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Der Goldvulkan

Der Goldvulkan

Titel: Der Goldvulkan
Autoren: Jules Verne
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hier große, einträgliche Ländereien, Wälder, Felder und Wiesen, die den größten Teil des Familienvermögens bildeten.
    Zweiunddreißig Jahre alt, etwas über mittelgroß, von angenehmem Gesicht und der kräftigen Konstitution des die freie Luft gewohnten Mannes, mit seinen blauen Augen und dem blonden Barte, erschien Summy Skim als das ebenso ausgesprochene wie sympathische Musterbild eines Franko-Kanadiers, Eigenschaften, die er von der Mutter ererbt hatte. Sorglos und ohne ehrgeizige Ansprüche, lebte er von dem Ertrage seines Besitztums, ein »Gentleman-Farmer« dieses von der Natur bevorzugten Bezirkes der Dominion. Ohne gerade beträchtlich zu sein, gestattete ihm sein Vermögen, seinen bescheidnen Neigungen zu huldigen, und nie hatte er das Verlangen gespürt, sein Vermögen zu vermehren. Ein großer Freund des Fischfangs, stand ihm das ganze hydrographische Netz der Nebenarme und Zuflüsse des St. Lorenzo zur Verfügung, abgesehen von den zahlreichen Binnenseen, die sich im nördlicheren Amerika finden. Als eifriger Jäger konnte er ferner seiner Liebhaberei unbeschränkt auf den weiten Ebenen und in den wildreichen Waldungen nachgehen, die den größten Teil dieser Gegend Kanadas bedecken.
    Das nicht luxuriöse, aber komfortable Haus, das die beiden Vettern besaßen, lag in einem der ruhigsten Stadtviertel Montreals, außerhalb des Getriebes der Industrie und des Handels. Hier verbrachten beide, immer sehnsüchtig die Wiederkehr der schönen Jahreszeit erwartend, die in Kanada so rauhe Winterszeit, obwohl dessen Breitenlage der des mittleren Europa entspricht.
    Montreal, seit 1843 der Sitz der Regierung, hätte Summy Skim wohl Gelegenheit bieten können, sich in öffentlichen Angelegenheiten zu betätigen. Er war dazu aber von zu unabhängigem Charakter, hielt sich von den offiziellen Kreisen fern und verkehrte bei seinem Widerwillen gegen alle Politik auch niemals in der Gesellschaft hochstehender Beamten. Im übrigen fügte er sich gern der mehr scheinbaren als tatsächlichen Oberherrschaft Großbritanniens und hatte sich niemals an einer der Parteigruppen beteiligt, die eine Spaltung in die Dominion hineintragen. Kurz, er war ein Philosoph, der nach eignem Geschmacke zu leben vorzog und keinen Ehrgeiz irgendwelcher Art kannte.
    Seiner Meinung nach mußte jede Veränderung seiner Lebensbedingungen belästigend und auf sein Wohlbefinden störend wirken.
    Selbstverständlich hatte dieser Philosoph niemals an eine Eheschließung gedacht und dachte auch weiter nicht daran, obgleich schon zweiunddreißig Sommer über seinem Haupte dahingegangen waren. Ja, wäre ihm seine Mutter nicht entrissen – man weiß doch, wie es die Frauen lieben, kleine Enkel um sich zu sehen – hätte er vielleicht die nötige Anstrengung gewagt, sie mit einer Schwiegertochter zu beschenken. In diesem Falle hätte die betreffende Frau zweifellos die Neigungen Summy Skims geteilt. Unter den zahlreichen Familien Kanadas, die oft über zwei Dutzend Kinder zählen, hätte er, ob in der Stadt oder auf dem Lande, jedenfalls eine ihm passende einfache und gesunde Evastochter gefunden. Frau Skim war aber seit fünf Jahren – drei Jahre nach ihrem Gatten – verstorben und von da an hätte man unbesorgt darauf wetten können, daß ihren Sohn niemals Gelüste nach einer Ehe ankommen würden.
    Sobald sich die Temperatur des rauhen Klimas von Montreal milderte und die frühzeitiger aufgehende Sonne die Rückkehr der schönen Jahreszeit verkündigte, trieb es Summy Skim, das Haus in der Jacques Cartierstraße zu verlassen. Er begab sich dann nach seiner zwanzig englische Meilen nördlich von Montreal gelegnen Farm Green-Valley am linken Ufer des St. Lorenzo. Hier nahm er dann sein Landleben wieder auf, das von der Unbill eines Winters unterbrochen gewesen war, der alle Wasserläufe in Eisesfesseln schmiedet und alle Ebenen mit einer dicken Schneedecke verhüllt. Dort befand er sich unter seinen Arbeitern, lauter braven, zum Teil schon seit einem halben Jahrhundert im Dienste seiner Familie ergrauten Leuten, die ihrem gütigen Herrn eine aufrichtige Zuneigung und unbeschränkte Ergebenheit entgegenbrachten, war ihr Herr doch immer freundlich und dienstbereit, selbst wenn er dazu die eigne Person einsetzen mußte. Sein Eintreffen gab allemal Veranlassung zu lauten Freudenbezeugungen, wie sein Scheiden zu lebhaft geäußertem Bedauern.
    Das Besitztum Green-Valley lieferte einen jährlichen Ertrag von dreißigtausend Francs, in die sich die
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