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Der Graben: Thriller (German Edition)

Der Graben: Thriller (German Edition)

Titel: Der Graben: Thriller (German Edition)
Autoren: Kôji Suzuki
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Scheinwerferlicht zu sehen.
    Es war nach sechs Uhr abends, und die Sonne stand gerade noch über dem Horizont. In einer halben Stunde würde dieser sie aufgesaugt haben, und es würde dunkel werden. Für eine Frau war es wahrscheinlich ein furchtbarer Gedanke, dass sie eine Bleibe für die Nacht suchen mussten. Dabei hatte Claudia selbst vorgeschlagen, dass sie sich auf ihrer Fahrt durch Nordamerika treiben ließen und unterwegs in Motels eincheckten, ohne im Voraus Zimmer zu reservieren. Offenbar hatte sie früher bereits eine ähnliche Reise gemacht und nie Probleme gehabt, eine Unterkunft für die Nacht zu finden. So war sie zu dem Schluss gekommen, dass Motelzimmer jederzeit leicht zu finden waren. Doch wie es der Teufel wollte, hatte an jedem Motel, an dem sie heute vorbeigekommen waren, ein Neonschild »Belegt« angezeigt.
    Auch das Motel in Maricopa, wo sie vor Kurzem durchgefahren waren, hatte kein Zimmer frei gehabt, sodass ihnen zwei Möglichkeiten blieben. Die eine war, auf dem Highway 33 nach Norden in Richtung Taft zu fahren, um dort ein Zimmer zu suchen. Die andere war, weiter in Richtung Soda Lake zu steuern, um da etwas zu finden. Claudia hatte eingewendet, dass Taft eine größere Stadt sei und außerdem näher liege, sodass die Chancen dort besser seien. Hans war für den Soda Lake gewesen, den er auf dieser Reise unbedingt sehen wollte. Wenn er Claudias Drängen, nach Taft zu fahren, nachgab, würden sie von dort aus wahrscheinlich in die Gegend von San Francisco weiterreisen und den Soda Lake auslassen. Deshalb war er entschlossen zu versuchen, den See trotz ihrer Erschöpfung noch an diesem Abend zu erreichen.
    »Woher willst du wissen, ob es dort überhaupt ein anständiges Motel gibt?«, hatte Claudia gefragt.
    »Wenn es sich ergibt, halte ich ein entgegenkommendes Auto an und frage«, hatte Hans versprochen. Das war vor etwa zwanzig Minuten gewesen. Es war schwierig, sich allein anhand der Landkarte ein Bild von der Größe des Ortes zu machen. Was, wenn sie es bis zum Soda Lake schafften, und es dort keine Unterkunft gab? Hans überzeugte Claudia davon, dass sie mit ihrer entspannten Art, sich Informationen zu beschaffen, schon weiterkommen würden.
    Nun aber waren sie seit einer halben Stunde auf der Soda Lake Road unterwegs, ohne in einer der beiden Richtungen auch nur ein einziges Fahrzeug gesehen zu haben. Schlimmer noch, die Straße war teils unbefestigt. Sie konnten nicht schneller fahren, umzukehren hätte jedoch ebenso wenig Sinn gehabt. An diesem Punkt blieb ihnen nichts anderes übrig, als sich auf ihr Glück zu verlassen und am Soda Lake ein Zimmer zu suchen. Vielleicht würde alles gut gehen. Andererseits war klar, dass Claudias Stimmung nicht besser werden würde, wenn sie nach Einbruch der Dunkelheit immer noch ziellos umherfuhren.
    Bei der Vorstellung, die Nacht im Freien zu verbringen, wurde Hans mulmig zumute. Er wollte, dass seine Frau eine warme Dusche, ein Bier und ein gutes Essen bekam. Auf einer Italienreise im Jahr nach ihrer Hochzeit hatten sie durch Hans’ Schuld einmal kein Abendessen mehr erhalten. Das hatte Claudia so die Stimmung vermiest, dass die gesamte Reise verdorben gewesen war.
    Da er eine Frau geheiratet hatte, die viel attraktiver war als er, musste er auf Claudias Stimmungsschwankungen Rücksicht nehmen. Obwohl er überdurchschnittlich gut verdiente und ihr jeden Wunsch erfüllte, hatte seine Frau einen Hang dazu, ihm den winzigsten Fehler übel zu nehmen und ihn mit eisigem Schweigen zu bestrafen. In den vier Jahren ihrer Ehe hatte Hans die schmerzhafte Erfahrung gemacht, dass er, um einen kleinen Fehler wiedergutzumachen, meist zehnmal so große Anstrengungen unternehmen musste – daher seine Entschlossenheit, dafür zu sorgen, dass seine Frau eine warme Dusche, ein kaltes Bier und ein bequemes Bett bekam. Waren diese drei Voraussetzungen erfüllt, würde sich Claudias Ärger vermutlich legen. Draußen zu übernachten kam überhaupt nicht infrage. Zum einen war es zu gefährlich. In dem Reiseführer, den er noch in Deutschland gelesen hatte, stand das ganz oben auf der Liste der Dinge, die Reisende tunlichst vermeiden sollten.
    »Bei Reisen mit dem Auto sollten Sie weit im Voraus Motelzimmer reservieren« hatte das Buch außerdem empfohlen, doch Hans und Claudia hatten sich nicht danach gerichtet.
    Während die Minuten verstrichen, senkte sich langsam die Dämmerung über das Land. Mit zunehmender Dunkelheit wuchs auch Hans’ Gefühl, dass die Zeit
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