Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Der größte Verlierer der Welt

Der größte Verlierer der Welt

Titel: Der größte Verlierer der Welt
Autoren: Charles Bukowsky
Vom Netzwerk:
dicker Kerl heraus.
    Er war ganz in Weiß, und auf dem
    Kopf hatte er eine kleine weiße
    Schlachtermütze. Er schien sich
    sehr zu ärgern. Er hatte ein
    kurzes Messer in der Hand und
    ging zu dem Stier hin,
    sehr ärgerlich und schnell,
    und hackte und hackte und
    hackte drauflos, als wollte er
    dem Stier den Schädel in
    Fetzen hacken, das Hirn.

    Der Stier konnte gegen den
    Boy mit der Schlachtermütze
    nichts machen. Er mußte es
    einstecken. Schließlich
    traf die Klinge.

    Man konnte SEHEN, wie der Stier
    starb. Er gab den Geist

    - 76 -
    auf. Die Menge
    johlte.

    Harry nahm einen Schluck.
    Das war das Ende dieser
    Flasche. Und dieses
    Matadors.

    »Wie heißt der nächste
    Stier?« fragte ich Harry.

    »Kann's nicht lesen. Das Licht
    ist schon zu schlecht.«

    Jedenfalls, der nächste Stier
    kam heraus.

    Wir hatten noch eine
    Flasche vor uns, und
    die Fahrt nach Hause.

    - 77 -
    Etwas mit einem Stipendium

    ... ein Ozeandampfer
    der Kapitän lächelt und
    furzt und kennt meinen
    Namen
    die See kocht und riecht
    nach warmen rohen Fleisch-
    fetzen und dazwischen
    schwimmen blödsinnige
    seekranke Spinnentiere
    sie winden ihre toten
    Beine umeinander um alles
    aber sie rutschen ab
    die Knäuel losen sich auf
    sie treiben davon
    zerschellen am Bug, wollen
    schreien, aber es kommt
    kein Ton heraus
    ich
    bin unterwegs mit einem
    Stipendium von einer Universität
    ich soll Rimbaud und Lorca und
    Günter Grass zum x-tenmal
    übersetzen
    dann, nach einem
    Gespräch über Proust und
    Patchen, vergewaltige ich ein
    reiches schönes Girl in meiner
    Kabine und hinterher ver-
    wandelt sie sich in einen
    toten Pfirsichbaum, den ich mir
    an die Wand hänge
    und dann

    - 78 -
    erwache ich in einem kleinen
    schmuddeligen Schlafzimmer und
    die Frau kommt rein:
    »Hör zu, ich muß mir mal
    die Füße vertreten, ich kann
    das Kind nicht länger auf dem
    Arm tragen, du mußt
    es mir abnehmen.«
    »Jaja, schon gut.«
    »Aber wann? wann?«
    »Nicht heute. Ich fühl mich
    elend schlapp.«
    »Morgen?«
    »Morgen, klar.«

    - 79 -
    Der Underground

    Die Redaktion war
    voll von Leuten.
    »Charley«, sagte der
    Herausgeber zu mir,
    »oben sind noch Stühle.
    Hol ein paar runter.«
    Ich holte sie. Dann
    machten wir die Bier-
    dosen auf, und der
    Herausgeber sagte:
    »Wenn wir nicht mehr Anzeigen
    reinkriegen, geht das Schiff
    unter.« Also fingen sie alle an
    davon zu reden, wie man Anzeigen
    reinkriegen könnte.
    Ich schwieg und trank Bier.
    Dann mußte ich pissen gehn,
    und als ich zurückkam,
    sagte das Girl neben mir:
    »Wir sollten die ganze Stadt
    evakuieren. Das sollten wir tun.«

    »Ich würde mir lieber was von
    Joseph Haydn anhören«, sagte ich.

    »Stell dir doch bloß mal vor«,
    sagte sie, »wenn sie alle aus der
    Stadt verschwinden würden!«

    »Dann würden sie bloß woanders
    ihren Gestank verbreiten«, sagte ich.

    - 80 -
    »Ich glaube, du magst einfach
    keinen Menschen«, sagte sie und
    zog ihren kurzen Rock so weit
    wie möglich runter.

    »Höchstens zum Ficken«, sagte ich.

    Dann ging ich in die Kneipe nebenan
    und besorgte noch mal drei Sixpacks Bier.
    Als ich wieder reinkam, redeten sie
    von der Revolution. Ich kam mir vor
    als sei es wieder 1935. Nur daß ich
    alt war, und sie jung. Jeder da drin
    war mindestens zwanzig Jahre jünger
    als ich, und ich dachte: Menschenskind,
    was mach ich hier eigentlich?

    Bald danach war das Meeting zu Ende
    und sie gingen hinaus in die Nacht,
    diese Jungen.
    Ich ging ans Telefon und rief
    John T. an -
    »John, alles O. K. ? Ich häng heute abend
    ein bißchen durch. Wie wär's, wenn ich
    vorbeikomme und mir einen ansaufe?«

    »Klar, Charley. Jederzeit.«

    »Charley«, sagte der Herausgeber,
    »ich schätze, wir müssen die Stühle
    wieder rauftragen.«

    Wir trugen sie wieder rauf.
    Die Revolution
    war vorbei.

    - 81 -
    Jeder wie er kann

    Am 17. hatte ich die ganze Nacht
    das Radio laufen, die Nachbarn
    applaudierten, und die Vermieterin
    bollerte an die Tür und sagte:
    Ich BITTE Sie,
    ZIEHN Sie endlich aus!
    Sie machen die Bettwäsche dreckig.
    Und wo kommt überhaupt all dieses
    Blut her?
    Sie gehn nie arbeiten, Sie liegen
    dauernd nur rum und reden mit
    Ihrem Radio, und Sie
    trinken, und Sie haben
    einen Bart,
    und Sie grinsen immer so höhnisch
    und bringen all diese Frauen
    auf Ihr Zimmer,
    und Sie kämmen sich nie die Haare
    und putzen sich nie die Schuhe,
    und Ihre Hemden sind ungebügelt,
    warum gehn Sie nicht?
    Sie machen Ihre Nachbarn unglücklich,
    bitte gehn
Vom Netzwerk:

Weitere Kostenlose Bücher