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Der Geheime Orden

Der Geheime Orden

Titel: Der Geheime Orden
Autoren: Ian Smith
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von Harvard in die Hand drücken. Unausweichlich würden Sie auf eine Ansichtskartenaufnahme des prächtigen Backsteinbaus mit seinem strahlend weißen Turm und einer sanft im Hintergrund aufgehenden Sonne stoßen. Und es ist kein Zufall, dass es das erste Haus ist, das man zu sehen bekommt, wenn man von der Autobahn kommend auf den Campus fährt. Abgesehen von seiner einzigartigen geographischen Lage strahlte Eliot House schon immer einen Hauch von Pomp aus, nicht zuletzt deswegen, weil diejenigen, die dort wohnten, und jene, die es verwalteten, große Anstrengungen unternommen hatten, seine Aura von Exklusivität zu bewahren. Wenn man einer inoffiziellen Studentenumfrage glauben wollte, die einige Jahre zuvor durchgeführt worden war – eine Umfrage, zu der man von der Universitätsleitung niemals eine Stellungnahme hören wird –, beherbergte Eliot den größten Prozentsatz an Millionenerben und die mit Abstand größte Anzahl von Privatschulabsolventen. In vielerlei Hinsicht war es die Verlängerung der Privatschulen, die Harvard fütterten: Philips Exeter, Andover, St. Paul’s und Deerfield Academy, um nur ein paar wenige zu nennen.
    Wie alles in Harvard besaß auch Eliot House seine eigene Geschichte. Als eines der sieben ursprünglichen Häuser der Universität war es nach Charles William Eliot benannt worden, Harvards einundzwanzigstem und am längsten amtierenden Präsidenten. Ein angesehenes Bostoner Architekturbüro hatte das Haus nach dem Vorbild der Colleges in Oxford und Cambridge entworfen und die Wohnquartiere um drei Innenhöfe gruppiert: den Forecourt, den Great Court und den Master’s Court. Am Great Court unterbrachen die Architekten die Linien des Gebäudes und schufen eine großzügig bemessene, zentrale Öffnung, »um den Hof in den vollen Genuss der Wintersonne kommen zu lassen und den meisten Hausbewohnern einen großartigen Blick über den Fluss zu gewähren«.
    Ich hielt dem Wachmann vor dem Haupteingang mit seinen hohen, verglasten Türen meinen Ausweis unter die Nase und durchquerte die kurze Eingangshalle, die sich zum großen Speisesaal öffnete. Es war eine dieser typischen Harvardgeschichten, dunkles, teures Holz, ausladende Kronleuchterund überlebensgroße Porträts ausdrucksloser weißer Männer mit tiefen Furchen in der Stirn und rötlichen Tupfern auf den Wangen, um den blassen Teint zu beleben. Jedes Haus besaß einen eigenen Speisesaal, nicht zu verwechseln mit einer Cafeteria. Ich hatte einmal den Fehler begangen, ihn als solche zu bezeichnen, doch nachdem ich mich damit als Produkt des öffentlichen Schulwesens geoutet und lächerlich gemacht hatte, beging ich diesen Frevel nie wieder. Ein paar hochzuckende Köpfe und ungläubige Blicke später war ich endgültig von dieser Versuchung geheilt.
    Man hatte enorme Geisteskraft in die Organisation des Systems der gegenseitig zugänglichen Speisesäle gesteckt. Die Idee war einfach: Man ermuntert die Studenten, in anderen Häusern als dem eigenen zu essen, und schon erreicht man eine bessere Vermischung der Studierenden und einen besseren Austausch der Sprachen, Kulturen und Meinungen, alles im Dienste der Erweiterung unseres Horizonts. Auf dem Papier eine gute Idee, in der Praxis jedoch nicht ganz so gelungen.
    Ich aß nur alle zwei Wochen einmal in Eliot, und auch nur wegen Dalton. Was mich betraf, war selbst das schon mehr als genug. Die meisten Bewohner waren zweibeinige Parasiten in übermäßig gestärkten Oxford-Hemden und zweifarbigen Lederhosen und mit dieser steifen Großkotzigkeit, als würde ihnen die Welt gehören. Sie konnten keine drei Sätze sagen, ohne dass von berühmten Bekannten oder dem Aktien-Portfolio ihrer Familie die Rede war. Die Frauen schienen sich ständig wie für eine Teeparty anzuziehen, mit perfekt aufgetragenem Make-up, das Haar zu Helmen aufgeföhnt hochgesprayt. Die Jungs sahen alle aus, als wären sie gerade auf dem Weg zu einem Polospiel.
    Ich entdeckte Dalton allein an einem der Tische am Fenster. Mit einem kurzen Winken signalisierte er mir, dass er mich gesehen hatte, und wandte sich dann wieder seiner Lektüre zu. Ich stellte mich in der Küche an der Essensausgabe an.
    Einer der Vorteile des Eliot House lag darin, dass die Schlange an der Essensausgabe sich schneller bewegte als woanders. Es war ein offenes Geheimnis, dass Eliot mehr Küchenpersonal zuteil geworden war als den anderen Speisesälen; außerdem war die Küche größer und erlaubte es den Studenten, sich schneller durch
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