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Der Genitiv ist dem Streber sein Sex • und andere Erkenntnisse aus meinem Leben 2.0

Der Genitiv ist dem Streber sein Sex • und andere Erkenntnisse aus meinem Leben 2.0

Titel: Der Genitiv ist dem Streber sein Sex • und andere Erkenntnisse aus meinem Leben 2.0
Autoren: Markus Barth
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trinken gehen wollen.
    «Bist du nicht krank?», fragte ich ihn.
    «Ja, aber Swetlana ist da, und du kennst sie ja. Sie kann es nicht leiden, wenn ich hier im Weg rumliege, während sie wischt.»
    So richtig sicher, dass eine Putzfrau nichts für mich ist, war ich mir aber erst, als Mike wenig später in der Kneipe eine SMS von Swetlana bekam, mit dem Wortlaut: «Muss jetzt weg. Sehr stark Monatsblutung!»
     
    Aber dann kam alles anders. Denn genau wie in «Avatar» habe ich mir meinen ersten Putz-Ikran nicht ausgesucht, sondern er hat mich erwählt. Irgendwann stand Britta vor meiner Tür und erzählte mir, sie sei die Putzfrau meines Nachbarn, habe sich aber gerade mit ihm gestritten und suche jetzt einen neuen Job. Ob ich denn nicht eine Putzhilfe bräuchte. Da mein damaliger Nachbar ein extrem unsympathischer, an die Wände klopfender Mülltonnen-Durchsucher war, stellte ich sie sofort ein. Das sollte ich bald bereuen.
    Britta war um die fünfzig und hatte streng nach hinten gekämmte graue Haare, die sich in einem streng zurechtgezurrten Pferdeschwanz vereinten. An Britta war alles streng, vor allem ihr Blick, mit dem sie sofort meine Wohnung scannte wie eine Gefängnis-Aufseherin, die nach einem Joint sucht. Sie stieß ein paar «Uiui», «Na ja» und «Puh» aus, zog dann gelbe Gummihandschuhe aus ihrer Tasche, streifte sie schnalzend über und verkündete, sie werde jetzt mit der
Grundreinigung
beginnen. Dann schaute sie mich auffordernd an. Erst als sie in Richtung Tür nickte, verstand ich, was sie wollte, und verabredete mich mit Mike. Vier Stunden später erhielt ich von ihr die SMS : «Kannst wiederkommen. ABER SCHUHE AUS !»
    Als ich nach Hause kam, blieb mir die Spucke weg. Diese Sauberkeit! Dieser leichte Zitrusduft in der ganzen Wohnung! In Gedanken klammerte ich mich wie ein Na’vi an Brittas strengen Hals und beschloss, sie nie wieder loszulassen.
    Bis dann eines Tages meine Reiniger aufgebraucht waren. Britta hatte die leeren Flaschen in den Mülleimer gestopft und mir auf einem Zettel klargemacht, dass sie nicht länger bereit sei, sich mit Ökoreinigern auf Basis biologisch abbaubarer Tenside herumzuplacken. Sie formulierte es allerdings ein bisschen prägnanter: «Mit schwuler Scheiße kannst du selber putzen!» Auf demselben Zettel kündigte sie an, ab sofort ein um 20 Prozent erhöhtes Gehalt zu erwarten und die Reinigungsmittel in Zukunft selbst zu besorgen. Ich weiß nicht genau, womit sie dann geputzt hat, aber ich weiß, dass ich beim Betreten der Wohnung meine Lungenbläschen explodieren hörte. Außerdem hätte ich schwören können, dass mein Laminat früher dunkelbraun war und nicht schwefelgelb.
    Mir war klar, dass ich diesen Ikran nie zähmen würde, und ich ließ Britta deshalb fliegen.
     
    Allerdings hatte ich mittlerweile die Sauberkeit für mich entdeckt und wollte nicht mehr auf eine Putzfrau verzichten. Ich schaltete deshalb eine Anzeige: «Suche entspannte Putzfrau, die’s auch ohne Salpetersäure macht.»
    So bekam ich Dolores. Die war Spanierin, bildhübsch und entspannt. SEHR entspannt. Es gab nur ein Problem: Sie war keine Putzfrau. Ich habe mal gehört, dass es in der Münchner Frauenkirche einen «Teufelstritt» gibt. So nennen sie eine bestimmte Stelle, von der aus man kein einziges Fenster sehen kann. In meiner Wohnung gab es zu dieser Zeit einen «Dolores-Tritt», der sehr nah bei der Eingangstür lag und von dem aus man keinen Schmutz in der Wohnung sehen konnte. Aber eben nur da.
    Da ich Dolores stundenweise bezahlte, verbrachte sie die Zeit, die sie beim Putzen eingespart hatte, mit ihrer Lieblingsbeschäftigung: nach Größe sortieren und stapeln. Dolores hat alles nach Größe sortiert und gestapelt, was man stapeln konnte: Bücher, Elektrogeräte, Obst – alles. Manchmal entstanden dadurch echte Kunstwerke, die ich dann fotografiert habe. Stolz meiner Sammlung ist der 2003er-Sofakissen-Turm, auf dessen Spitze Dolores die ebenfalls nach Größe sortierten Fernbedienungen drapiert hat, abgerundet mit einer in der Sofaritze gefundenen Erdnuss.
    Allein für diese Installation hätte ich Dolores ewig weiterengagiert. Aber dann kam der Januar 2005. Ich hatte gerade meine Steuerunterlagen für das Vorjahr sortiert, sämtliche Rechnungen, Taxiquittungen und Kassenbelege in tagelanger Fissel-Arbeit hinter Kontoauszüge geordnet auf meinem Schreibtisch ausgebreitet. Dann ging ich weg, um mir einen Umschlag zu kaufen. In der Zwischenzeit kam Dolores. Danach habe ich
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