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Der Grenzgänger

Der Grenzgänger

Titel: Der Grenzgänger
Autoren: Kurt Lehmkuhl
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und wählte den AZ-Reporter an.
    „Neues von Fleischmann?“, fragte ich Sümmerling. „Nichts Neues. Nur die Erkenntnis, dass zwischen der zuständigen Staatsanwaltschaft Mönchengladbach und der ermittelnden Mordkommission der Kripo Aachen offenbar erhebliche Kommunikationsprobleme bestehen. Ich habe jedenfalls keine neuen Informationen mehr bekommen. Ihr Freund Böhnke soll die Ermittlungen leiten und soll heute Morgen in Erkelenz gewesen sein, so ist mir jedenfalls zugetragen worden. Aber Böhnke hat nichts anderes zu tun, als sich ausgerechnet jetzt für die nächsten Tage Freizeitausgleich zu gönnen.“ Der erboste Sümmerling schimpfte los. „Da läuft die Untersuchung in einem spektakulären Mordfall gerade an und unser Superkommissar vergnügt sich lieber auf dem Lande als auf Mörderjagd zu gehen. So etwas gibt es nur in der deutschen Bürokratie.“ Er werde einen bösen Kommentar schreiben, kündigte der Journalist vollmundig an.
    Ich könne und würde ihn nicht daran hindern, entgegnete ich, wobei ich seine Sicht der Dinge durchaus verstand. Es war schon widersprüchlich, wenn Böhnke unter allen Umständen ermitteln wollte und sich zunächst einmal vom Acker machte. Ich kam zu meinem eigentlichen Anliegen. „Was macht eigentlich der Daumenabdruck von Fleischmann?“
    „Fehlanzeige“, antwortete Sümmerling zerknirscht. „Das macht mich ja so wütend. Da flüstert mir ein Hampelmann aus dem Polizeipräsidium am Morgen die heiße Information zu, man habe Fleischmann aufgrund des Daumenabdrucks identifiziert, und muss mir am Nachmittag kleinlaut eingestehen, dass er Unfug verzapft hat.“ Der Schreiberling schnaubte. „Und der zuständige Kommissar ist den ganzen Tag über nicht zu sprechen.“
     
     
    Ich konnte ein Lachen nicht vermeiden. „Das ist halt Journalistenlos, mein Freund. Aber ich kann Ihnen wahrscheinlich helfen“, sagte ich versöhnlich, „wir wollten doch zusammenarbeiten. Oder?“
    „Was gibt’s?“, fragte der AZ-Reporter wissbegierig. „Was haben Sie für mich?“
    „Ich kann Ihnen sagen, dass Renatus Fleischmann identifiziert wurde, weil man bei ihm den Personalausweis gefunden hat.“
    „Wer sagt das?“
    „Böhnke.“
    „Von wem wissen Sie das, Herr Grundler?“ Die Verblüffung in Sümmerlings Stimme war unüberhörbar. „Von Böhnke. Ich bin mit ihm am Lahey-Park in Erkelenz gewesen.“
    Für einen Moment blieb es still in der Leitung. Der Schreiberling schien angesäuert und brauchte einige Zeit, um meine Mitteilung zu verdauen. „Na, gut“, sagte er schließlich mit aufgesetzter Munterkeit, „warum geben Sie mir diese Information?“
    Ich lachte erneut auf. „Wir wollten doch den Fall zusammen lösen. Außerdem haben auch Sie mir Informationen gegeben, die ich brauchen kann.“
     
     
    Schleunigst verließ ich die Kanzlei und eilte, mit Fleischmanns Büchern in einer einfachen Plastiktüte, zu Fuß durch die Stadt zum Templergraben. Ich hatte zunächst überlegt, mich von Sabine mit dem Wagen abholen zu lassen, mich dann aber für den Fußmarsch entschieden. Dabei hatte ich Zeit, die Ereignisse des Tages zu sortieren. Worauf die Geschichte des zerhäckselten Renatus Fleischmann hinauslief, war mir noch nicht klar. Aber ich war bereit, zunächst einmal mitzuspielen. Ich konnte jederzeit aussteigen, sagte ich mir zu meiner Beruhigung, ich hatte nichts zu verlieren.
     
     
    Entspannt und zufrieden öffnete ich die Tür zu meiner Wohnung und weckte mit einem Kuss Sabine, die im Wohnzimmer auf der Couch eingeschlafen war.
    Sie habe schon gegessen, entschuldigte sich meine Liebste, als sie vor mir in die Küche lief und den Kühlschrank öffnete. „Ich habe dir dein Lieblingsessen zubereitet“, sagte sie frohlockend und präsentierte mir einen Teller.
    Angesichts der beiden Metzgerfrikadellen, die darauf lagen, verging mir allerdings trotz meines knurrenden Magens auf der Stelle der Appetit.

Unfallflucht
     
     
     
    Hungrig und müde schleppte ich mich ins Bett und versuchte krampfhaft, Schlaf zu finden. Alle möglichen Gedanken und Bilder schwirrten mir durch den Kopf, bei denen ich nicht wusste, ob ich sie träumte oder im schlaflosen Zustand erdachte. Ein Daumen flog über ein freies Feld durch die Luft, von der Lektorin mit einem Fangnetz verfolgt. Böhnke saß auf einem Hochsitz und betrachtete gespannt das skurrile Treiben.
    Sabine schubste mich an und knurrte, ich solle endlich ruhig liegen bleiben.
    Auch der Daumen winkte mir mahnend zu. Renate
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