Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Der Graf von Monte Christo

Der Graf von Monte Christo

Titel: Der Graf von Monte Christo
Autoren:
Vom Netzwerk:
Führer? Welche Pläne verfolgten sie mit ihm? Und wenn die ganze Welt sich loskaufen konnte, warum vermochte er allein dies nicht?
    Oh! Allerdings der Tod, ein rascher und gewaltsamer Tod war ein gutes Mittel, diese erbitterten Feinde zu hintergehen, die eine unbegreifliche Rache gegen ihn zu planen schienen.
    Ja, aber sterben! Zum ersten Male vielleicht in seiner ganzen Laufbahn dachte Danglars an den Tod zugleich mit dem Verlangen und der Furcht, zu sterben. Doch die Stunde war für ihn gekommen, seinen Blick auf das unversöhnliche Gespenst zu heften, das im Innern jedes Geschöpfes lebt und das nun bei jedem Pulsschlage des Herzens zu ihm sagte: Du wirst sterben.
    Danglars glich jenen wilden Tieren, welche die Jagd aufregt, in Verzweiflung bringt, und denen es durch die Gewalt der Verzweiflung zuweilen gelingt, sich zu retten.
    Danglars dachte an Flucht.
    Doch die Mauern waren die Felsen selbst, und vor dem einzigen Ausgang, der aus der Zelle führte, lag ein Mensch; hinter diesem Menschen sah man mit Flinten bewaffnete Schatten hin und her gehen.
    Sein Entschluß, nicht zu unterzeichnen, dauerte zwei Tage, dann verlangte er Nahrungsmittel und bot eine Million. Man trug ihm ein vortreffliches Abendessen auf und nahm seine Million.
    Von da an war das Leben des unglücklichen Gefangenen eine beständige Ausschweifung. Er hatte so viel gelitten, daß er sich keinen weiteren Leiden mehr aussetzen wollte und sich allen Forderungen unterzog. Nach Verlauf von acht Tagen machte er eines Nachmittags, als er wie in den schönen Tagen seines Glückes gespeist hatte, seine Rechnung und bemerkte, daß er so viele Anweisungen abgegeben, daß ihm nur noch fünfzigtausend Franken übrig blieben.
    Da ging eine seltsame Umwandlung in ihm vor. Er, der fünf Millionen hingegeben hatte, suchte die fünfzigtausend Franken zu retten, die ihm blieben; er beschloß, eher die größten Entbehrungen zu ertragen, als diese fünfzigtausend Franken herzugeben. Der Unglückliche nährte einen Schimmer von Hoffnung, der an Wahnsinn grenzte; er, der seit so langer Zeit Gott vergessen hatte, dachte an ihn, um sich zu sagen, Gott habe zuweilen Wunder getan. Diese Höhle könnte versinken; die päpstlichen Karabinieri könnten diesen verfluchten Aufenthaltsort entdecken und ihm zu Hilfe kommen; dann würden ihm noch fünfzigtausend Franken bleiben; fünfzigtausend Franken wären eine hinreichende Summe, um einen Menschen vor dem Hungertode zu schützen. Er bat Gott, ihm diese fünfzigtausend Franken zu erhalten, und indem er bat, weinte er.
    So vergingen drei Tage, während deren der Name Gottes beständig, wenn nicht in seinem Herzen, doch auf seinen Lippen war. In Zwischenräumen hatte er Augenblicke des Irrsinns, in denen er durch die Fenster einer armseligen Kammer einen Greis im Todeskampfe auf einem elenden Lager zu erblicken glaubte. Dieser Greis starb auch vor Hunger.
    Am vierten Tage war er kein Mensch mehr, sondern ein lebendiger Leichnam; er hatte auf dem Boden die letzten Krümchen seiner früheren Mahle zusammengerafft und fing an das Stroh zu verzehren, mit dem der Boden bedeckt war.
    Dann flehte er Peppino an, wie man einen Schutzengel anfleht, ihm etwas Speise zu geben; er bot ihm tausend Franken für einen Mund voll Brot. Peppino antwortete nicht.
    Am fünften Tage schleppte er sich vor den Eingang der Zelle.
    Ihr seid also kein Christ? sagte er, sich auf seine Knie erhebend; Ihr wollt einen Menschen töten, der Euer Bruder vor Gott ist?
    Und er fiel mit dem Gesicht auf die Erde.
    Dann fuhr er plötzlich wieder auf und rief: Der Führer!
    Hier bin ich! sagte, sogleich erscheinend, Vampa, was wünschen Sie noch?
    Nehmen Sie mein letztes Geld, stammelte Danglars, ihm sein Portefeuille reichend, nehmen Sie es und lassen Sie mich in dieser Höhle; ich verlange meine Freiheit nicht mehr, ich verlange mein Leben nicht mehr.
    Sie leiden also sehr? fragte Vampa.
    Ja, ich leide grausam.
    Es gibt aber Menschen, die mehr gelitten haben.
    Ich glaube es nicht.
    Doch! Die, welche vor Hunger gestorben sind.
    Danglars dachte an den Greis, den er während der Stunde seines Irrsinns durch die Fenster seiner armseligen Kammer aus seinem Lager sich winden sah. Er schlug mit der Stirn auf die Erde und stieg einen Seufzer aus.
    Ja, sagte er, es ist wahr; es gibt Leute, die mehr gelitten haben, als ich, aber diese waren Märtyrer.
    Sie bereuen wenigstens? sagte eine düstere, feierliche Stimme, welche die Haare auf Danglars' Haupte sich sträuben
Vom Netzwerk:

Weitere Kostenlose Bücher