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Der Genitiv ist dem Streber sein Sex • und andere Erkenntnisse aus meinem Leben 2.0

Der Genitiv ist dem Streber sein Sex • und andere Erkenntnisse aus meinem Leben 2.0

Titel: Der Genitiv ist dem Streber sein Sex • und andere Erkenntnisse aus meinem Leben 2.0
Autoren: Markus Barth
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zeigte, dass sich in der Schaumstoff-Fütterung der Couch schon eine kleine Kuhle gebildet hatte, in die genau mein Hintern passte, fand Stefan, es wäre an der Zeit, das Ding endlich zu kaufen. Ich stimmte ihm zu, schaute aber nochmals mit sorgenvoller Miene auf das Preisschild. Und dann sagte ich zum ersten Mal in meinem Leben diesen folgenschweren Satz: «Jetzt wird gefeilscht!»
     
    Stefan findet Feilscherei noch peinlicher als ich, aber da mussten wir jetzt beide durch. Ich suchte mir also den Verkäufer aus, bei dem ich mir die besten Chancen ausrechnete. Meine Wahl fiel auf ein schmal gebautes Bübchen mit Seitenscheitel und Augenbrauenpiercing, das gerade Bastkörbe sortierte.
    «Entschuldigung?»
    Er schaute mich an, als wäre das Wort «blasiert» extra für ihn erfunden worden: «M-hm?»
    «Hören Sie mal», sagte ich, «die Couch da, die interessiert mich sehr.»
    «M-hm», näselte er nochmals.
    Dann setzte ich mein jovialstes Düsseldorfer Bauunternehmer-Grinsen auf und sagte: «Da lässt sich doch bestimmt noch was am Preis machen …»
    Das Bübchen schaute erst mich an, dann meinen Freund und dann die Couch. Und dann sagte er: «Nein.»
    Er lächelte, und ich hörte, wie Stefan ihm hinter meinem Rücken zuflüsterte: «Ich gehör nicht dazu!», und sich wegdrehte.
    Ich geriet völlig aus dem Konzept. Aus meinem Düsseldorfer Bauunternehmer wurde ein Kölner U-Bahn-Bauer, den man gerade mit 50 Eisenbügeln in der Tasche erwischt hat. Ich suchte krampfhaft nach einer souveränen Erwiderung. Aber das Einzige, was mir einfiel, war ein langgezogenes und viel zu hohes: «Doch!» Im Nachhinein bin ich sehr froh, dass ich nicht noch mit dem Fuß aufgestampft habe.
    Der Verkäufer blickte noch einmal auf, sein Piercing rutschte samt Augenbraue einen Zentimeter nach oben, dann schüttelte er kaum merklich den Kopf: «Nein.» Er widmete sich wieder seinen Bastkörben.
    Ich schaute hilfesuchend zu Stefan, der sich beschämt einen Kaffeeteller vors Gesicht hielt.
    Mir blieb nichts anderes übrig, als den Satz zu sagen, für den ich schon oft andere Kunden aus dem Geschäft hätte prügeln können: «Da würde ich gerne mal mit Ihrem Chef sprechen!»
    Das blasierte Bübchen schien davon überhaupt nicht beeindruckt und zuckte die Schultern: «Okay.»
    Er stakste davon. Hoffnungsvoll drehte ich mich zu Stefan, hob einen Daumen und flüsterte: «Läuft!» Stefan schüttelte den Kopf und versteckte sich dann, so gut es ging, unter dem Lampenschirm «Grande».
    Als der Verkäufer schließlich mit dem Chef zurückkam, sagte ich nochmals mein Sprüchlein. Dann sagte der Chef sein Sprüchlein. Es war ein sehr kurzes Sprüchlein: «Nein!»
    «Jetzt kauf sie doch einfach!», hörte ich den Lampenschirm «Grande» wimmern.
    Aber jetzt konnte ich nicht mehr. Ein letztes Mal bäumte ich mich auf, steckte meine Daumen in den Gürtel, schaute die beiden Rabatt-Verweigerer entschlossen an und schmetterte: «Wenn das so ist, dann gehen wir jetzt!»
    Und da endlich hatte ich das Gefühl, dass sich etwas bewegte. Für einen kurzen Moment konnte ich sehen, wie den Verkäufer und seinen Chef ein Ruck durchfuhr. Sie schauten sich an. Dann schauten sie mich an. Und dann sagten sie beide …: «Wiedersehen!»
    Ich habe Stefan unter dem Lampenschirm hervorgezogen und mit wehenden Fahnen den Laden verlassen. Nicht ohne vorher zu schwören, dass ich nie mehr bei Habitat einkaufen werde.
     
    Das war Samstag. Am Montag drauf setzte ich mir eine Baseballkappe und eine dunkle Sonnenbrille auf, schlich durch den Hintereingang in den Laden, krallte mir einen anderen Verkäufer und kaufte die Couch.
     
    Die Demütigung war perfekt. Man hätte es einfach dabei belassen können. Aber Habitat war anderer Meinung. Am Dienstag bekam ich eine Postwurfsendung. Der Text: «Habitat räumt das Lager: 20 Prozent auf alles!»

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EINE WEIHNACHTS - GESCHICHTE
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    München/Songyuan. Die Globalisierung ist in den deutschen Haushalten angekommen. Neuester Trend: Viele lassen ihr Weihnachtsfest von Familien in Billiglohnländern feiern. Eine Idee mit
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