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Der Graf von Castelfino

Der Graf von Castelfino

Titel: Der Graf von Castelfino
Autoren: CHRISTINA HOLLIS
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ansah, standen unausgesprochene Versprechen in seinem Blick, genau wie bei ihrer ersten Begegnung.
    „Ja“, sagte er bedeutungsvoll. „Das sehe ich jetzt auch so.“

2. KAPITEL
    Ganz automatisch befolgte Gianni Megans Anweisungen. In dem Bewusstsein, die junge Frau getrost sich selbst überlassen zu können, ging er müde in seine Suite. Wie in Trance zog er seine Schuhe aus und fiel ins Bett. Das Nächste, was er wahrnahm, war die Sonne, die auf sein Gesicht schien und ihn weckte, sowie ein nagendes Hungergefühl. Er griff zum Telefon neben dem Bett und bestellte bei der Haushälterin etwas zu essen. Megan hat recht, sagte er sich. Er hatte wirklich Schlaf gebraucht. Offenbar war er für Stunden außer Gefecht gewesen.
    Zwanzig Minuten später – er war rasiert, frisch geduscht und fühlte sich wieder wie ein Mensch – betrat er das Esszimmer seiner Suite. Eine köstliche Mahlzeit war auf dem Tisch angerichtet. Seine innere Uhr sagte ihm, dass es Mittagszeit sein musste. Doch das Mahl sah nicht wie ein Lunch aus. Außerdem glich es nicht im Entferntesten einem Essen, das in den letzten zweiunddreißig Jahren auf der Speisekarte der Villa Castelfino gestanden hatte.
    „Das sieht ausgezeichnet aus“, murmelte er argwöhnisch und schlug die Zeitung auf , die auf einem Tablett lag.
    „Ja, es ist ausgezeichnet, Signore . Einige von uns waren bei der neuen Chefgärtnerin drüben im Gartenhaus zum Mittag eingeladen, und sie hat uns etwas für Sie mitgegeben“, erklärte Rodolfo, sein Butler.
    Bevor Gianni etwas erwidern konnte, stutzte er. „Das ist die Montagszeitung. Wo ist die Sonntagsausgabe, Rodolfo?“
    „Das Personal hatte strikte Anweisung, Sie nicht zu stören, Signore . “
    Gianni ging um den Tisch herum und nahm die außergewöhnliche Mahlzeit in Augenschein.
    „Dieses Dessert sieht englisch aus. Ich habe so etwas seit meiner Schulzeit nicht mehr gesehen. Trifle, nicht wahr?“
    „Die Chefgärtnerin hat empfohlen, das Essen etwas abwechslungsreicher zu gestalten, Signore.“
    Stirnrunzelnd blickte Gianni auf. „Das wollte ich Sie eben schon fragen. Mir ist nicht bekannt, dass wir plötzlich eine Chefgärtnerin haben“, sagte er, ahnte jedoch bereits, wie die Antwort lauten würde.
    „Miss Imsey ist erst vor Kurzem angekommen, Signore .“
    „Ach … die“, meinte Gianni mit lässiger Überlegenheit. „Nun, seien Sie unbesorgt. Sie wird nicht lange hierbleiben. Ich bin mehr an praktischer Arbeit interessiert als an irgendwelchen Zeugnissen.“ Er war sicher, dass er mit seinem Urteil über sie richtiglag, doch ein kurzer Blick auf Rodolfos Miene machte ihn misstrauisch. „Sagen Sie bloß nicht, dass Sie auf ihr Aussehen hereingefallen sind. Diese Beine, ihr Lächeln, das weich fließende Haar und ihre unschuldigen blauen Augen …“
    Giannis Stimme begann zu schwanken. Mit strenger Miene zog er sein Jackett glatt und rief sich seine Herkunft in Erinnerung. Keiner der Angestellten durfte in diesem Haus über die Stränge schlagen. Unabhängig davon, wie hübsch und anziehend jemand war.
    „Diese Frau ist nur an einem interessiert“, sagte er barsch. „An ihrem Gehalt. Das hat sie mir bei ihrer Ankunft selbst gesagt.“
    Rodolfo schien es nicht eilig zu haben. Offensichtlich hatte er noch mehr auf Lager. Gianni warf ihm einen durchdringenden Blick zu.
    „Haben Sie mir noch etwas zu berichten, Rodolfo?“
    Der Mann hüstelte. „Es mag Sie interessieren, Signore , dass die Köchin derzeit ein Gesicht macht wie eine ausgequetschte Limone.“
    Gianni bediente sich gerade mit Käse vom Silbertablett. Überrascht hielt er inne. Die Vorstellung, Megan könnte nur wegen des Geldes so freundlich zu ihm sein, war höchst ärgerlich. Aber die Nachricht, dass es ihr gelungen war, die bräsige alte Köchin aus der Fassung zu bringen, ließ ihn neidvoll das Gesicht verziehen.
    „Das hat nicht zufällig etwas mit der neuen Chefgärtnerin zu tun, oder?“, fragte er scheinheilig.
    „Oh, doch, Conte.“
    „Und … wie ist es jetzt um die Moral in der Küche bestellt?“, bohrte Gianni nach.
    „Besser.“
    „Ich habe schon immer gesagt, dass zu einem guten Team ein passender Chef gehört, ein altes Prinzip unserer Familie“, meinte Gianni, höchst zufrieden mit sich selbst.
    Er entließ den Butler und widmete sich seinem Essen. Gianni, hungrig wie ein Löwe, aß alles bis auf den letzten Krümel auf. Seit er denken konnte, war dies das erste Mal auf Castelfino, dass er einen Teller wegschob, weil er
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