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Der Gewinner Geht Leer Aus

Der Gewinner Geht Leer Aus

Titel: Der Gewinner Geht Leer Aus
Autoren: Richard Stark
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Also habe ich George angerufen, und George sagte mir, ich solle in den Papieren nachsehen, die ich unterschrieben hätte: Ich sei ein Angestellter . Er bot mir an, mir Kopien von allen Papieren mit meiner Unterschrift zu faxen, für den Fall, dass ich sie nicht in meinen Unterlagen hätte. Ich habe einfach aufgelegt. Ich dachte: ›Brad weiß bestimmt nichts davon – das ist etwas, das dieser Winkeladvokat George eingefädelt hat, weil er eben ein Winkeladvokat ist. Das Ganze ist typisch Winkeladvokat.‹ Also bin ich zu Brad gefahren. Da hatte er schon ein hübsches Wochenendhaus nördlich der Stadt – nördlich von New York, meine ich –, in den Shawangunks. Schöne Gegend zum Bergsteigen, das war nämlich inzwischen sein Hobby. Ich hab ihn zur Rede gestellt, obwohl ich das sonst nie tue, und er war ganz kühl und aalglatt, und natürlich waren wir beide high, weil wir immer high waren – high, aber voll funktionsfähig, du weißt schon: das kreative High –, und er hat gesagt, dass ich von Anfang an nichts weiter als sein Assistent war. Er war das Genie mit den großartigen Ideen, und ich war bloß sein Handlanger. Und dannhab ich ihm eins mit dem Laptop übergezogen, voll auf den Hinterkopf, und ihn von seiner verdammten Terrasse mit diesem wunderbaren Blick auf die Gunks geworfen und den Laptop gleich hinterher. Ich war fest entschlossen, ihn umzubringen, und dachte, es wäre mir gelungen. Danach zündete ich das Haus an, nahm mir seinen Porsche, fälschte seine Unterschrift unter ein paar Schecks und versuchte, mir Zugang zum Firmenkonto zu verschaffen, um mir alles unter den Nagel zu reißen, und dabei haben sie mich dann geschnappt.«
    »Du hast eine ganz schön breite Spur hinterlassen«, bemerkte Parker.
    »Das kann man wohl sagen«, pflichtete Lloyd ihm bei.
    »Wie lange hast du gesessen?«
    »Sechs Jahre, vier Monate und neun Tage.«
    »Eigentlich nicht besonders lange.«
    »Nein, aber da hat sich dann herausgestellt, dass ich vielleicht doch nicht so blöd war«, sagte Lloyd. »Ein paar Dinge wendeten sich zum Guten für mich. Zum Beispiel, dass Brad dann doch nicht gestorben ist, was ich anfangs wirklich verdammt schade fand, bis ich merkte, dass es für mich ein Segen war.«
    »Weil sie dich nicht wegen Totschlag drangekriegt haben.«
    »Nein, weil ich ihn schön in die Scheiße reiten konnte.« Lloyd lachte auf – ein kurzes, hartes Geräusch – und sagte: »Dadurch, dass ich hingegangen war und alles durcheinandergebracht hatte, war die Firma ein einziges Chaos. Das FBI schaltete sich ein und nahm alles unter die Lupe, und dabei stellte sich heraus, dass ich nicht der einzige gewesen war, den Brad beschissen hatte. Er hatte es nicht mal wegen des Geldes getan, davon hatte er ja schon mehr als genug.Nein, er hatte es getan, um zu beweisen, dass er schlauer war als alle anderen. Und er meinte wirklich alle, einschließlich der Regierung. Er hatte Geld aus der Firma abgezweigt, um Unternehmenssteuern zu sparen, er hatte bei der Einkommensteuererklärung betrogen, und so weiter. Letzten Endes war Brad vielleicht tatsächlich das Genie und ich bloß der … Er war die Grille und ich die Ameise, aber sobald es um Spieltheorie ging, hatte ich die Nase vorn.«
    Es trat ein weiteres kurzes Schweigen ein. Wieder wartete Parker einfach ab, und diesmal klang Lloyd trotzig und verlegen, als er fortfuhr: »Wer zuerst den Mund aufmacht, gewinnt.«
    »Du hast dich als Kronzeuge zur Verfügung gestellt.«
    »Ich habe für einen Strafnachlass meinen besten Freund Brad ans Messer geliefert.« Lloyd kicherte – es klang seltsam. »Er wird erst in ein paar Jahren rauskommen.«
    »Okay«, sagte Parker.
    Wieder herrschte Schweigen in dem langsam dahinfahrenden Cherokee. Parker hatte genug gehört und fand, es gebe nichts mehr zu sagen, doch wenig später fragte Lloyd: »Macht dir das Sorgen?«
    »Macht mir was Sorgen?«
    »Dass ich Brad verraten habe.«
    »Du hast getan, was du tun musstest.«
    »Ich will bloß nicht, dass du denkst, äh …«
    »Mach dir darüber keine Gedanken«, sagte Parker.
    »Gut.«
    »Bei mir«, sagte Parker, »wirst du nicht in diese Verlegenheit kommen.«
     
    Parker bemerkte, dass es zu ihrer Rechten nach und nach heller wurde. Es war ein trübes, rosiggraues, diffuses Licht wie von einer falschen Morgendämmerung, nur enger umgrenzt. Lloyd sagte: »Ist das jetzt –«
    »Vielleicht sind wir bald da«, sagte Parker, und vorn, auf dem Fahrersitz, rief Wiss: »Verdammt! Endlich!« Er ließ
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