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Der Geist des großen Büffel

Der Geist des großen Büffel

Titel: Der Geist des großen Büffel
Autoren: Max Kruse
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denken.

    Häuptling
Blinde Kuh trennte sich von uns, nachdem er Tatatita in Onkel Rabs Obhut gegeben hatte. Er wollte sich zu
Fuß auf einem zwischen Felsen und Büschen verborgenen Pfad in das Lager
schleichen.
    Nur
seine Zeigefinger legte er kurz an sein Herz. Die Feuersteinspitze seines
Pfeiles blitzte noch einmal hell auf. Dann war er verschwunden, und wir hörten
nicht das geringste Geräusch von ihm.
    Vorläufig
blieben wir noch unbehelligt, obwohl ich sicher war, daß wir beobachtet wurden.
Ich stützte mein großes Fernrohr auf die Gabelung eines Astes. So hatte es einen
festen Halt, und ich konnte das Lager gut beobachten.
    „Dort
unten liegt also Little Byrd in einem Zelt, fieberkrank und voller Angst“,
flüsterte Onkel Rab mit zitternden Barthaaren.
    Onkel
Berni meinte: „Sie und Zirkus-Joe sind in keiner beneidenswerten Lage. Und
durch all das, was sich gleich ereignen wird, werden sie — weil sie es nicht
verstehen — noch mehr beunruhigt werden. Wir sollten ihnen eine Botschaft
senden. Dazu eignet sich niemand so gut wie Onkel Rab ...“
    „Ich?“
fragte der schlotternd.
    „Na
ja, ich dachte, du würdest es gern für Little Byrd tun. Aber ich vergaß
natürlich, daß der Große Kojote unten auf dich lauert. Also dann Tante Turkie , sie wurde nun einmal mit Flügeln versehen und
genießt als heiliges Tier der Indianer zudem noch Verehrung.“
    „Hab
keine Lust, mich anbeten zu lassen“, kollerte sie. Aber gleich darauf sahen wir
sie lautlos nach Art der Raubvögel mit ausgebreiteten Flügeln in die Tiefe
hinabsegeln. Dort verschwand sie zwischen den dunklen Tannen.
    Nach
fünf oder zehn Minuten kehrte sie wieder und berichtete: „Little Byrd und
Zirkus-Joe liegen gefesselt nebeneinander in einem Zelt dicht bei der
Feuerstelle. Es geht ihnen leidlich, der Medizinmann hat Little Byrd irgendein
scheußlich schmeckendes Gebräu eingeflößt.“
    „Könnten Mylady nicht etwas aus unserer Hausapotheke für sie
hinunterbringen?“ fragte Cookie. Ich widersprach: „Ich vertraue den Heilkünsten
der Indianer. Außerdem werden wir bald selbst bei ihr sein. Erzähl weiter...“
    „Nun,
ich hab mich von hinten an das Zelt herangeschlichen, vielleicht hielten mich
die Indianer für eines ihrer Hühner. Vorsichtshalber blieb ich im Schatten.
Aber ich mußte mich sehr zusammennehmen, um nicht ein bißchen zu gespenstern.
Unter dem Zeltrand hindurch flüsterte ich den beiden
das Wichtigste zu. Sie freuten sich mächtig, glaube ich. Und weil sie mit uns
ja auch schon allerlei erlebt haben — sonderbare Ereignisse meine ich, zum
Beispiel, wie Onkel Rab am Galgen hing und Gitarre
spielte — , sagten sie, daß sie nichts aus der Ruhe bringen könnte, nachdem sie
jetzt wissen, daß wir hier sind.“
    Da
hörte ich auch schon gellende Schreie zwischen den Zelten der
Kalbfell-Indianer.

Der große Gesang
     
    Mein
Fernrohr zauberte mir alle Vorgänge zum Greifen nahe vors Auge. Meine Vorfahren
benötigten solch ein Hilfsmittel natürlich nicht. Und Cookie meinte, wie nicht
anders zu erwarten: „Ich will nichts sehen und nichts hören. Es würde mir das
Herz brechen.“ Er verzog sich in den Planwagen, verstopfte sich die Ohren mit
Watte und band sich noch einen Schal darüber.
    Nicht
nur die Zelte der Indianer leuchteten von innen, es brannte auch ein helles
Feuer vor dem größten Zelt, das wohl der Wigwam des Häuptlings war. Davor
befand sich der übliche freie Platz.
    Überall
waren Indianer eben noch anscheinend arglos mit irgend etwas beschäftigt gewesen, einige fächelten
sich mit Adlerfedern, andere stolzierten nur herum, warfen Reisig ins Feuer,
schleppten Wasser herbei... Mit einem Wort, das Lager hatte ein Bild
friedlichen Lebens geboten.
    Plötzlich
aber stand Häuptling Blinde Kuh unter einem Baum, stand da wie aus dem Boden
gewachsen, den Bogen gespannt, den Pfeil eingelegt.
    „Häuptling
Kleiner Stier“, rief er laut. „Komm und zeige mir deine Tochter Zitternde
Feder!“
    Ein
Aufschrei des Staunens antwortete ihm. Doch wagte es niemand, sich ihm zu
nähern. Der Häuptling schlug die Zeltbahn auseinander und trat heraus. An
seiner Seite stand das lieblichste Indianermädchen. Sie war schlank wie eine
Weide, schön wie ein samtfelliges Fohlen, mit großen scheuen Augen und
zierlichen Gliedern. Das schwarze Haar fiel ihr glänzend und gescheitelt über
die Schultern, um die Stirn trug sie ein rotes Band — und Onkel Rab seufzte und stammelte: „O du mein armes Herz!“
    Häuptling
Kleiner
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