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Der Goldvulkan

Der Goldvulkan

Titel: Der Goldvulkan
Autoren: Jules Verne
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beiden Vettern teilten, denn die Farm hatten sie ebenso gemeinschaftlich behalten wie das Haus in Montreal. Hier wurde ein an Futtergewächsen und Getreide ertragreicher Boden kultiviert und zu dessen Ertrag kam noch der von den prächtigen Wäldern, die noch heute das Gebiet der Dominion, vorzüglich in ihrem östlichen Teile, weithin bedecken. Die Farm umfaßte eine Gruppe gut eingerichteter und wohlerhaltner Häuser, Schuppen, Ställe, Geflügelhöfe usw. und alle nötigen Geräte von bester Art, die allen Anforderungen der modernen Landwirtschaft genügten. Nahe dem Eingange zu einer großen Einfriedigung, die Rasenflächen und Baumgruppen umschloß, erhob sich ein größres Landhaus, das trotz aller Einfachheit jede Bequemlichkeit bot und dem Gutsherrn als Sommerwohnung diente.
    Das war die Stätte, wo Summy Skim am liebsten weilte und wo auch Ben Raddle in der schönen Jahreszeit einige flüchtige Tage verbrachte. Wenigstens der Erstgenannte hätte sie mit keinem noch so fürstlichen Schlosse eines steinreichen Amerikaners vertauschen mögen. So bescheiden die Wohnung auch war, ihm genügte sie vollständig und er dachte weder an ihre Vergrößerung noch an eventuelle Verschönerungen, da er mit denen zufrieden war, deren Unkosten die gütige Natur allein trug. Hier verflossen seine Tage unter Jagdausflügen und seine Nächte unter friedlichem Schlummer.
    Contentus sua sorte
(mit seinem Lose zufrieden), wie es die Weisheit empfiehlt, fühlte sich Summy Skim reich genug durch den Ertrag seiner Ländereien, den er planmäßig und einsichtig zu verwerten verstand. Wenn er auch darauf achtete, sein Vermögen nicht zu verringern, so kam es ihm doch gar nicht in den Sinn, es vergrößern zu wollen. Um keinen Preis der Welt hätte er sich in irgendeins der unzähligen Geschäfte eingelassen, die Nordamerika immer in einer Art Spannung erhalten, wie kommerzielle und industrielle Spekulationen Eisenbahnen, Banken, Bergwerke, Schiffahrtsgesellschaften u. a. m. Nein! Dieser Weise hatte einen Abscheu gegen alles, was mit einem Risiko verknüpft oder Zufälligkeiten ausgesetzt war. Sich zu binden, einen guten Erfolg oder einen Fehlschlag hinzunehmen, sich auf Gnade und Ungnade Möglichkeiten ausgesetzt zu fühlen, die kein Mensch verhindern, keiner voraussehen kann, am Morgen mit dem Gedanken »Bin ich heute reicher oder ärmer als gestern?« aufzuwachen, das wäre ihm zu widerwärtig erschienen und er hätte es dann vorgezogen, niemals einzuschlafen oder niemals aufzuwachen.
    Zwischen den beiden Vettern bestand freilich ein sehr deutlicher Unterschied; gewiß waren sie beide von zwei Schwestern geboren und hatten sie französisches Blut in den Adern. Während Summy Skims Vater aber angelsächsischer Nationalität gewesen war, war der Ben Raddles ein geborner Amerikaner und zwischen dem Engländer und dem Yankee bestehen Unterschiede, die mit der Zeit immer mehr hervortreten. Wenn Jonathan und John Bull auch Verwandte sind, so sind sie das doch nur in entferntem Grade und diese Verwandtschaft scheint sich allmählich ganz verwischen zu wollen.
    Ob die Verschiedenheit der Abstammung oder irgendwelche andre Ursache der Grund für die Ungleichheit ihrer Charaktere war, eins stand fest: daß die beiden, im übrigen einander warm zugetanen Vettern, die gewiß immer treu zusammenhielten, nicht dieselben Neigungen, dasselbe Temperament hatten.
    Der etwas kleinere, braunhaarige und braunbärtige, um vier Jahre jüngre Ben Raddle betrachtete das Leben nicht unter demselben Gesichtswinkel wie sein Vetter Skim. Während der eine sich begnügte, als sorgenfreier Gutsherr zu leben und seine Ernten zu überwachen, verfolgte der andre eifrig die industrielle Entwicklung der Zeit. Nach Vollendung seiner Studien als Ingenieur war er schon bei einigen jener erstaunlichen Werke beteiligt gewesen, mit denen die Amerikaner sich durch die Kühnheit des Entwurfes und die Unverzagtheit der Ausführung über andre Nationen zu erheben trachten. Gleichzeitig stand sein Sinn auch nach Reichtum…. nicht nach dem bescheidnen Wohlstand unsrer mittelmäßigen Millionäre, sondern nach dem Goldstrome der Milliardäre Amerikas. Die fabelhaften Vermögen eines Gould, Astor, Vanderbilt, Rockefeller, Carnegie, Morgan und so mancher andrer, die hatten es ihm angetan. Er träumte stets von außergewöhnlichen Gelegenheiten, die einen wohl in wenigen Tagen sozusagen das Kapitol ersteigen lassen, ihn aber auch zuweilen in wenigen Stunden den tarpejischen Felsen
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