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Der Grabritter (German Edition)

Der Grabritter (German Edition)

Titel: Der Grabritter (German Edition)
Autoren: Oliver Lierss
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ichtstrahl erreicht sie auf ihrem unaufhaltsamen Weg nach unten. Er trifft auf ein kleines Meda i llon . Das Meda i llon , das ihre Mutter dem Mädchen bei der Geburt umgelegt hatte , u nd ein letztes Mal reflektiert es ihren Namen.
    Asha
     
     
     
     
     
    1
    Alles begann am 5. Oktober. Es war einer der letzten warmen Tage des Jahres, ein Freitagnachmittag. Der Betrieb im BKA Meckenheim-Merl, in der Nähe der ehemaligen Bundeshauptstadt Bonn, deutete schon auf das nahende Wochenende hin. Marcus Kerner, Hauptkommissar im Bereich "Organisierte Kriminalität", saß am Schreibtisch seines Büros im Erdgeschoss des Gebäudes. Er sah aus dem Fenster, wo die glitzernden Sonnenstrahlen des frühen Nachmittags durch das leuchtende Laub der Bäume fiel. Das Gras auf den umliegenden Wiesen wog sich leicht im Wind, und er sinnierte einfach einige Sekunden lang vor sich hin. Wie friedvoll dieses Bild war. Marcus Kerner war weit davon entfernt, ein Tagträumer zu sein. Sein Leben wurde für gewöhnlich von Realitäten bestimmt, die sich nicht zum Träumen eigneten. Aus diesen kurzen Momenten aber, in denen er diesen scheinbaren Frieden in sich aufnehmen konnte, schöpfte er oft seine Kraft. Erst in den frühen Morgenstunden war er von einem Einsatz zurückgekehrt, der fast in einer Katastrophe geendet hätte. Einer seiner Männer war dabei schwer verletzt worden. Noch einmal ließ Kerner den Einsatz Revue passieren. Wie hatte die Sache nur so außer Kontrolle geraten können? Er war der Einsatzleiter, er war der Verantwortliche, und wie immer war dieser Einsatz von ihm bis ins Detail geplant und mit der Gruppe besprochen worden. In solchen extremen Situationen mussten alle Zahnräder ineinandergreifen. Davon hingen Menschenleben ab, und das hatte für ihn höchste Priorität. Jetzt dieses Desaster. Irgendetwas war faul an der Sache . E r würde auch noch herausbekommen, was das war. Zunächst aber brauchte ein paar Stunden Schlaf.
     
    E in letzte r Eintr ag, dann warf er sein Notizbuch vor sich auf den Schreibtisch. Er stand auf und ging hinüber zur Garderobe. Als er gerade seine Jacke übergezogen und die Türklinke bereits in der Hand hatte, klingelte das Telefon. Genervt verzog er das Gesicht. Einen Moment lang zögerte er. Schließlich ging er zurück und hob den Hörer ab. In seiner Stimme klang der Missmut über den Anruf deutlich mit. Am anderen Ende der Leitung meldete sich sein vorgesetzter Dienststellenleiter Kriminalrat Herzog. Mit einem lauten Räuspern überging Herzog Kerners Ruppigkeit und bat ihn zu sich in sein Büro, um etwas mit ihm zu besprechen. Kerner sah den Hörer an, als ob der ihm hätte sagen können , was Herzog von ihm wollte. Seinen Abschlussbericht über den Einsatz konnte er ja wohl noch nicht erwarten. Mit einem Achselzucken verließ Kerner das Büro und ging den Flur entlang. Unterwegs wünschten ihm einige der Mitarbeiter bereits ein schönes Wochenende, wobei auffiel, dass die Blicke seiner weiblichen Kollegen manchmal einen Augenblick länger an ihm hafteten. Nicht etwa, dass man ihn als schön oder gar makellos hätte bezeichnen können. Im Gegenteil. Die Nase war auffällig groß geraten , und erinnerte stark an einen Boxer . E rste Stirnfalten erzählten zudem von einem Leben , das längst nicht immer friedlich und sorglos verlaufen war. Der Blick dieses Mannes aber war derart intensiv, dass er einen unwillkürlich in seinen Bann zog. Obwohl erst fünfunddreißig Jahre alt, gehörte Marcus Kerner zu jener seltenen Spezies, deren ganze Erscheinung eine enorme Präsenz ausstrahlte . S elbst wenn er einen mit Menschen gefüllten Raum betrat , bemerkte doch jeder sein Erscheinen . Als er die Aufzüge erreicht hatte, kam ihm Kriminalrat Dr. Marquart entgegen. War Kerners Laune vorher schon nicht gut, jetzt verschlechterte sie sich nochmals.
    Marquart war zwar nicht sein direkter Vorgesetzter, hatte ihm aber seine Arbeit schon mehrfach erschwert. Direkt vor Kerner blieb er stehen. Provozierend langsam schob er mit seinem Mittelfinger die Brille hoch bis zur Nasenwurzel und sah Kerner an. Diese Augen konnten ihrem Gegenüber ein regelrecht körperliches Unbehagen bereiten. Wässrig blau  hinter dicken Brillengläsern wirkten sie wie Fischaugen. Barsch fuhr er Kerner an: »Heute Nacht haben Sie ja wohl sechs Monate Ermittlungsarbeit, übrigens in nicht unerheblichem Maß e auch die von meiner Abteilung, in den Sand gesetzt. Wenn es nach mir ginge, würden Sie für sämtliche angefallenen
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