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Der Graf von Monte Christo

Der Graf von Monte Christo

Titel: Der Graf von Monte Christo
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ließ.
    Sein geschwächter Blick suchte die Gegenstände zu unterscheiden, und er sah hinter dem Banditen einen Mann, der in einen Mantel gehüllt und vom Schatten eines steinernen Pfeilers bedeckt war.
    Was soll ich bereuen? stammelte Danglars.
    Das Böse, das Sie getan haben.
    Oh! ja, ich bereue es, ich bereue es, rief Danglars.
    Und er schlug mit seiner abgemagerten Faust an seine Brust.
    Dann vergebe ich Ihnen, sagte der Unbekannte, seinen Mantel abwerfend und in das Licht vorschreitend.
    Der Graf von Monte Christo! rief Danglars, bleicher vor Schrecken, als er es einen Augenblick zuvor vor Hunger und Elend gewesen war.
    Sie täuschen sich; ich bin nicht der Graf von Monte Christo.
    Und wer sind Sie denn?
    Ich bin der, den Sie verkauft, preisgegeben, entehrt haben; ich bin der, dessen Braut Sie mit Schmach bedeckten; ich bin der, auf den Sie traten, auf dem Sie fortschritten, um sich zum Glück aufzuschwingen; ich bin der, dessen Vater Sie vor Hunger sterben ließen, den Sie verurteilt hatten, ebenfalls Hungers zu sterben, und der Ihnen dennoch vergibt, weil er selbst der Vergebung bedarf; ich bin Edmond Dantes.
    Danglars stieß einen Schrei aus und stürzte, so lang er war, zur Erde nieder.
     

     
    Stehen Sie auf, sagte der Graf, Ihr Leben bleibt unverletzt; ein solches Glück ist Ihren zwei Genossen nicht widerfahren; der eine ist wahnsinnig, der andere ist tot. Behalten Sie die fünfzigtausend Franken, die Sie noch haben, ich mache sie Ihnen zum Geschenk. Die fünf Millionen, die Sie den Hospitälern gestohlen haben, sind diesen bereits von unbekannter Hand wiedererstattet worden.
    Und nun essen Sie und trinken Sie! Für heute abend sind Sie mein Gast.
    Vampa, wenn dieser Mensch sich beruhigt hat, lassen Sie ihn frei!
    Danglars blieb auf der Erde liegen, bis sich der Graf entfernte; als er das Haupt erhob, sah er nur noch einen im Gange verschwindenden Schatten, vor dem sich die Räuber verbeugten.
    Danglars wurde dem Befehle des Grafen gemäß von Vampa mit dem Besten, was er hatte, erquickt. Als er seinen Hunger gestillt hatte, ließ ihn der Anführer der Banditen in einen Wagen steigen, begleitete ihn eine Strecke weit und lehnte ihn dann unfern der Straße an einen Baum.
    Hier blieb er bis zum Anbruch des Tages, ohne zu wissen, wo er war.
    Beim Morgenlichte bemerkte er, daß er sich in der Nähe eines Baches befand; er hatte Durst und schleppte sich bis zu diesem Bache. Als er sich neigte, um daraus zu trinken, sah er, daß seine Haare weiß geworden waren.

Der fünfte Oktober.
     
    Es war ungefähr sechs Uhr abends; ein opalfarbiges Licht, in das eine schöne Herbstsonne ihre goldenen Strahlen einwob, fiel auf das bläuliche Meer. Aus diesem ungeheuren Gewässer, das sich von Gibraltar bis zu den Dardanellen, und von Tunis bis nach Venedig ausdehnt, glitt eine leichte Jacht von reiner, zierlicher Form in dem ersten Dunste des Abends hin.
    Nach und nach verschwanden am westlichen Horizont die letzten Strahlen der Sonne. Die Jacht rückte rasch vor, obgleich scheinbar der Wind kaum stark genug war, um das Lockenhaar eines Mädchens flattern zu lassen.
    Auf dem Vorderteile stehend, sah ein Mann von hoher Gestalt, brauner Gesichtsfarbe und mit großem Auge das Land als düstere, kegelförmige Masse auf sich zukommen, die gleich einem ungeheuren katalanischen Hut sich aus den Wellen erhob.
    Ist das Monte Christo? fragte mit ernster, von tiefer Traurigkeit zeugender Stimme der Reisende, dessen Befehlen die Jacht für den Augenblick unterstand.
    Ja, Exzellenz, antwortete der Patron, wir kommen sogleich dahin.
    Wir kommen dahin! murmelte der Reisende mit einem Ausdrucke unsäglicher Schwermut. Dann fügte er mit leiser Stimme hinzu: Ja, dort wird der Hafen sein.
    Und er versenkte sich wieder in seine Gedanken, die sich durch ein unsäglich trauriges Lächeln kundgaben.
    Zehn Minuten nachher geite man die Segel auf und warf den Anker fünfhundert Schritte von einem kleinen Hafen.
    Das Boot war bereits mit den Ruderern und dem Lotsen im Meere. Der Reisende stieg hinab und blieb, statt sich auf das für ihn mit einem blauen Teppich geschmückte Vorderteil zu setzen, mit gekreuzten Armen stehen.
    Die Ruderer warteten, ihre Ruder halb in die Höhe gehoben, wie Vögel, die ihre Flügel trocknen lassen.
    Vorwärts! sprach der Reisende.
    Die acht Ruderer setzten mit einem Schlage ein; dann glitt die Barke, dem Antriebe gehorchend, rasch dem Ufer zu.
    In einem Augenblick befand man sich in der kleinen Bucht, die hier
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