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DER GREIFENMAGIER: Gesetz der Erde

DER GREIFENMAGIER: Gesetz der Erde

Titel: DER GREIFENMAGIER: Gesetz der Erde
Autoren: Rachel Neumeier
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süß-säuerliche Geschmack wirkte eine Spur stärker oder dunkler oder deutlicher, als er hätte sein dürfen. Sie legte die Beeren zurück und seufzte.
    Beguchren fragte behutsam: »Ist es sehr unangenehm?«
    »Oh – es ist im Grunde nicht unangenehm.« Tatsächlich steckte Beguchrens Neugier sie beinahe an. »Was für andere ungewöhnliche Gaben?«, wollte sie wissen. »Denkt Ihr wirklich, noch mehr Menschen haben vielleicht … vielleicht …« Sie wedelte unbestimmt mit der Hand.
    »Eine ähnliche Gabe wie Ihr? Oder eine vielleicht individuelle und einzigartige? Bestimmt. Warum nicht? Ihr selbst demonstriert diese Möglichkeit, und ich glaube nicht, dass die neue Gesetzesordnung solche Gaben einschränkt.« Beguchren betrachtete sie mit gelassenem, distanziertem Interesse, das Maianthe seltsamerweise eher dazu verhalf, sich mit ihrer fremdartigen Gabe wohlzufühlen. Er murmelte: »Ich würde gern sehen, was Ihr im Hochgebirge bewirken könnt. Ich vermute, Eure Gabe könnte mit der wilden Magie ebenso verwandt sein wie mit der normalen Magie der Erde – eine seltsame Vorstellung; und doch vermute ich, dass sie zutrifft. Ich bin neugierig darauf, was Ihr mit den Winden anfangen könnt. Und vielleicht mit dem Meer. Man kann sich gut vorstellen, dass sowohl die Winde als auch das Meer …« – er vollführte eine kreisförmige Bewegung in der Luft – »... womöglich Kreise und Spiralen enthalten. Trotzdem stellen wir uns bislang das Meer eher im Bunde mit der Erde und den Winden vor als im Bunde mit dem Feuer.«
    »Tun wir das?« Maianthe war von einem merkwürdigen Gedanken abgelenkt worden und hatte Beguchren kaum zugehört. »Ich frage mich eins: Wenn Magie eine angeborene Gabe erstickt, und wenn Ihr kein Magier mehr seid …« Sie brach ab. Blickte bang auf. Sie hatte keine alten Wunden öffnen wollen.
    Aber Beguchren lächelte leise. »Es kommt nicht darauf an … Aber ja, ich frage mich das auch.«
    »Falls Ihr …« Maianthe zögerte.
    Ein casmantischer Soldat trat ein, den Kopf gesenkt, was sowohl eine Bitte um Entschuldigung darstellte als auch der Tatsache geschuldet war, dass er nicht an das niedrige Zeltdach stoßen wollte. Maianthe versuchte, sich darüber klar zu werden, ob sie sich über die Unterbrechung freute oder sie beklagte.
    »Meine Dame«, sagte der junge Mann zu Maianthe und wandte sich dann an Beguchren. »Hoher Herr, der Arobarn bittet Euch, ihn zu begleiten. Sofort, hat er erklärt, falls Ihr mir bitte verzeihen wollt.«
    Maianthe sprang auf. »Ich sollte mich zurückziehen …«
    »Keineswegs«, sagte Beguchren leise, während er langsam aufstand. »Es kann gut sein, dass wir auf Euren Rat angewiesen sind, Herrin Maianthe. Bitte begleitet mich.«
    »Der Safiad hat nach mir geschickt«, berichtete ihnen der Arobarn. Er schritt nervös in seinem viel größeren Zelt auf und ab, warf sich schließlich herum und funkelte Maianthe an. »Was wird er wohl sagen? Was wird er tun? Ich bin zwar sicher, dass Erich nicht in Gefahr schwebt …« Nahezu sicher , deutete die steife Haltung seiner Schultern an. »Aber was wird der Safiad fordern? Eine Entschuldigung? Eine Entschädigung?« Die tiefe Stimme sank noch weiter, bis sie zu einem polternden Knurren geworden war. »Wird er meinen Sohn noch länger als geplant als Geisel an seinem Hof festhalten?«
    Maianthe musste eingestehen, dass sie dazu nichts sagen konnte. »Er sollte Euch eigentlich dankbar sein«, meinte sie, sprach dies aber in einem vorsichtigen Tonfall, da außer ihrniemand einen solchen Ausgang für wahrscheinlich zu halten schien.
    Der Arobarn grunzte, ruckte mit dem Kopf und deutete so seine Zweifel an. »Ich habe seinen Stolz verletzt. Zweimal. Nein. Dreimal. Einmal dadurch, dass ich ohne seine Erlaubnis das Gebirge überquert habe. Ein zweites Mal, als ich Beguchren beauftragte, ihn aufzuhalten; ein drittes und das schlimmste Mal, weil er weiß, dass er mir dankbar sein müsste.« Der casmantische König ruckte erneut mit dem Kopf. »Nein. Er wird wütend sein.« Maianthes zu erwartenden Ausruf, wie unfair das wäre, unterband er mit den leise geknurrten Worten: »Ich wäre es.«
    »Er wird noch wütender sein, wenn Ihr nicht erscheint, wie er es Euch geheißen hat«, murmelte Beguchren. Der elegante casmantische Fürst wirkte leicht erheitert, sofern Maianthe seine Miene überhaupt deuten konnte.
    »Ja. Das stimmt.« Der Arobarn fuhr sich mit der Pranke durch die kurz geschnittenen Haare. Er wirkte mitgenommen.
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