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Der goldene Kuß

Der goldene Kuß

Titel: Der goldene Kuß
Autoren: Heinz G. Konsalik
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nur nicht vor der Öffentlichkeit. Wir sind eine moralische Anstalt im Schillerschen Sinne. Wir beeinflussen die Bildung von Millionen, wir haben eine Schlüsselstellung im Staate, und es ist unsere verdammte Pflicht, diese Bildung, auch wenn sie vom professoralen Vortrag bis zur leichtgeschürzten Show reicht, immer im Sinne unserer christlichen abendländischen Kultur zu halten. Ein Ehebruch, ein Skandal auf offener Straße, das geht einfach nicht! Ich wünsche, daß Karin Jarut entlassen wird, und erwarte, daß Sie schnellstens Ersatz finden. Wann sollen die Dreharbeiten auf Zypern beginnen?«
    »Nächste Woche, Herr Intendant.«
    »Das ist ja soviel Zeit!«
    »Ich würde vorschlagen, noch nichts nach Zypern zu melden, sondern die Aufnahmen lediglich abzustoppen.«
    »Und warum?«
    »Sie kennen Karin, Herr Intendant. Sie hat einen mächtigen Berg schmutziger Wäsche zu waschen.«
    »Das schadet nur ihr.«
    »Und uns auch. Karin ist seit neun Jahren beim Sender. Und sie ist kein Dummchen. Sie hat wache Augen.«
    »Das heißt, daß hier ein Sündenpfuhl ist?«
    Theo Pelz sah an ihm vorbei. O Gott, er weiß es doch selbst.
    »Ich würde sagen, das Wasser ist trübe, Herr Intendant«, sagte er poetisch. »Und auf Grund gesunkenen Schlamm soll man nicht aufwühlen …«
    »Warum nicht?« Dr. Rathberg ging um seinen Schreibtisch herum. »Es wird endlich Zeit, daß es gefiltert wird! Ich will einen sauberen Sender haben, ist das denn eine Utopie?«
    Theo Pelz kam nach einer Stunde ziemlich nachdenklich in sein Büro zurück. Eine Utopie ist es nicht, dachte er. Aber Blödsinn. Wenn er alle entlassen will, die einmal aus dem Gleis gesprungen sind, Himmel noch mal, wo will er plötzlich ein paar hundert neue Mitarbeiter herbekommen? Außerdem: Wenn Karin so ohne Vorbereitung erfährt, daß sie fristlos entlassen ist, würden bei ihr alle Hemmungen fallen. Dann rollten Köpfe im Funkhaus … der Sportreporter Lutz Hennes, Abteilungsleiter Politik I Dr. Schumacher, der Nachrichtensprecher Ewald Holzmann, Regisseur Heino Rotter, Showmaster Pit Koller … und Programmdirektor Theo Pelz. Kinder, das war nicht auszudenken. Hier half nur Fingerspitzengefühl.
    Theo Pelz drückte auf einen Klingelknopf neben seinem Tisch. Fräulein Zischke erschien mit einem Stenogrammblock.
    »Lisbeth, rufen Sie mal die Konkurrenz an«, sagte Pelz und lehnte sich in seinem Sessel zurück. »Sagen Sie, Sie seien eine treue Zuschauerin und solchen Quatsch. Und da hätten Sie gestern abend die Ansagerin des Abendprogramms gesehen und meinen nun, das könnte eine Schulfreundin von Ihnen sein. Und dann bitten Sie um die Adresse Ihrer Freundin, um ihr ein paar liebe Zeilen zu schreiben. Klar?«
    »Ja.« Lisbeth Zischke rümpfte die Nase. »Und wenn sie die Adresse nicht geben?«
    »Unmöglich. Schulfreundin zieht immer. Wir haben doch ein Herz beim Fernsehen …«
    Zehn Minuten später lag die Adresse auf Theo Pelz' Tisch.
    Vera Marfeldt. Brüsseler Straße 11. Bei Mayer. Telefon 2 15 67.
    »Sehr schön«, sagte Theo Pelz, steckte den Zettel ein und verließ das Funkhaus.
    *
    Vera Marfeldt hatte gerade Kaffee getrunken und las in ›Morgens‹ von dem Skandal des Fernsehstars Karin Jarut, als die Witwe Mayer ins Zimmer kam.
    »Da ist ein Herr«, sagte sie leise. »Ein besserer Herr. Er will Sie sprechen. Soll ich ihn hereinlassen?«
    Vera hob die Schultern. »Ich erwarte keinen Besuch. Wie heißt er denn?«
    »Pelz – sagte er. Ob das stimmt?«
    Über das Gesicht Veras zog eine leichte Röte. Sie wurde plötzlich unruhig und fuhr sich durch das aufgelöste glänzende schwarze Haar. Sie sah noch berückender als auf dem Bildschirm aus, gerade jetzt, wo ihre Augen groß vor Staunen wurden.
    »Theo Pelz?« fragte sie leise.
    »Genau.«
    »O Himmel!«
    »Wer ist das denn?«
    »Der Programmdirektor vom anderen Sender. Wenn es dieser Pelz ist …« Vera sprang auf, kämmte sich schnell durch das Haar, steckte ihre Bluse in den kurzen Rock und nickte Frau Mayer zu. Ihr Herz klopfte fast in der Kehle. »Lassen Sie ihn kommen …«
    Theo Pelz kam in das kleine möblierte Zimmer wie eine Meereswoge. Er blieb an der Tür stehen, schaute Vera bewundernd an und nickte mehrmals. »Ja, Sie sind es!« sagte er dann.
    »Wer?« fragte Vera Marfeldt zurück. Ihre Knie wurden weich. Das ist Theo Pelz. Sie erkannte ihn von Bildern wieder. Der allmächtige Programmdirektor stand in ihrer schäbigen Bude.
    »Sie haben gestern das Abendprogramm angesagt. Bei der Konkurrenz.
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