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Der Graben: Thriller (German Edition)

Der Graben: Thriller (German Edition)

Titel: Der Graben: Thriller (German Edition)
Autoren: Kôji Suzuki
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zu haben.
    Um sich ein genaueres Bild von der Situation zu machen, schaute Hans sich weiter um. Auf dem Beifahrersitz lagen die Strickjacke und Handtasche einer Frau, und in den Getränkehaltern in der Konsole zwischen den beiden Vordersitzen standen zwei offene Coladosen. Im Wagen roch es nicht nach Zigarettenrauch, sondern eher nach Milch. Der Geruch schien von dem Kindersitz im Fond auszugehen. Dort hatte jemand ein flauschiges Handtuch und einen Becher liegen gelassen. Der gesamte Rücksitz roch nach Milch, als hätte dort vor Kurzem ein kleines Kind gesessen. Der Becher war halb voll mit Milch.
    Nach Lage der Dinge war Hans sich ziemlich sicher, dass sich drei oder vier Personen in dem Wagen befunden hatten. Außer für den Fahrer, die Frau auf dem Beifahrersitz und das Kleinkind hinten war nur noch Platz für eine weitere Person.
    Doch wohin waren sie gegangen? Sie schienen sich in Luft aufgelöst zu haben, auch wenn sie ganz offensichtlich kurz zuvor noch da gewesen waren.
    Hans trat zurück und ließ den Blick erneut über den Horizont schweifen, an dem gerade das letzte Stückchen der Sonne verschwand. Keine Spur von den verschwundenen Personen. Der rote Schimmer des Horizonts schien intensiver zu sein als noch einen Augenblick zuvor, als ob die Zeit rückwärts liefe. Bevor sie zu dieser Reise aufgebrochen waren, hatte Hans von einigen modernen Legenden gelesen, die derzeit in den Vereinigten Staaten für Aufregung sorgten. An eine davon musste er plötzlich denken.
    Es waren kurze Anekdoten, die unter jüngeren Leuten kursierten und für wahr gehalten wurden. Man hörte die verschiedensten Varianten, doch alle entsprachen mehr oder weniger dem gleichen Grundmuster. Hans erinnerte sich an folgende Erzählung:
    Dies ist eine wahre Geschichte, die ich von einem Schulfreund gehört habe. Der Vater meines Freundes war auf dem Highway 168 zwischen Big Pine und Oasis unterwegs. Es wurde schon dunkel. Zwischen den Orten gab es keine Häuser, nicht einmal Autos. Der Vater meines Freundes fuhr so dahin, ziemlich gelangweilt, als er plötzlich auf der anderen Straßenseite drei Leute gehen sah. Und das in der Wüste, mitten in der Pampa. Ein Typ und eine Frau mit einem kleinen Kind auf dem Arm marschierten die Straße entlang. Der Mann und die Frau sahen irgendwie benommen und verwirrt aus, und aus irgendeinem Grund hatte der Mann eine zerdrückte Coladose in der Hand.
    Der Vater meines Freundes bremste. Er dachte: Die wollen bestimmt mitgenommen werden. Was sollen sie sonst da draußen machen? Und wie sind sie überhaupt hergekommen?
    Aber keiner der drei warf auch nur einen Blick auf den Wagen. Sie gingen weiter und machten keinerlei Anstalten, ihn anzuhalten. Der Vater meines Freundes fand das total seltsam, fuhr aber weiter. Weil er nach ein paar Kilometern immer noch an diese Leute denken musste, kehrte er um und fuhr zurück. Er dachte, dass er wenigstens mit ihnen reden sollte und dass es seine Pflicht war, sie zu fragen, was sie da machten, und ob sie Hilfe brauchten. Er hatte es nicht eilig, also wäre es nicht schlimm, wenn er ein paar Minuten länger benötigte.
    Doch die drei waren verschwunden, was ihm vollkommen unerklärlich war. Wenige Minuten zuvor waren sie noch am Straßenrand entlangmarschiert. Die Landschaft war vollkommen flach und leer, nur der Highway durchschnitt sie – wohin konnten sie also gegangen sein? Der Vater meines Freundes fuhr noch drei Kilometer, bevor er erneut kehrtmachte und besonders genau Ausschau hielt. Aber die drei Menschen waren nirgends zu sehen. Sie hatten sich in Luft aufgelöst. Ungefähr acht Kilometer von der Stelle entfernt, wo er die Leute gesehen hatte, stieß der Vater meines Freundes auf ein zerstörtes Auto, das auf dem Dach lag. Auf der Straße waren schwarze Bremsspuren zu sehen.
    Aus dem Kühler dampfte es, schwarzes Öl rann über die Straße wie Blut. Das zertrümmerte, auf den Kopf gedrehte Fenster auf der Fahrerseite stand halb offen, und der Arm eines Mannes hing schlaff heraus. Die Hand umklammerte eine zerdrückte Coladose und schlenkerte leicht hin und her, als ob sie dem Vater meines Freundes zuwinkte.
    Hans hatte ähnliche Geschichten gelesen. Geisterfamilien, die an den Highways entlangspazierten. Doch was er sah, war etwas anderes. Alles an dem Pontiac deutete darauf hin, dass einen Moment zuvor Leute darin gesessen hatten. Irgendwie waren sie bloß nicht mehr zu sehen, als hätte die Wüste sie verschluckt. Das Ganze erinnerte ihn an ein
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