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Der goldene Kuß

Der goldene Kuß

Titel: Der goldene Kuß
Autoren: Heinz G. Konsalik
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Direktoren keine feste Arbeitszeit.
    Er überflog kurz die bereits geöffnete Post, fand darunter nichts Außergewöhnliches außer einem Schreiben – anonym – mit dem Kurztext: »Das nennt Ihr ein Fernsehprogramm? Wenn Ihr ein Privatunternehmen wäret, wäret Ihr längst pleite!«, aber auch das war nicht neu und außerdem teilweise wahr.
    »Ich gehe zu Dr. Rathberg«, sagte Pelz, als er durch das Vorzimmer kam. »Sie können Gespräche hinauflegen.«
    Intendant Dr. Rathberg war allein in seinem riesigen Zimmer, stand an dem Panoramafenster und starrte auf den breiten, schmutzigen Fluß. Er sah sich halb um, als Theo Pelz eintrat, und blickte dann wieder hinaus.
    »Haben Sie schon gelesen?« fragte er. Seine Stimme vibrierte. Mein Gott, er ist ja wirklich aufgeregt, dachte Pelz.
    »Nein, Herr Intendant. Was?«
    »Die Morgenausgabe von ›Morgens‹.«
    »Die lese ich erst immer mittags«, versuchte Pelz einen Witz.
    »Ein Skandal ohnegleichen! Sogar mit Bildern! So etwas dulde ich nicht! Ich will einen sauberen Sender haben!«
    Theo Pelz sah seinen Chef irritiert an. Stand in ›Morgens‹, daß das Funkhaus nicht gut geputzt wurde? Er ging zum Schreibtisch, nahm die aufgefaltete Zeitung hoch und erstarrte.
    Karin Jarut im Handgemenge mit einer Frau auf der Straße.
    Karin auf der Flucht zu ihrem Auto.
    Ein eleganter Herr im Handgemenge mit der Frau. Drum herum viele Zuschauer.
    Und dann die Schlagzeile: ›Fernsehstar Kann Jarut auf offener Straße geohrfeigt. Eifersüchtige Ehefrau lauerte ihr auf‹.
    »Was sagen Sie nun?« fragte Intendant Dr. Rathberg vom Fenster her. Theo Pelz ließ die Zeitung auf den Tisch zurückflattern.
    »Das ist wirklich ein starkes Stück.«
    Darum also, dachte er und spürte ein Stechen in der Brust. Daher die Migräne von Karin, ihr Ausweichen, der Abschied per Telefon. Sie hat einen anderen gefunden, sichtlich einen Mann mit dicker Brieftasche. Industrieller vielleicht. Und Angst hatte sie, daß die Bilder schon früher erscheinen konnten. Da stehe ich nun, Programmdirektor und Nummer 2 des Fernsehsenders … ein gerupfter Gockel, ein gehörnter Liebhaber.
    Theo Pelz wurde rot im Gesicht und atmete tief durch. Dr. Rathberg kam vom Fenster ins Zimmer zurück.
    »Dieser Vorfall ist unerhört. Ich habe nicht die Absicht, das Ansehen des Senders dadurch beschmutzen zu lassen. Wir ziehen die Konsequenzen! Benachrichtigen Sie Frau Jarut, daß wir ihre Verträge fristlos kündigen.«
    Theo Pelz nagte an der Unterlippe und nahm sich eine Zigarette aus Rathbergs silberner Dose. »So schnell geht das nicht«, sagte er. »Karin ist seit heute morgen sechs Uhr unterwegs nach Zypern. Zwei Aufnahmeteams unter Carlos Heimann.«
    »Zurück mit ihr!« befahl Dr. Rathberg.
    »Und die Aufnahmen?«
    »Sie werden Ersatz finden, lieber Pelz.«
    »Das sagen Sie so einfach, Herr Intendant. Ich kann nicht von heute auf morgen eine Hauptrolle umbesetzen. Erstens fehlt mir der nötige Typ, zweitens haben andere Schauspieler auch Verträge und sind nicht frei, drittens muß die Rolle studiert werden, viertens kostet die Warterei auf Zypern, bis eine neue Darstellerin eintrifft, eine Riesensumme Geld, fünftens – was soll der Zuschauer denken, wenn er plötzlich in einer Sendereihe das gewohnte Gesicht nicht mehr sieht …«
    »Das überlassen Sie mir, Pelz.« Dr. Rathberg griff auch nach einer Zigarette. »Um elf Uhr habe ich eine Konferenz angesetzt. Ich werde mit dem Pressechef die nötigen Dinge besprechen und mich öffentlich von diesem Skandal distanzieren. Mein Gott, es muß doch möglich sein, eine Hauptdarstellerin aufzutreiben! Ihre Besetzungskartei wimmelt doch von hübschen Frauen!«
    »Es bleibt zu überlegen, ob wir Frau Jarut wirklich …«
    »Auf jeden Fall!« Dr. Rathberg fuhr herum. Er war ein sportlich aussehender, gepflegter Mann, fünfundfünfzig Jahre alt und doch mit der Ausstrahlung eines viel Jüngeren. Böse Zungen behaupteten, das Lesen in moralischen Büchern erhalte eben jung. Es konserviere. »Sie kennen meine Einstellung, Pelz. Das Privatleben meiner Angestellten und Künstler geht mich nichts an, solange es im Schatten der eigenen vier Wände bleibt. Ich weiß, daß Künstler keine Primelzüchter sind, aber ich weiß auch, was ich meinem Hause schuldig bin. Ich erinnere Sie an den Fall der Ansagerin Thea Burlitz. Als bekannt wurde, daß sie für einen Maler Modell zu einem Aktgemälde stand, mußte sie gehen. Von mir aus hätte sie Galerien mit Bildern füllen können …
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