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Der Graf von Castelfino

Der Graf von Castelfino

Titel: Der Graf von Castelfino
Autoren: CHRISTINA HOLLIS
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ziehen und noch einmal von vorn beginnen?“
    Sie merkte schnell, dass sie einen Fehler gemacht hatte. Dieser Gianni Bellini verfügte über keinen Rückwärtsgang.
    Seit ihrer Ankunft hatte sie gewusst, dass es Ärger geben würde, doch nun sah es so aus, als sei die Situation hoffnungslos. Ihr Entsetzen lähmte sie, aber sie durfte sich nichts anmerken lassen. Sie brauchte diesen Job. Zu viele Menschen vertrauten auf sie. Irgendwie musste diesem seltsam veränderten Gianni doch beizukommen sein …
    Meg hatte nichts zu verlieren außer ihrer Würde. Sie musste ihr Ziel erreichen. Also schlug sie die Augenlider nieder. Eine langsame, sorgsam bedachte Bewegung. Zu ihrer Überraschung reagierte er, indem er sie abwartend ansah.
    „Als Ihr Vater noch lebte, hat er mich eigens engagiert, um für ihn zu arbeiten“, sagte sie, während sie Mühe hatte, ruhig zu bleiben. „Ich war die Qualifizierteste unter allen Bewerbern. Ohne mein Können werden die Pflanzen bald eingehen. Der Graf hatte so viele Pläne für dieses Anwesen. Jetzt ist er … nun, lassen Sie uns ihm einfach ein gebührendes Denkmal setzen.“
    Sie holte Luft. „Er hat sich Sorgen um die Zukunft gemacht, und viele seiner Ideen sind durchaus praktikabel. Irgendwann wollte er seine Sammlung der Öffentlichkeit zugänglich machen und damit den Tourismus fördern. Ich bin mir sicher, Signore , dass Sie seine wertvolle Arbeit weiterführen wollen“, fügte sie hinzu und war erleichtert, als sie sah, welchen Eindruck ihre letzte, beiläufig hingeworfene Bemerkung auf ihn machte. „Jedermann wäre stolz, solch ein Vermächtnis zu hinterlassen. Glauben Sie mir, ich weiß, wovon ich spreche.“
    Giannis Miene verhärtete sich. „Woher wollen Sie das wissen? Vielleicht weil Sie eine Handvoll guter Zeugnisse vorweisen können?“, spottete er.
    „Nein. Ich weiß es, weil mein Vater aus demselben Holz geschnitzt ist“, gab sie zurück. „Als er einmal ernsthaft krank wurde, fand er keine Ruhe vor lauter Sorge um seine Hinterlassenschaft. Er war sich selbst sein ärgster Feind. Ihr Vater, Signore , war ein gütiger, kluger Mann . Er hat es verdient, auch nach seinem Tod geehrt zu werden. Ich habe an diesem Projekt sehr eng mit ihm zusammengearbeitet. Seine Begeisterung hat es vorangetrieben, und ich halte es für einen unverzeihlichen Fehler, es gerade jetzt aufzugeben.“
    Eindringlich sah Gianni sie einen langen Augenblick an. Dann verzogen sich seine Lippen zu diesem unvergleichlich umwerfenden Lächeln, das sie seit ihrer ersten Begegnung bis in ihre Träume verfolgte. Er streckte ihr die Hand hin. „Erlauben Sie mir, Ihnen zu gratulieren, Miss …?“
    „Imsey. Megan Imsey.“
    Seine Hand fühlte sich angenehm warm an. Eine Wärme, die sich gleich auf sie übertrug.
    „Gut gemacht, Miss Imsey. Ich bin sprachlos … so etwas ist mir noch nie zuvor passiert!“
    Meg erwiderte sein Lächeln. Was für eine Veränderung! Gianni Bellini hatte sich aus ihrem Traummann in ein lebendes, atmendes, menschliches Wesen verwandelt. Überraschenderweise hatten sie zwei Eigenschaften gemein. Die Arbeit stand für ihn an erster Stelle – und er konnte seine Gefühle ebenso gut verbergen wie sie. Zu Anfang war er nichts als der Mann ihrer Träume gewesen, doch nur erkannte sie in ihm den Realisten.
    „Ich bin mir sicher, Signore , dass Sie im Moment keine spontane Entscheidung über etwas so Unbedeutendes wie meinen Job treffen sollten. Sie müssen sich gerade jetzt um tausend andere Dinge kümmern.“
    Daran gab es keinen Zweifel. Er mochte geschickt seine Gefühle verbergen, doch für den Bruchteil einer Sekunde erkannte Meg den Schmerz in seinen Augen. Andere hätten das vermutlich nicht bemerkt, aber sie hatte selbst schon solche kalten, düsteren Zeiten erlebt. Zu gut stand ihr noch vor Augen, wie ihr eigener Vater zwischen Leben und Tod schwebte. „Ganz oben auf dieser Liste sollten Sie stehen. Sie müssen sich um sich selbst kümmern.“
    Ihre Worte kamen von Herzen, doch Gianni zog die Stirn kraus.
    „Nein … mir geht es gut.“
    „Sie sehen aus, als hätten Sie die ganze Nacht nicht geschlafen“, beharrte Meg. Nur mit Mühe verdrängte sie die Erinnerung daran, wie sie die Orchideen für seine Gespielinnen herrichten musste.
    „Ich war nicht dabei, als es geschah“, sagte er, als spräche er zu sich selbst. „Ich war in einem Nachtklub mit lauter fremden Menschen. Keiner von denen hätte gemerkt, wenn ich tot umgefallen wäre. Ich bin dann direkt in
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