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Der größte Verlierer der Welt

Der größte Verlierer der Welt

Titel: Der größte Verlierer der Welt
Autoren: Charles Bukowsky
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Sie endlich, Sie tun
    uns allen einen Gefallen damit!

    Rutsch mir'n Buckel runter, Baby,
    zischte ich durchs Schlüsselloch.
    Meine Miete ist bezahlt bis
    nächsten Mittwoch. Ich hab einen
    weiblichen Akt an der Wand hängen,
    Aquarell aus dem Jahr 1887, von
    einem unbekannten deutschen Künstler

    - 82 -
    Willst du's mal sehn? Ist mit
    1000 Dollar versichert.
    Nichts zu machen. Sie stapfte den
    Korridor runter. Kein Kunstverstand.
    Würde die Alte gern mal nackt sehen,
    dachte ich. Vielleicht läßt sie sich
    malen, und ich bin aus allem raus. Oder?

    - 83 -
    Dichterin

    Sie wohnte in einem kleinen Zimmer
    gleich am Freeway, und sie schrieb
    wie ein Mann - wie einer, der in den
    Docks arbeitet - und ich klopfte
    bei ihr ans Fenster, sie machte auf,
    ich kletterte durch und setzte mich hin,
    und meine stupiden Hirnwindungen
    tasteten sich durchs Zimmer; ich
    erzählte ihr, ich hätte mal wieder
    eine Sauftour hinter mir, und ich
    müßte mir die Zehennägel schneiden
    (sie taten mir wirklich weh), und es
    gäbe eine Menge Leute, die mir
    auf die Nerven gingen, schlimmer
    als ein kaputtes Handschuhfach,
    und sie kam her und küßte mich,
    fragte, ob ich Kaffee wollte und
    ob ich schon was gegessen hätte,
    und dann sagte sie, ihr Radio sei
    futsch, es sei ihr runtergefallen,
    und ich griff mir ein Messer und
    bearbeitete damit die Schrauben an
    der Rückwand.

    Sei vorsichtig, sagte sie,
    da steht, man kann einen Schlag kriegen;
    und ich sagte zu ihr: ich bin un-
    sterblich, mich bringt so leicht
    nichts um.

    Sie stellte eine Tasse
    Kaffee und einen Käse-Sandwich vor mich

    - 84 -
    hin, und ich drückte im Radio die
    wackeligen Röhren wieder rein, kaputt
    schien keine zu sein, aber dann
    wurde es Zeit fürs erste Rennen und ich
    sagte: Mensch, ich hab keine Zeit!

    Wenn du unsterblich bist,
    sagte sie, dann hast du
    jede Menge Zeit.

    Ich aß den Käse-Sandwich und. trank den
    Kaffee.

    Bis heute abend, sagte ich,
    ich reparier dir das gott-
    verdammte Ding heute abend!

    Ich kletterte aus dem Fenster und in
    meinen Wagen, und in der Nachmittags-
    sonne hatten der Parkplatz und der
    Staub und Dreck und alles so einen
    weichen gelben und braunen Schimmer,
    und die Weinranken am Zaun rochen
    grün, oder wie eben Grün so riecht, und
    ich setzte rückwärts raus, winkte ihr
    durch die Windschutzscheibe zu, und sie
    stand am Fenster, lächelte und winkte,
    und ich fuhr im Rückwärtsgang den Weg
    runter, bog in die Straße ein, drückte
    den Automatikhebel nach vorn, fuhr los
    in Richtung Freeway, überlegte, was ich
    getan hatte oder versäumt hatte, mit
    dem Radio oder mit ihr, kam mir vor
    als hätte ich eine Armee im dicksten
    Schlamassel im Stich gelassen, aber dann
    schnitt mich so ein Kerl in einem Volks-

    - 85 -
    wagen, und ich vergaß alles und trat
    das Gaspedal durch und raste ihm nach.

    - 86 -
    Das Wunder

    Etwas zu schaffen, das bleibt,
    bedeutet nicht, daß man sich
    einen runterwichst wie ein voll-
    gefressener Bandwurm, es recht-
    fertigt weder großes Getue
    noch Geldgier, nicht einmal
    Ernst, jedenfalls nicht immer,
    aber ich würde sagen, es verlangt
    die besten Männer in ihren besten
    Augenblicken, und wenn sie sterben
    und etwas anderes überlebt
    dann haben wir das Wunder: etwas
    Unsterbliches -
    Männer, die anfingen als Menschen
    und von uns gingen als Götter;
    Götter, von denen wir jetzt wissen
    daß sie unter uns waren;
    Götter, die uns jetzt den Mut geben
    weiterzumachen, wenn alles sagt: gib auf.

    - 87 -

    - 88 -
    II. Gedichte 1969-1972

    - 89 -

    - 90 -
    Das qualmende Auto

    Sie halten, direkt vor meinem
    Fenster, es sieht aus
    als würde das Auto brennen
    blauer Qualm aus Motorhaube und Auspuff
    Fehlzündungen wie Kanonenschläge
    der Wagen bockt wie verrückt
    ein Typ steigt aus
    O je, sagt er, nimmt einen tiefen
    Schluck aus einem Wasserbeutel
    und sieht entgeistert das Auto an
    der andere Typ steigt aus und
    sieht sich das Auto an
    O je, sagt er und setzt eine
    Whiskyflasche an, dann
    reicht er die Flasche seinem Freund
    sie stehen beide da und
    sehen das Auto an
    der eine mit dem Whisky
    der andere mit dem Wasserbeutel
    sie tragen nicht die üblichen
    Hippie-Klamotten, sondern echtes
    altes Zeug - verblichen
    verschmutzt, ausgefranst
    ein Schmetterling segelt
    an meinem Fenster vorüber
    sie steigen wieder ins Auto
    und es bockt los, im 1. Gang,
    wie ein Bronco beim Rodeo
    sie lachen beide, und der
    eine setzt wieder die
    Whiskyflasche an ...

    - 91 -
    Der Schmetterling ist
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