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Der Geist des großen Büffel

Der Geist des großen Büffel

Titel: Der Geist des großen Büffel
Autoren: Max Kruse
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Federbett. „So ungefähr dürfte sich ein Schnitzel
auf der Gabel fühlen“, meinte sie zu uns gewendet, ehe das Krokodil die Kiefer
zuschnappen ließ.
    „Ich
hatte mal ein Bilderbuch“, sagte Cookie, „da war ein Huhn abgebildet, wie es im
Maul eines Fuchses hing, ganz schlapp, rechts der Kopf, links das Hinterteil.
Ich fühle mich daran erinnert! Arme Mylady ! Aber wo
sind ihre Beine?“ Das Krokodil empfand seine Mahlzeit irgendwie als ungewohnt.
Es blieb erstarrt liegen. Es hatte festes, bluttriefendes Fleisch erwartet...
    Tante Turkie verdrehte ihren heraushängenden Hals. „Paßt
auf“, rief sie, „ich krabbele mit meinen Krallen in seinem Gaumen herum, oben
und unten. Und jetzt picke ich es in die Nasenlöcher.“
    Ich
stellte mir ungefähr vor, was für Empfindungen das Krokodil hierbei hatte.
Steif lag es da, ließ aber seine Beute nicht los. Da verkündete meine liebe
Tante: „Und nun kommt die Hauptsache!“ Sie streckte sich ganz lang, schloß die
Augen, konzentrierte sich... und sprühte Funken, glühte von innen heraus,
erschien wie ein Feuerwerkskörper.
    Und
am Ufer heulte der Große Kojote laut: „Verdammt!“ Das Krokodil aber spie Tante Turkie aus — in hohem Bogen und angewidert. Sie landete
elegant zwischen uns. Schon spülte das Wasser auf unser Floß.
    Onkel
Berni nahm die Pfeife aus dem Maul und fragte das Krokodil: „Nun, mein Freund,
bist du der Häuptling dieser tapferen Knochenbrecher? Dann zeig uns, daß sie
dir gehorchen. Befiehl ihnen, unser Floß auf ihre Rücken zu nehmen und uns an
das Ufer zu tragen. Befiehl ihnen, diese unwürdigen Leute dort drüben
anzugreifen.“
    Das
Krokodil nickte — und unser Floß wurde sanft gehoben. Fast zärtlich blickte ich
jetzt auf die gepanzerten Körper unter uns und um uns herum. Es war ein atemberaubender
Anblick... Hunderte von Alligatoren ordneten sich zu Reihen. Ein Rücken wölbte
sich neben dem anderen, ein Schwanz neben dem anderen, eine lange Schnauze
neben der anderen, ein hervorquellendes Augenpaar neben dem anderen, so schoben
sie uns langsam dem Ufer zu...
    Und
dies alles in der Dunkelheit, wo nur die Sterne am Himmel und das Feuer am Ufer
ein wenig Licht gaben.
    Die
Indianer standen wie festgewurzelt. Wie Baumstämme trieben die Tiere auf sie
zu, die ersten erreichten das feste Land — auf tappenden, krummen Füßen schoben
sie sich hinauf, und die Unterkiefer schleiften über den Grund.
    Da
heulte der Große Kojote: „Fort!“
    Da
schoß der Tödliche Colt eine wütend-verzweifelte Salve in unsere Richtung, die
aber niemanden traf.
    Da
verwandelten sich die roten Krieger in eine Herde springender, flüchtender
Antilopen...
    Ihr
ganzer Spuk war so schnell zerstoben, wie er gekommen war.
    „Bitte
nur auszusteigen“, ermunterte uns Onkel Berni.
    Ich
sagte „Verzeihung“ und kletterte, da ich keine andere Wahl hatte, auf
Zehenspitzen über die Krokodilrücken wie über die Bohlen einer schwankenden
Brücke.
    Ich
zupfte mir den Binder unter dem Kinn zurecht und
strich die langen schwarzen Frackschöße glatt. „Meinst du nicht, daß sich diese
hilfreichen Tiere um ihre Abendmahlzeit betrogen fühlen?“ fragte ich Onkel
Berni.
    Dieser
ließ sich am Ufer des Tümpels nieder und bot dem Häuptling der Krokodile an,
mit ihm die Friedenspfeife zu rauchen.
    Offenbar
wurde er verstanden, denn das Krokodil ließ sich die Pfeife in den Rachen
schieben, hustete und schloß genießend die Augen.
    Der
Friede war besiegelt. Cookie schichtete neue Scheite auf das Lagerfeuer. Später
half ihm Häuptling Blinde Kuh, meine beiden Kisten wieder im Planwagen zu
verstauen.
    „Ich
wünschte, der Tödliche Colt hätte beide geöffnet“, sagte ich. „Dann wüßte er,
daß sie für ihn keinen Wert haben. Wenn er sich nun nur nicht an Zirkus-Joe und
Little Byrd vergreift.“
    „Dann
werde ich ihn persönlich vierteilen“, rief Onkel Rab großspurig.
    „Ja,
wenn der Große Kojote nicht in seiner Nähe ist“, knurrte Onkel Berni. Cookie
setzte sich mit der Gitarre ans Feuer und stimmte unseren Song an:
     
    „Ziehen
drei Geister über das Land,
    haben
nicht Fuß noch Menschenhand,
    werden
begleitet von Cookie und Lord,
    ziehen
durch öde Gegenden fort.
    O
Geister sprecht , zu welchem Ziele?
    Das
fragen selbst die Krokodile.
    Jippi he, jippi jippi hehe !“
     
    Ich
will nicht lügen und behaupten, daß die Krokodile in dieses Lied einstimmten.
Aber sie hörten aufmerksam zu. Häuptling Blinde Kuh kauerte in seiner
malerischen Tracht am
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