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Der Gorilla - die letzten schwarzen Riesen im Kongo

Der Gorilla - die letzten schwarzen Riesen im Kongo

Titel: Der Gorilla - die letzten schwarzen Riesen im Kongo
Autoren: Sebastian Jutzi
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hinlegen soll. Wer kein Geld hat, ist auf jeden Fall Mai-Mai, sagt er. Der junge Mann legt sich langsam auf den Boden, über den er schon so oft gegangen ist, um seinem Bruder einen Besuch abzustatten. Bäuchlings mit ausgestreckten Armen liegt er da. Der Soldat schnipst den Zigarettenstummel zur Seite, nimmt sein Gewehr und stößt mit dem Bajonett zu. Zweimal trifft er das Genick seines Opfers. Der Körper des jungen Mannes zuckt, dann sackt er schlaff in sich zusammen. Die Kämpfer ziehen weiter. Einer, der an dem reglos am Boden liegenden Körper vorbeigeht, legt wie beiläufig sein Gewehr an und schießt dem Mann in den Kopf. Der Bruder des Ermordeten liegt am Boden seiner Hütte und muss zusehen, wie die Kämpfer seinen nächsten Verwandten töten.
    Zur selben Zeit arbeitet Muwavita Mukangusi mit ihrem Mann auf ihren Feldern. Die 30-Jährige, deren Hände die landwirtschaftliche Arbeit derb gemacht hat, sorgt sich sehr um ihre drei kleinen Töchter, die sie in ihrer Hütte zurückge lassen hat. Also rennt sie nach Hause. Ihr Mann versteckt sich in den Feldern, denn es ist klar, dass er in größerer Lebensge fahr als sie schwebt. Erst als die Dunkelheit hereinbricht, wagt auch er sich zu seiner Hütte. Die Nacht bleibt ruhig, aber am Morgen kommen Bewaffnete. Mit ihren Gummistiefeln treten sie die Tür ein. Die Mädchen schreien. Ein nach Alkohol und Schweiß stinkender Kämpfer zerrt den Vater aus der Hütte. Auch die Frau gestikuliert und schreit. Sie klammert sich an den Arm ihres Mannes, aber die Soldaten stoßen sie weg. In ihrer Verzweiflung erinnert sie sich an die 50 Dollar, die sie in einer Blechdose unter ihrem klapprigen Bett versteckt haben. Ihre gesamten Ersparnisse. Hektisch kramt sie die abgegriffenen, klebrigen Scheine hervor. Draußen steht einer der Soldaten vor dem Mann, den zwei andere Kämpfer festhalten. Er brüllt, der andere sei doch sicher ein Mai-Mai. Der Mann verneint. Noch ehe er zum zweiten Mal den Kopf schütteln kann, schlägt ihm der Soldat mit seinem Gewehrkolben auf den Kopf. Er will endlich wissen, ob der andere nicht doch zu den Mai-Mai gehört. Die Frau fällt auf die Knie und fleht ihn an, ihren Mann in Ruhe lassen, da er nichts Unrechtes getan hat. Der Kämpfer beachtet sie nicht. Er fixiert den Mann, der mittlerweile vor ihm kniet. Er soll zugeben, dass er die Mai-Mai unterstützt. Die Frau schreit, dass sie nichts damit zu tun haben. Sie wedelt mit Dollarscheinen. Jetzt hat sie die Aufmerksamkeit des Uniformierten. Unwirsch greift er nach dem Geld. Er zählt. 25 Dollar. Das ist nicht genug. Er wendet sich wieder dem Mann zu und fragt erneut, ob er nicht endlich zugeben will, dass er ein Mai-Mai ist. Die Frau weint. Sie schreit. Schließlich holt sie ein zweites Bündel Banknoten hervor und hält es dem Rebellen hin. Der Kämpfer nimmt auch dieses Geld, zählt nach. Noch einmal 25 Dollar. Er geht wieder zu dem Mann. Er ist Mai-Mai, das sieht man doch, brüllt er. Die Frau will ihn anspringen, aber andere Uniformierte halten sie zurück. Sie schreit, sie habe kein Geld mehr, die Männer sollen verschwinden und sie in Ruhe lassen. Der Soldat, der die ganze Zeit etwas über die Mai-Mai hören will, nimmt sein Gewehr und zielt auf den Bauern vor ihm. Die Frau schreit wieder, dass sie kein Geld mehr haben. Der Kämpfer hat schon alles bekommen. Der Uniformierte richtet seine Augen prüfend auf die Frau. Dann schaut er auf den vor ihm Knienden. Er zögert kurz, verharrt innerlich. Er wartet, ob ihm nicht doch noch Geld geboten wird. Dann drückt er ab. Die Kugel schießt aus dem Lauf und zerschneidet die wenige Luft, die zwischen der Mündung und ihrem Ziel ist. Sie trifft auf den Kopf, zerteilt Haare und Haut, zerschmettert die Schädeldecke und zerquetscht das Gehirn. Der Getroffene sackt zusammen, und seiner Frau entfährt ein tierhafter Schrei grenzenloser Qual. Die Kämpfer drehen sich wortlos um und rü cken ab. Ihr Kommandeur besitzt nun 50 Dollar mehr als noch vor wenigen Minuten. Während er geht, tasten die Finger seiner rechten Hand nach dem Geld in seiner Hosen tasche und streichen darüber. Die Rebellen lassen einen leblosen Körper, eine verzweifelte Witwe und drei kleine Halbwaisen zurück. Das Geld hat wohl gerade dafür genügt, Vergewaltigungen zu verhindern.
    Obwohl in Kiwanja 120 Blauhelmsoldaten stationiert sind, sterben in dem Ort innerhalb von 24 Stunden mehr als 150 Zivilisten. Die UN-Truppen sind zu schlecht ausgerüstet und zu schlecht über die Lage
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