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Der Geist des großen Büffel

Der Geist des großen Büffel

Titel: Der Geist des großen Büffel
Autoren: Max Kruse
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und erstarben.
    Dunkel
war es nun. Der Große Büffel war für immer verschwunden. Wir saßen und sannen —
doch wo war Häuptling Singender Bär, der bis vor kurzem noch Blinde Kuh hieß,
und wo war Zitternde Feder? Unversehens traten sie aus der Tür eines Hauses,
kurz nachdem Tante Turkie aus der Höhe zu uns
herabgesegelt war.
    Wir
umarmten uns in Freude und Ergriffenheit. Besonders bewegend erschien es mir,
wie sich Häuptling Kleiner Stier mit dem Singenden Bär versöhnte, wie er seine
Kette aus schweren Holzperlen abnahm und sie seinem Schwiegersohn und neuen
Häuptling um den Hals legte. Zum ersten Mal sah ich auch die liebliche Zitternde
Feder aus unmittelbarer Nähe. Onkel Rab blickte sie
an, und seine Schnurrbarthaare bebten: „Ach“, seufzte er, „daß wir euch jetzt
verlassen müssen...“
    „Wie?“
rief ich, aufrichtig erschrocken. „Ihr laßt mich
allein?“
    „Aber
ja, mein Lieber“, brummte Onkel Berni mit rauher Stimme. „Unsere Aufgaben sind erfüllt. Du brauchst Bloodywood -Castle
nicht zu verkaufen, du kannst deine Schulden bezahlen, die Indianer haben
Frieden geschlossen, Mr. Pinchs Enkelin wurde
gefunden, und Onkel Rab hat sein Duell mit dem Großen
Kojoten nachgeholt...“
    „Aber
ihr müßt mich doch wieder nach Seabridge zurückbegleiten“, widersprach ich.
    „O
nein. Du hast nun die besten Freunde hier und auch in Western-Town. Du hast die
besten Waffen... Durchstreife, ungestört von uns, den Wilden Westen und
fotografiere nach Herzenslust. Du wirst nun nicht mehr der Verrückte Lord mit
seinen sprechenden Gespenstertieren sein... Aber eine Warnung nimm zum
Schluß...“
    „Tante Turkie !“ Ich suchte bei ihr Unterstützung, an der
Warnung ganz uninteressiert.
    „Haltung,
Mac!“ kollerte sie und sah mich dabei so herzlich durch die Stielbrille an, daß
ich ein ganz neues Familiengefühl bei mir entdeckte.
    „Onkel Rab , alter Junge...“
    „Mac,
mein Lieber“, antwortete er, drehte den Strohhut in seinen Pfoten und verbarg
seine Rührung nicht. „Mac, vertritt mich gut bei Little Byrd... bei Millie
Miller... und bei Zitternde Feder... bei allen schönen Mädchen dieser Welt.
Ach, was beneide ich dich darum, daß du mit ihnen leben kannst!“
    Er
versteckte seinen Kopf hinter der Krempe.
    „Berni!“
Ich wandte mich dem würdigsten meiner Vorfahren zu.
    „Mach
unserem Namen Ehre“, knurrte er. „Offen gesagt, ich habe dich lieber gewonnen,
als es einem Besucher aus dem Jenseits eigentlich erlaubt ist. Aber jetzt meine
Warnung: solltest du dich erneut schlecht benehmen, erscheinen wir dir wieder!“
    „Ach“,
rief ich würdelos, „dann verschwindet nur gar nicht erst ins Jenseits! Das
könnt ihr sofort haben, wenn es nur daran liegt...“
    Vielleicht
lag es daran, aber nicht im Augenblick. So schnell konnte selbst ich mich nicht
unwürdig benehmen, wie meine Vorfahren nun wieder abgerufen wurden. Genauso
unverhofft, wie sie mir seinerzeit in Bloodywood -Castle
erschienen waren, verschwanden sie jetzt, nur nicht mit so vielen spukhaften
Begleitumständen. Sie lösten sich wie Nebel auf...
    „Onkel Rab !“ rief Little Byrd.
    „Kleiner,
lieber Vogel...“ klang es noch einmal aus der Dunkelheit.
    „Verflixt“,
sagte Cookie Pott. „Ich werde mich einer religiösen Gemeinschaft anschließen,
bei der man die Ahnen verehrt...“
    „Trotz
aller Ergriffenheit“, antwortete ich nach einer Pause, „weder Onkel Berni noch
Onkel Rab oder Tante Turkie eignen sich recht zur Anbetung. Da finde ich den Gedanken schon besser, mich
bald wieder unwürdig zu benehmen. Laß uns etwas überlegen.“
    „Ich
werde Ihnen beim Nachdenken helfen“, sagte Cookie.
    Hier
endet nun meine Geschichte. Mit dem Erscheinen meiner Vorfahren hat sie
begonnen, mit ihrem Verschwinden ist sie abgeschlossen. Alles Folgende ist
rasch berichtet. Wie von selbst fanden wir im Licht des nächsten Morgens den
Turmeingang. Eine Mauer, die ihn bisher verdeckt hatte, war in Staub
zusammengesunken.
    Wir
kletterten die Treppe empor, die im Innern des Felsen hinaufführte und oben in
einem Gang mächtigen Ausmaßes endete. Den Glanz des Schatzes vermag ich nicht
zu schildern. Eher noch geben meine Fotoaufnahmen von ihm einen ungefähren
Eindruck. Der Wert des Goldes, des Geschmeides, der Münzen, Ketten und
Edelsteine war unschätzbar. Doch tiefer bewegte mich ein anderer Anblick: ein
Häufchen Stoff, vermoderte Kleider, Reste einer Decke, eine zerfallene
Büffelmaske, einige wenige Adlerfedern lagen in
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