die in diesem Augenblick
    der Nachbar hinter der Wand betätigt,
    und die Blumen breiten die Arme aus
    und lassen die Liebe auf sich
    niederprasseln.

    Ich setze mich zu der Lady in Gelb
    neben den Ventilator, und sie
    lächelt mich an,
    und wir reden, wir reden,
    aber vor lauter Musik verstehe ich
    kein Wort. »Wie heißen Sie? Wie
    heißen Sie?« frage ich immer wieder,
    aber sie lächelt mich nur an,
    und der Hund jault dazu.

    Aber Gelb ist meine Lieblingsfarbe
    (Van Gogh stand auch darauf)
    Gelb
    und ich blase ihr keinen Rauch
    ins Gesicht
    und ich bin hier

    - 45 -
    (in der Streichholzschachtel,
    um genau zu sein, aber doch auch
    hier).

    Sie lächelt
    und ich lege sie
    auf dem Küchenherd flach
    und es ist
    heiß
    heiß
    und das Sternenbanner
    flattert in der
    Schlacht -
    spiel deine Serenaden,
    Konzertmeister, in deinem roten Frack
    mit deinen verschwitzten
    Arschbacken in der Juli-
    hitze.

    Der Luftballon zerplatzt
    ich gehe durch eine Küche
    an einem Regentag im Februar
    und suche nach Eiern und Brot und
    Wein und Sinn

    und nach Kleister
    um diese Wände
    mit freundlicheren Bildern
    zu tapezieren.

    - 46 -

    Kein guter Abend

    Ich bin ziemlich blau, und der Mann
    im Schuppen nebenan springt auf
    seinem Fußboden herum, daß die
    Dielen knallen, und während ich
    seinem Veitstanz zuhöre, sitzt
    meine Frau auf dem Klo, und
    aus dem Radio kommt Fidelio, und
    beim Pferderennen habe ich heute
    70 Dollar verloren, und eine Frau
    klemmte sich den Fuß im Fahrstuhl ein,
    und die
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