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Der Genitiv ist dem Streber sein Sex • und andere Erkenntnisse aus meinem Leben 2.0

Der Genitiv ist dem Streber sein Sex • und andere Erkenntnisse aus meinem Leben 2.0

Titel: Der Genitiv ist dem Streber sein Sex • und andere Erkenntnisse aus meinem Leben 2.0
Autoren: Markus Barth
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Hoch, runter, hoch, runter. Kein Wunder, dass Menschen, die an Geräten trainieren, immer gucken wie Kirmes-Ponys, die seit acht Stunden schreiende Kinder im Kreis herumtragen.
Fitness-Kurse sind zwar abwechslungsreicher als das Training an den Maschinen, stellen die eigene Würde aber auf eine harte Probe. Wer schon mal mit einer Langhantel auf den Schultern in einem Body-Pump-Kurs stand, zu DJ BoBos Begleitmusik Kniebeugen gemacht hat und sich dabei leise singen hörte: «We can make it a better place, if we praaaaayyyyy for freedom!», der weiß, was ich meine.
Die peinlichsten Übungen müssen immer alle sehen können. Deswegen wurden in meinem Fitness-Studio die
Problemzonen-Stepper
direkt vor eine riesige Fensterfront gestellt. Von der vierspurigen Straße und der Stadtbahn-Haltestelle davor hat man jetzt rund um die Uhr einen unverstellten Blick auf mindestens fünf ausgestreckte Problemzonen-Hintern, die rhythmisch von links nach rechts wobbeln.
Pissoirs, in denen mittig kleine Kerzen eingraviert sind, damit niemand danebenpinkelt, sieht man mittlerweile überall. Aber nur in meinem Fitness-Studio habe ich Männer gesehen, die an diesen Pissoirs stehen, angestrengt auf die Kerze pinkeln und dabei murmeln: «Geh aus, du Sau!»
    Die fünfte Lektion lernte ich erst nach dem Rundgang. Als mein Trainer nämlich sagte: «Und, noch Fragen?», antwortete ich: «Japp. Wann genau kann ich den Vertrag eigentlich wieder auflösen?»
    Er lachte, seine gutgelaunten Brustmuskeln hüpften nochmal auf und ab wie zwei Kinder auf einem Garten-Trampolin, und dann ließ er mich stehen. Dabei war es mir vollkommen ernst; ich wollte sofort wieder raus.
    Aber das war eben Lektion Nummer fünf: Fitness-Verträge sind unkündbar. Wer jemals versucht hat, eine Studio-Mitgliedschaft wieder aufzulösen, weiß, wie Faust sich gefühlt haben muss, als er sich das mit dem Seele-Verkaufen nochmal anders überlegt hat. Urplötzlich tauchen Verlängerungs-Klauseln auf, die man überlesen hat und die einen zu Beitragszahlungen weit über das eigene Ableben hinaus verpflichten. Und wenn man sich mit allem abgefunden hat, holt der Studio-Betreiber noch ein Bügeleisen hervor, geht damit über den Vertrag und sagt: «Moment! Warten Sie erst mal ab, was ich hier in meiner geheimen Zitronensaft-Schrift hingeschrieben habe!»
     
    Und so bin ich seit diesem lehrreichen Tag vor vier Jahren Mitglied im Fitness-Studio. Und das, ohne da je hinzugehen. Ich sehe mich eher als Fördermitglied: Ich greife nicht aktiv ins Geschehen ein, beobachte aber die Entwicklung des Studios wohlwollend und freue mich, dass durch meine regelmäßig gezahlten Beiträge die tapferen Kirmes-Ponys immer an den neuesten Geräten trainieren und dabei die neueste DJ -BoBo- CD hören können. Angeblich sind in den Pissoirs mittlerweile keine Kerzen mehr, sondern kleine Tore, an deren oberer Latte ein Ball baumelt, den man in das Tor pinkeln kann. Da war mein Geld doch gut angelegt.
    Besonders «healthy» fühl ich mich dadurch natürlich nicht. Aber wahnsinnig «good»!

[zur Inhaltsübersicht]
TOT , ABER GLÜCKLICH
    «War das Lamm denn glücklich?», fragt mich mein Freund Sebastian, und mir wird mal wieder bewusst, dass Grillen eine echt knifflige Angelegenheit geworden ist.
    Ich habe ihm gerade ein Lammkotelett auf den Teller gelegt, astreines Fleisch, mit Kräutern und Olivenöl mariniert und rosa gebraten. Trotzdem schaut er es an, als wär’s ein Affenhirn zum Auslöffeln.
    «Wie meinst du das?», frage ich ihn.
    «Ich versuche, nur Fleisch von glücklichen Tieren zu essen. Ohne Käfighaltung, Tiertransporte und so. Also: War das Lamm glücklich?»
    «Ähm, ich weiß es ehrlich gesagt nicht», antworte ich wahrheitsgemäß. «Das Lamm und ich, wir kennen uns noch nicht so lange. Ich habe es quasi erst in Kotelettform kennengelernt.»
    Sebastian schaut kritisch, sagt dann aber: «Na ja, du hast ja gesagt, es ist vom Biomarkt. Dann sollte es eigentlich glücklich gewesen sein.»
    Er nimmt sein Messer, und ich stimme ihm erleichtert zu: «Genau.» Dann, etwas leiser: «Also zumindest, bis die Sache mit der Schlachtung kam. Da war’s vermutlich vorbei mit der guten Laune.»
    Ich bereue meinen Satz sofort, denn Sebastian legt das Messer wieder weg: «Hast du den Verkäufer gefragt, wie es aufgewachsen ist?»
    «Was soll ich ihn denn fragen?», sage ich, mittlerweile etwas gereizt. «‹Hören Sie mal, das Lamm da, war das ein fröhliches Tier, oder ist es eher so auf der Weide
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