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Der Geheime Orden

Der Geheime Orden

Titel: Der Geheime Orden
Autoren: Ian Smith
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den Servierbereich zu bewegen. Nachdem ich mir ein Tablett und Silberbesteck geschnappt und mich in die Schlange eingereiht hatte, erstarrte ich plötzlich zu Eis. Das schönste Mädchen, das ich je gesehen hatte, stand nur wenige Schritte von mir entfernt auf der anderen Seite der Essensausgabe. Sie war groß gewachsen, ihre Haut hatte die Farbe goldenen Honigs, und ihre Augen waren wie kandierte Aprikosen. Ihr langes, lockiges schwarzes Haar hatte sie zu einem Pferdeschwanz zusammengebunden und teilweise unter der karmesinroten Baseballkappe versteckt, die jeder Küchenbedienstete zu tragen verpflichtet war. Mit roboterhaften Bewegungen schaufelte sie Kartoffelbrei und klatschte ihn auf die Teller, als würden die Studenten auf einem Fließband an ihr vorbeigefahren. Sie lächelte nicht und schaute keinem in die Augen. Es war, als hätte sie den Autopiloten eingeschaltet: Sie nahm die Teller mit der linken Hand entgegen, klatschte den Kartoffelbrei mit der Kelle in der rechten Hand darauf und reichte den Teller wieder zurück. Ihr ausdrucksloses Gesicht verriet, dass es eine Million anderer Orte gab, an denen sie im Augenblick lieber wäre. Ich hatte das Alter anderer Leuten zwar nie gut erraten können, schätzte das Mädchen aber zwischen neunzehn und zweiundzwanzig.
    Ich bat die erste Bedienung um eine Portion Fleisch mit Soße. Obwohl ich normalerweise Pommes statt Kartoffelbrei gegessen hätte, beschloss ich, dass jetzt der ideale Augenblick gekommen war, meine Essgewohnheiten zum Besseren zu ändern. Ich spürte, wie meine Kehle sich zusammenschnürte, als ich mich dem Mädchen näherte, und ich betete innerlich, bloß nicht zu piepsen.
    »Wie geht’s?«, fragte ich. Gott sei Dank hielt die Stimme.
    Sie reagierte gar nicht. Stattdessen griff sie mit der linken Hand nach meinem Teller und blickte genervt drein.
    Ich hielt den Teller weit genug weg, dass sie ihn nicht erreichen konnte, stellte mich auf die Zehenspitzen und schielte über die Schutzhaube, um ihr Namensschild lesen zu können: Ashley. »Wie läuft’s denn so, Ashley?«
    »Willst du jetzt Kartoffeln oder nicht?«, antwortete sie, wobei sie mich mit einem eisigen Blick anstarrte, der sie nur noch schöner machte.
    »Erst wenn du meine Frage beantwortet hast«, sagte ich. Ich spürte das Tablett des Mädchens, das hinter mir anstand, im Rücken.
    »Dann nehme ich an, dass du keine Kartoffeln willst«, blaffte sie und schaute an mir vorbei zum Nächsten.
    »Und ich schätze, dass du dann erstmal an mir vorbei bedienen musst«, gab ich zurück.
    Sie stieß einen langen Seufzer aus. »Okay, du willst wissen, wie es läuft? Super läuft’s. Ich bin total happy. Wenn ich heute Abend nach Hause komme, werde ich ganz traurig sein, weil es so großen Spaß macht, an diesen heißen Tellern zu stehen und eine Horde undankbarer Zicken und Muttersöhnchen zu bedienen.« Sie schnappte sich meinen Teller und klatschte einen Haufen Kartoffelbrei darauf. »Nächster!«
    Die kleine Dampfwalze hinter mir mit ihren Lackschuhen und Bändern im Haar wie Shirley Temple, knuffte sich an mir vorbei nach vorn und schob ihren Teller über den Tresen. Sie bedachte mich mit einem herablassenden Nicken, bevor ich mir noch einen letzten Blick auf die umwerfende Ashley gönnte und mich von der Essensausgabe zurückzog. Ich setzte mich zu Dal ton an den Tisch.
    »Ihr Name ist Ashley Garrett«, sagte Dalton, nachdem ich es mir bequem gemacht hatte. »Geboren und aufgewachsen in Roxbury, Eltern geschieden. Und sie ist schon in festen Händen.«
    »Wessen?«
    »Ein Typ aus Somerville, der sein Geld mit Dachdeckerarbeiten verdient.«
    Es überraschte mich nicht, dass Dalton bereits Insiderinformationen besaß. Ich vergaß zu erwähnen, dass Dalton nicht nur saumäßig reich war, sondern auf seine raue Art auch charmant und gut aussehend, was ihm einen weiblichen Fanclub beschert hatte, um den mancher Rockstar ihn beneiden würde. Ihn verband eine ganz besondere Zuneigung zum anderen Geschlecht, die sich an der Grenze zur Besessenheit bewegte. Seine wahre Leidenschaft allerdings waren exotische Frauen, egal welcher Herkunft, ob schwarz, Latina oder Südamerikanerin, solange nur ein Tropfen exotisches Blut in ihren Adern strömte. Ich glaube, es hatte eine Menge mit seinem ständigen Aufbegehren gegen den Imperator zu tun, denn mit derselben Leidenschaft, mit der er exotische Frauen liebte, verachtete er die blonden, blauäugigen, protestantischen Neuenglandtypen, mit denen seine
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