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Der Gefangene der Wüste

Der Gefangene der Wüste

Titel: Der Gefangene der Wüste
Autoren: Heinz G. Konsalik
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die Sahara stieg und die Wüste zweifarbig wurde … goldrot dort, wo die Sonne auf den Sanddünen glänzte und blauschwarz in den noch unbeleuchteten Senken … gab es keinen Bob Miller mehr.
    Leo Domaschewski, der Pole, und Laslo Nemecz, der Ungar, begruben ihn hinter dem Magazin in der Wüste und ebneten dann das Grab ein, häuften Steine darüber und stapelten alte Benzinfässer aufeinander. Niemand würde auf den Gedanken kommen, daß darunter ein Mensch begraben läge.
    Nur die neun Geier kreisten noch ein paar Stunden geduldig über dem Grab, ehe sie wieder abstrichen und sich auf ihre Warteplätze zurückzogen … das Dach der Sanitätsbaracke. Ihr Vorhandensein war wie eine Medizin … niemand blieb länger im Krankenrevier als unbedingt nötig.
    Luciano Pella aber berichtete am Telefon dem fassungslosen Oberingenieur der ›Sahara-Petrol‹ in Hassi-Messaoud, daß der Ölmineur Bob Miller anscheinend in einem Anfall von Blödheit kurz hinter el Kahla den Lastwagen verlassen und mit einer Kamelkarawane in anderer Richtung weitergezogen sei. Alles Bitten habe nichts geholfen. So sei er, Luciano Pella, allein zurück zur Station XI gefahren, weil man dort dringend die neuen Bohrköpfe brauchte.
    Bob Miller blieb verschollen. Sein letztes Gehalt – für 19 Tage – wurde noch nach Tuscon-Valley in die USA überwiesen. Dann senkte sich das große Schweigen über ihn. Wie soll man auch einen einzelnen Mann in der Wüste suchen?
    Auf der Station XI allerdings wartete man, und jeder beobachtete jeden. Wer hatte Magenschmerzen? Wer krümmte sich, mit den Händen vorm Bauch? Spuckte einer heimlich Blut? Veränderte jemand seine Hautfarbe?
    Wer ist der nächste? Wen muß man wie Bob verschwinden lassen? Oder gehen wir alle drauf wie die armen Kerle von Hadjar? Ist diese Mistkrankheit überhaupt ansteckend? Lohnt sich dieses Warten? Warum ziehen wir nicht alle nach el Kahla und sagen: »Schluß jetzt! Ölbohren, gut. Schwitzen, gut. Keine Weiber, nur Schnaps, Hitze, Sand und Wüstensturm und Jules, den Schwulen aus Lyon, der einen Narren ausgerechnet an Pierre Serrat gefressen hat, diesen männlichsten Mann, den es im Umkreis von 500 km Sahara überhaupt gibt … auch gut. Und der Lohn ist sehr gut. Aber krepieren an dieser Magenkrankheit … nein!«
    Nach acht Tagen Warten und Belauern legte sich die Angst schnell wieder. Der heiße Alltag schluckte alles auf. Außenstelle II meldete, daß eine neue Bohrung voraussichtlich fündig würde … man röche schon das Ölgas.
    Bob Miller … das war ein Einzelfall. Weiß der Teufel, wo er sich die Krankheit geholt hatte.
    Was man nicht auf Station XI wußte, füllte in Algier einige dicke Aktenordner: Im ganzen südalgerischen Ölgebiet, von Ouargla bis Djenet, von Edjeleh bis Amguid lagen bisher 429 Todesmeldungen vor.
    Die Hadjar-Krankheit. Inneres Verbluten durch Riß der Magenwände.
    Und deshalb kam Dr. Ralf Bender in die Sahara.
    Saada war ein hübsches Mädchen und der Stolz ihres Vaters Seradji Achmed.
    Die Würde eines Arabers wächst mit der Zahl seiner Söhne … die Geburt einer Tochter ist fast ein Trauertag für die Familie. Wozu ist eine Tochter gut? Sie kann weniger arbeiten als ein Kamel, selbst ein räudiger Esel leistet mehr, sie kostet nur Geld, ißt und will gekleidet sein, nimmt Platz weg, der den Söhnen gebührt, und bringt Unruhe in die Familie, wenn sie geschlechtsreif wird. Nur zum Kinderkriegen taugt sie etwas, für das Kochen und etwas Gartenarbeit … sehr wenig für die gute Speise, die sie vertilgt.
    Seradji Achmed machte da eine Ausnahme. Er war der Scheich der Oase Bou Akbir, ein geachteter, gefürchteter Mann, der sein Dorf mit harter Hand zusammenhielt und eine Ordnung geschaffen hatte, die aus der Oase einen wahren Zaubergarten machte und wo nicht nur die Frauen und Tiere, sondern auch die ansonsten stolzen Männer arbeiteten.
    Saada war Achmeds einziges Kind. Erst spät hatte er sich eine Frau genommen, eine wunderschöne Ouled Nail aus Ghardaia. Ein reiches Mädchen, das seinen Wohlstand in langen Ketten aus goldenen Münzen um den Hals trug, ein Beweis ihres Fleißes und ihres Könnens. Denn wie viele ihrer Stammesgenossinnen hatte auch Damira in einem Bordell gedient … erst in Bou Saada, wo sie mit zweihundert anderen Ouled Nail-Mädchen ausgebildet wurde, dann in Touggourt und schließlich in Ghardaia, wo Seradji Achmed das Mädchen kennenlernte. Sie war die erfolgreichste aller Liebesdienerinnen und legte ihr Geld – wie es
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