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Der General von Dorsai

Der General von Dorsai

Titel: Der General von Dorsai
Autoren: Gordon R. Dickson
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erwachsen.
    Er trat durch die Tür seiner Kabine, ließ sie hinter sich leise ins Schloß fallen und wandte sich nach rechts. Der Korridor mit den metallenen Wänden war recht schmal, und in der Luft lag der schwache und schale Geruch von dem Staub, der sich im Teppich auf dem Boden festgesetzt hatte. Stille umgab ihn, als er in Richtung Hauptsalon schritt. Er schob sich an einem schweren Hermetikschott vorbei und gelangte so in den Gang zur nächsten Sektion.
    Dann erreichte er den Punkt, wo ein kleiner Seitengang den Hauptkorridor kreuzte und rechts und links zu den Toiletten der vorausliegenden Sektion führte – und hier wäre er beinahe mit einem schlanken und hochgewachsenen Mädchen zusammengestoßen. Es trug ein fußlanges, blaues Gewand von schlichtem, konservativem Schnitt und stand am Trinkwasserspender am Rande der Kreuzung. Es wich ihm aus und zog sich hastig und ein wenig unsicher in den Gang zurück, der zu den Damentoiletten führte. Einen Augenblick lang starrten sie sich wie abwartend an.
    „Verzeihen Sie“, sagte Donal und ging zwei Schritte weiter. Doch als er zum dritten Schritt ansetzte, ließ ihn ein plötzlicher und abrupter Impuls innehalten. Er drehte sich auf dem Absatz um und kehrte zurück.
    „Wenn Sie erlauben …“, sagte er.
    „Oh, entschuldigen Sie.“ Erneut trat sie von dem Wasserspender zurück. Er beugte sich vor und trank. Und als er sich vor dem Spender wieder aufrichtete und den Kopf hob, sah er sie noch einmal direkt an und begriff, warum er umgekehrt war. Das Mädchen hatte Angst. Und die Wellen des sonderbaren und finsteren Ozeans am Grunde seiner Andersartigkeit waren in Bewegung gekommen in den Böen der so deutlich zu erkennenden Furcht.
    Er sah die junge Frau nun klar und deutlich und ganz nah vor sich. Sie war älter, als er zunächst angenommen hatte – zumindest Anfang Zwanzig. Aber da war ganz offensichtlich etwas Unreifes an ihr: ein Hinweis darauf, daß sich ihre volle Schönheit erst später entfalten mochte, viel später als die Reize gewöhnlicher Frauen. Noch war sie nicht im eigentlichen Sinne schön, sondern nur hübsch, in gewisser Weise. Sie hatte hellbraunes Haar, das an einigen Stellen in einen kastanienfarbenen Ton überging. Ihre Augen waren groß und von einem so intensiven Grün, daß sie beinahe das Braun ihrer Haare überstrahlten, als sie Donals ganze Aufmerksamkeit auf sich konzentriert sah und die Lider furchtsam hob. Ihre Nase war schmal und gerade, ihr Mund ein wenig zu breit, ihr Kinn spitz. Ihr ganzes Gesicht war so perfekt symmetrisch – die linke Hälfte ein Spiegelbild der rechten –, daß es ähnlich unnatürlich wie die marmorne Schöpfung eines Bildhauers wirkte.
    „Ja?“ fragte sie ein wenig außer Atem – und er bemerkte plötzlich, daß sie vor ihm und seinem durchdringenden Blick zurückwich.
    Er betrachtete sie mit gerunzelter Stirn. Geistig extrapolierte er die Situation bereits, und als er die junge Frau ansprach, hatte in seiner Gedankenwelt bereits ein Gespräch stattgefunden, so daß seine Bemerkung keine Einleitung, sondern eine Weiterführung war.
    „Erzählen Sie mir davon“, sagte Donal.
    „Ihnen?“ gab sie zurück. Ihre Hand fuhr unsicher an den Hals über dem hohen Kragen des Gewandes. Doch bevor er erneut sprechen konnte, kam ihre Hand wieder herunter, und ein Teil der Anspannung glitt von ihr ab. „Ach“, sagte sie. „Ich verstehe.“
    „Sie verstehen was?“ fragte Donal ein wenig scharf. Unwillkürlich verfiel er in den Ton, den er in jenen letzten Jahren gegenüber einem Juniorkadetten benutzt hatte, der Probleme hatte, aber nicht damit heraus wollte. „Sie müssen mir Ihre Schwierigkeiten schon schildern, wenn ich Ihnen irgendwie behilflich sein soll.“
    „Ihnen … schildern …?“ Sie blickte sich verzweifelt um. „Woher soll ich wissen, ob Sie das sind, was Sie behaupten?“
    Donals Gedanken rasten noch immer voraus und extrapolierten aus Worten ein langes Gespräch, aus Zügen und Gesten eine zukünftige Situationsstruktur. Doch jetzt senkte er zum erstenmal die Drehzahl seiner mentalen Verarbeitungsmaschine, und als er sich wieder auf das Unmittelbare konzentrierte, fiel ihm auf, daß sie ihn vielleicht mißverstanden hatte.
    „Ich habe nicht behauptet, etwas Bestimmtes zu sein“, antwortete er. „Und das bin ich in der Tat auch nicht. Ich bin hier nur zufällig vorbeigekommen und habe gesehen, daß Sie über irgend etwas beunruhigt waren. Ich bot Ihnen Hilfe an.“
    „Hilfe?“
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