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Der General von Dorsai

Der General von Dorsai

Titel: Der General von Dorsai
Autoren: Gordon R. Dickson
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unglücklicherweise begegnen mußte.“ Er schob den Umschlag in seine Tasche. „Ich nehme das Dokument in Verwahrung.“
    „Ja?“ Ihr Gesicht erstrahlte. Einen Augenblick später verzerrte es sich zu einer wütenden Grimasse. „Oh, ich hasse Sie!“ schrie sie. „Ich verabscheue Sie!“
    „Das werden Sie“, sagte er. „Wenn Sie lange genug am Leben bleiben.“ Er wandte sich um und stieß die Tür auf, durch die er vor ein paar Minuten hereingekommen war.
    „So warten Sie doch …“, erklang ihre Stimme hinter ihm. „Wo kann ich Sie treffen, nachdem Sie das Dokument beseitigt haben? Wieviel muß ich Ihnen dafür bezahlen …?“
    Er warf die Tür hinter sich zu. Das saugende Geräusch, mit dem sie sich schloß, war der Schlußpunkt ihrer Frage – und seine Antwort darauf.
     
    Durch die Sektion, die er gerade in der anderen Richtung durchquert hatte, kehrte er zu seiner Kabine zurück. Als er dort angekommen war und die Tür hinter sich verriegelt hatte, studierte er den Inhalt des Umschlags genauer. Es war nicht mehr und nicht weniger als ein Fünfjahres-Arbeitsvertrag – ein Sozialkontrakt, der sie zu Diensten als Gesellschafterin in der Begleitung von Fürst William verpflichtete, dem Vorsitzenden der Handelskammer des rein kommerziell orientierten Planeten Ceta, der einzigen besiedelten Welt im Tau-Ceti-System. Und es war ein sehr liberaler Sozialkontrakt. Er verpflichtete sie nur dazu, William auf allen seinen Reisen zu begleiten und die von ihm geforderten öffentlichen und sozialen Repräsentationspflichten wahrzunehmen. Es war nicht die Liberalität des Vertrages, die Donal so sehr überraschte – man konnte eine Auserlesene von Kultis kaum dazu verpflichten, andere als höchst moralische und ethische Dienste zu leisten, die zudem noch Feingefühl erforderten –, sondern die Tatsache, daß sie ihn gebeten hatte, ihn zu vernichten. Daß sie den Kontrakt ihrem Arbeitgeber gestohlen hatte, war schon schlimm genug, und Vertragsbruch war weitaus übler – so etwas zog eine ganze Skala an sozialen und monetären Schadenersatzforderungen nach sich. Die Vernichtung eines Kontraktes aber führte überall dort, wo eine ordnungsgemäße Regierung im Amt war, zur Todesstrafe. Die junge Frau, dachte Donal, muß völlig verrückt sein.
    Aber – und hier deutete der zarte Finger der Ironie auf den zentralen Punkt – eine Auserlesene von Kultis konnte nicht verrückt sein. Es war genauso unmöglich wie die Verwandlung eines Affen in einen Elefanten. Ganz im Gegenteil: Sie entstammte einer Ahnenreihe von Vorfahren, die höchst sorgfältig ausgewählt worden waren – und das auf einem Planeten, wo genaue genetische Auswahl und die Zauberei psychologischer Beeinflussungstechniken alltägliches Handwerkszeug waren. Daher mußte sie völlig bei Verstand sein – einem sehr intelligenten Verstand noch dazu. Sicher, bei ihrer ersten Begegnung hatte Donal den Eindruck gewonnen, daß sie nur in einem Punkt von der Norm des Üblichen abwich –  indem sie eine selbstmörderische Dummheit an den Tag gelegt hatte. Doch man konnte ihrer Abstammungslinie eher vertrauen als diesem einen Verhaltensmuster. Und diese Abstammungslinie war so beschaffen, daß man nur zu einem Schluß kommen konnte: Wenn an dieser Sache irgend etwas dumm und töricht gewesen war, dann war es die Situation selbst und nicht die junge Frau.
    Nachdenklich betrachtete Donal den Kontrakt in seiner Hand. Anea hatte sicher nicht die geringste Vorstellung gehabt, was sie eigentlich verlangte, als sie die so gefährliche Bitte an ihn richtete, den Vertrag zu vernichten. Das eine Blatt, das er nun in Händen hielt, selbst die Worte des Textes und die Unterschriften … das alles waren integrale Bestandteile eines einzelnen Riesenmoleküls, das als solches so gut wie unzerstörbar war. Und man konnte auch nicht die schriftlich niedergelegten Vertragsinhalte verändern oder fälschen, ohne das Blatt selbst dabei erheblich zu beschädigen. Und gerade was die Vernichtung anging: Donal war ziemlich sicher, daß sich an Bord dieses Schiffes nichts befand, mit dem man dieses Blatt verbrennen, zerreißen, auflösen oder in irgendeiner anderen Weise beseitigen konnte. Und wer immer dieses Dokument außer Fürst William, dem rechtmäßigen Besitzer, in der Tasche trug – es war genauso wie ein rechtsgültiges Verurteilungszertifikat.
    Ein sanftes Glockenspiel entfaltete seine zarte Melodie in der Kabine und kündigte an, daß im Hauptsalon eine Mahlzeit
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