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Der Gerechte

Der Gerechte

Titel: Der Gerechte
Autoren: Jason Dark
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können.
    Das Knarren und Ächzen blieb. Wieder lösten sich Teile von den Flügeln der Mühle.
    Sie kamen wie breite, dunkle Steine.
    Wir mußten immer wieder die Köpfe einziehen und in Deckung gehen. Die Windmühlenhaube in der Mitte knarrte und ächzte. Sie schrie mal dumpf auf, als wäre sie gequält worden, dann knarrte sie nur mehr wie ein Ungeheuer mit seinem Gebiß, das er aufeinander gepreßt hielt.
    HUSCH! HUSCH! HUSCH!
    Immer schneller drehte sich das Rad. Die Flügel zerschnitten dabei die eiskalte Luft wie mächtige Sensen, die von knöchernen Händen gehalten wurden und darauf lauerten, uns zu köpfen.
    Es war nicht einfach für uns, an den Flügeln vorbeizuhuschen und auf den Eingang zuzugehen.
    Noch immer lösten sich Teile von den Flügeln. Da die Geschwindigkeit höher war, flogen diese Teile auch weiter. Wir hörten sie hinter uns aufschlagen und zerbrechen.
    HUSCH – HUSCH!
    Sie glitten vorbei. Sie peitschten den eisigen Wind gegen unsere Gesichter. Wir duckten uns, wir zogen uns zurück, weil noch immer die Gefahr bestand, von den Trümmern getroffen zu werden. Suko hatte sich von Janet und mir gelöst. Er stand geduckt und starrte gegen den Eingang der Mühle.
    »Ich laufe vor!«
    »Okay!«
    Janet spürte die Furcht noch stärker, als wir unser Unbehagen. Sie hielt meine Hand umklammert, und trotz der Stütze merkte ich, wie sie stark zitterte.
    »Wenn uns ein Flügel erwischt, sind wir tot. Der schafft es sogar, uns zu köpfen.«
    Ich widersprach nicht und beobachtete mit Sorge, wie sich die Flügel immer schneller drehten. Um von dieser Seite aus an den Eingang zu gelangen, hätten wir uns auf den Boden legen und unter den Flügeln hinwegkriechen müssen.
    Es war zu unbequem, so daß ich mehr zu einer anderen Möglichkeit hintendierte. Es war besser, wenn wir die Flügel umgingen und uns hinter ihnen unserem Ziel näherten.
    Der Meinung war auch Suko, denn er sah ebenfalls keine Chance mehr, normal in die Mühle zu gelangen.
    Doch es kam anders.
    Noch immer wischten die gefährlichen Sensen an uns vorbei, aber nicht mehr in dieser Schnelligkeit.
    »Die hören auf!« keuchte Janet.
    Wir beobachteten gebannt das sich langsamer drehende Gebilde. Knarren und Ächzen im alten Holz. Manchmal klapperte eine Sprosse, dann hörten wir ein Geräusch, als würde jemand seinen Atem aus einem Riesenmaul ausstoßen, und wenig später drehten die vier Flügel die letzte Runde vor uns.
    Dann standen sie still.
    Wir schauten hoch zu dem Kreuz.
    Es hatte dieselbe Lage eingenommen wie vor der Bewegung. Einige Splitter lösten sich noch und prallten in unserer Nähe auf. Ich blickte hoch zum Fenster.
    Bewegte sich dort etwas? War ein Schatten vorbeigeglitten? Mit Bestimmtheit konnte ich es nicht sagen, und hinter den anderen Fenstern und Öffnungen, die wesentlich kleiner waren, lauerte die tintige Finsternis.
    Jetzt sah ich auch, wie grau das Gestein war. Wo die einzelnen Blöcke nicht mehr so dicht zusammenlagen, hatte es Unkraut geschafft, aus den Ritzen zu wachsen. Auf feuchtem Moos glitzerte Eis wie dünner Speichel.
    »Raniel ist da!« sagte Janet. Sie starrte gebannt auf die Mühle, als sähe sie das Bauwerk zum erstenmal. »Ich spüre einfach, daß er da ist. Er hat sich mit uns einen Spaß erlaubt.« Sie lachte, obwohl ihr danach nicht zumute sein konnte.
    Suko ging bereits vor.
    Ich hielt Janet noch immer fest. Mit der Schulter streifte ich einen Mühlenflügel, der kaum Widerstand bot und mir weich wie ein Schwamm vorkam.
    Janet begann damit, mir zu erklären, wie es im Innern des Gebäudes aussah. Wahrscheinlich wollte sie sich auch nur von ihren eigenen Gedanken ablenken. »Die Treppe beginnt unten. Sie ist noch ziemlich stabil. Raniel hat sie ausbessern lassen. Da müssen wir hoch und gelangen dann in die erste Etage.«
    »Gut.«
    Am Eingang wartete Suko. Er hatte die Tür noch nicht aufgestoßen. Dafür leuchtete er sie mit seiner Lampe an, deren Schein er durch seine Hand filterte, weil er nicht zu hell strahlen sollte. Die Tür war ebenfalls renoviert worden. Die Klinke schimmerte matt. Sie fühlte sich so kalt an wie ein Stück Eis.
    »Okay?« fragte Suko.
    Ich nickte.
    Janet drückte meine Hand fester. »Ich hoffe, wir schaffen es. Ich hoffe es wirklich.«
    »Keine Angst…« Suko stemmte die Tür nach innen. Die leisen Geräusche gefielen mir nicht, wahrscheinlich drangen sie bis in die obere Etage der Mühle hinein, wo sie sehr gut gehört werden konnten. Wir zogen die Köpfe ein und
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