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Der Geist des großen Büffel

Der Geist des großen Büffel

Titel: Der Geist des großen Büffel
Autoren: Max Kruse
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hat sich zum Duell
gestellt und gesiegt. Nur das Mädchen war ein anderes.“
    Onkel
Berni paffte: „Fast schade. Onkel Rab als
Angstkaninchen war immer ganz lustig.“
    Jetzt
trat der Held an den Abhang. Er schwenkte seinen Strohhut. Er rief Little Byrd:
„Komm, kleines tapferes Mädchen.“
    Doch
sie rührte sich nicht, das Seil zitterte — es war jene tödliche Sekunde, auf
die der Sturz folgt...
    „Nur
Ruhe, kleiner Vogel“, beschwor Onkel Rab sie — und
gewann endgültig meine Liebe. Er selbst, der uns schon bewiesen hatte, wie gut
er zu Pferde saß, er selbst beschritt das schwankende Seil. Er tat es so
vorsichtig, als ginge er auf Federn — und vielleicht war er selbst eine Feder,
herübergeweht zu uns aus der anderen Welt. Sicher und leicht tänzelte er zur
Mitte. Und seltsam: das Seil wurde ruhiger unter seinen Pfoten.
    Da
erreichte er Little Byrd, da reichte er ihr seinen Vorderlauf. Er machte das so
reizend und charmant, wie ein Tänzer aus vergangenen Jahrhunderten im Menuett
seiner Dame die Hand anbietet. Sie legte die Fingerspitzen darauf, Ruhe überkam
sie — sie schritten, sie tanzten zusammen. Und wir wußten, jetzt kann nichts
mehr geschehen.
    Die
Indianer klatschten. Ganz von selbst ergab sich daraus ein Marsch, in dessen
Takt das Kaninchen und die Seiltänzerin dem festen Boden zustrebten. Die Sonne
leuchtete golden durch die schwarzen Bäume.
    Cookie
jubelte. Krieger hielten den Tödlichen Colt in ihrer Mitte gefangen. Häuptling
Kleiner Stier wandte sich zu mir: „Wir Kalbfell-Indianer werden diesen Tag nie vergessen,
wir werden ihn feiern und besingen, und unseren Kindern von ihm erzählen,
solange die Gestirne über die Erde wandern. Will mein weißer Bruder zum Zeichen
unserer Versöhnung etwas mit mir tauschen?“
    Ich
bejahte.
    So
kam es, daß Häuptling Kleiner Stier an diesem Abend meinen schwarzen Zylinder
trug, während mich sein Federschmuck zierte. Er sah lustig aus und ich
vielleicht prächtig, obwohl ich gestehen muß, daß die lang über meine Schultern
herabhängenden schweren Federn eigentlich recht hinderlich waren.

Ich halte eine Rede
     
    Indianer
— so lernte ich — können genauso schnell zu Freunden werden, wie sie Feinde
gewesen waren. Wir waren nun bei den Kalbfell-Indianern so zu Hause, als ob wir
immer hier aufgewachsen wären.
    Doch
ihre Wut kehrte sich jetzt gegen den Tödlichen Colt. Sein heimtückischer
Anschlag auf Little Byrds Leben, das im wahrsten Sinne des Wortes an dem dünnen
Seil hing, empörte sie.
    „Das
feige Bleichgesicht soll sterben. Es hat keine Ehre“, bestimmte Häuptling
Kleiner Stier, und nur mit Mühe konnte ich ihn davon abhalten, den Tödlichen
Colt am Marterpfahl zu rösten und zu spießen.
    „Ist
er denn eines so ehrenvollen Todes überhaupt würdig?“ fragte ich. „Dürfen nicht
nur Helden auf diese Weise in die ewigen Jagdgründe eingehen?“
    „Mein
weißer Bruder hat recht“, grollte der Häuptling widerwillig. „Man soll ihn den
Präriehunden zum Fraße vorwerfen.“
    Doch
auch das verhinderte ich. „Warum will Häuptling Kleiner Stier die Präriehunde
mit dem Fleisch dieses Lumpen vergiften? Wir werden ihn einem Sheriff
übergeben.“
    „So
tut mit ihm, was ihr für richtig haltet“, brummte der Häuptling. Der Tödliche Colt
wurde also auf den Mustang gebunden, den er in Western-Town gestohlen hatte.
Ich schrieb einen Bericht über all seine Verbrechen, den Cookie, Zirkus-Joe und
Little Byrd als Zeugen unterzeichneten. Wir baten, das herrliche Pferd seinem
rechtmäßigen Besitzer zurückzugeben, der Häuptling bestimmte zehn seiner
zuverlässigsten Männer dazu, den Gefangenen zur nächstgelegenen amerikanischen
Siedlung zu bringen.
    In
derselben Nacht noch ritten sie davon. Wir sprachen kein Wort mehr mit dem
Gauner. Finster blickend saß er im Sattel, die Hände
auf dem Rücken und die Füße unter dem Leib des Pferdes zusammengeschnürt.
    Ich
hoffte, ihn niemals wiederzusehen.
    Danach
loderten die Freudenfeuer. Höher noch als gestern, so schien mir, züngelten die
Flammen in den schwarzen Himmel. Die Musikanten hockten im rötlichen Schein.
Sie ließen die Trommeln dröhnen, rasende Wirbel brachten die Luft zum Zittern.
Da schmerzte mein Trommelfell. Ihre Flöten säuselten, und die Fiedeln brachten
winselnde Töne hervor.
    Im
Takt wiegten die Männer ihre braunen, nackten Oberkörper. Sie hatten sich alle
malerisch geschmückt, sie trugen Armreifen aus Perlen und Metall, Federn im
Haar, Ketten um den Hals
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