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Der goldene Kelch

Der goldene Kelch

Titel: Der goldene Kelch
Autoren: Eloise Jarvis McGraw
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sie saßen auf dem Stein, der den Eingang blockierte. Beim Anblick der nahenden Soldaten verschwanden sie und waren nicht mehr gesehen. Er vermutet, sie sind nach Theben zurückgekehrt.“
    Der Herr verbeugte sich tief, der Höfling noch tiefer und ging an seinen Platz zurück. Die Königin lächelte Ranofer zu. „Deine Freunde sind in Sicherheit. Nimm ein Geschenk für sie mit, wenn du gehst. Was machen deine Schrammen? Geht es dir besser?“
    „Ja, Große Königin!“ Aber seine Schrammen interessierten ihn nicht – Heqet und der Alte waren in Sicherheit, bald würde er sie treffen. „Hat man dir genug zu essen gegeben?“
    „O ja, Große Königin!“ Sie warteten auf ihn. Heqet würde bestimmt schon vor Aufregung platzen. Ranofer konnte es kaum erwarten, seine Freunde wieder zu sehen.
    „Dann ist man allen meinen Wünschen nachgekommen – außer einem.“ Sie hielt inne und beugte sich zu Ranofer hinunter. „Ranofer, Sohn des Thutra, du hast großen Mut bewiesen. Im Grab meiner Eltern ist alles wieder in Ordnung, das haben sie dir zu verdanken. Ich möchte dich belohnen. Was wünschst du dir am meisten auf dieser Welt? Du darfst dir wünschen, was du willst.“ Ranofer riss ungläubig die Augen auf. Er könnte sich alles wünschen, was er wollte – alles? Vor seinem inneren Auge zogen goldene Ketten und große Paläste vorüber. Aber dann verschwanden die Bilder. Er wusste, was er wollte.
    „Große Königin“, sagte er bebend, „könnte ich vielleicht einen Esel haben?“
    Die Königin hob erstaunt die Augenbrauen. „Einen Esel?“
    „Ja, Große Königin. Wenn ich einen Esel hätte, könnte ich im Sumpf Papyrus schneiden, und mit dem Esel könnte ich die Stängel zu den Seilern bringen. Die Seiler würden mir Kupfer bezahlen, und ich könnte Brot kaufen, ich könnte mir auch ein kleines Haus am Rand der Wüste bauen und ich könnte Djaus Schüler werden, dann würde ich ein großer Meister werden und ich würde reich werden und vielleicht darf ich eines Tages auch für Euch, Große Königin, Halsketten machen, und – “ Alle lachten. Aber es war kein verächtliches Lachen, es war ein vergnügtes, überraschtes Lachen. Nur die Königin lachte nicht; in ihren großen Mandelaugen glitzerten Tränen. Sie nickte dem würdevollen Herrn zu ihrer Rechten zu.
    „Fürst Merja“, sagte sie sanft, „gebt diesem Jungen den schönsten Esel von ganz Ägypten. Und bestellt Djau, dem Goldschmied, dass die erste Kette von der Hand dieses Jungen keine andere tragen darf als ich, die Königin, Teje selbst.“
    Eine halbe Stunde später lief Ranofer in neuen Sandalen aus weichem Leder – und mit Schnallen – durch die Totenstadt. Er schwamm im Glück, er achtete nicht auf die vielen Menschen, die rempelnd und schubsend im Abendrot an ihm vorübergingen. In seinem Gürtelband lagen zwei prachtvolle Ringe, besetzt mit Amuletten aus Grünstein und graviert mit dem Namen der Königin – einer für Heqet, einer für den Alten. In der Hand trug er sechs Goldschmiedehämmer von unterschiedlicher Größe und für unterschiedliche Zwecke. Neben ihm trottete ein König von einem Esel, ein prächtiges, kräftiges Tier mit langen Ohren, schön und jung. Ranofers Kopf schwirrte noch vom Lob, das er von der Königin entgegennehmen durfte, und sein Herz hüpfte vor Freude, denn er durfte morgen zu Djau gehen. Er würde sagen: „Ich habe getan, was du gesagt hast, Meister. Ich habe mein Leben geändert.“
    Er bog um eine Ecke in die Hauptstraße ein. Am Fischerkai entdeckte er zwei vertraute Gestalten. Heqet schrie auf, als er ihn sah, und rannte winkend auf ihn zu, der Alte humpelte hinterher, so schnell er konnte. Ranofer packte den Esel am Zügel und fing an zu rennen.

Ägyptische Begriffe, Orte
    und spezielle Wendungen
     
     
     
    Abydos: Älteste und heiligste Stadt Ägyptens
    Ägyptische Bohnen: Früchte der Indischen Lotospflanze (Roter Lotos)
    Ankh: Henkelkreuz, „Lebensschlüssel“
    Arbeitshaus: Wirtschaftsbetriebe des Königs
    Ba: Die vogelgleiche „menschliche“ Seele, kehrt nach dem Tod auf die Erde zurück und lebt weiter; Plural Bau
    Die Beiden Länder: Oberägypten und Unterägypten
    Deben: Gewichtseinheit für Kupfer (91g), Zahlungsmittel
    Hathor. 3. Monat in der Jahreszeit der Überschwemmung
    Haus der Ewigkeit: „Kostbare Wohnung“, Grab
    Hund und Schakal (Senet): Ein Brettspiel mit 3 x 10 Feldern, ähnlich dem heutigen Backgammon
    Jahreszeiten: Im alten Ägypten gab es drei Jahreszeiten zu 4 Monaten
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