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Der Gastprofessor

Der Gastprofessor

Titel: Der Gastprofessor
Autoren: Robert Littell
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Dschedschorskinski, plusminus die eine oder andere Silbe.
    Dwayne, mit Shirley im Schlepptau, war befördert worden, in eine größere Filiale vom E-Z Mart in Rochester, einen Supermarkt, der so riesig ist, daß die Kunden da drin auf Urlaubsreise gehn. Das bedeutete, daß der E-Z Mart in Backwater einen neuen Manager gekriegt hatte. Ich hab mir natürlich gedacht, daß der Neue unheimlich pingelig sein wird, was Ladendiebstahl angeht, und hab versucht, Dwayne danach auszuhorchen.
    »Klar weiß ich, wer mein Nachfolger ist, Babe, ich hab ihn schließlich für die Firma entdeckt, aber ich geb diese Information nicht an dich weiter.« Mehr war nicht aus ihm rauszukriegen. Auch Shirley wollte nicht mit der Sprache raus. »Dwayne bringt mich um, wenn ich was ausplapper«, hat sie gekichert. »Stimmt doch, Süßer, oder?«
    Sie können sich also sicher vorstellen, was das für eine Bombenüberraschung war, als dieser Typ in seinem knielangen weißen Arztkittel sich von hinten an mich angeschlichen und meinen Rucksack befühlt hat. Ich bin so schnell herumgewirbelt, daß ich mir den Kopf an seiner Klemmtafel angehaun hab. »Auuuaa«, hab ich gejault. Wenn es darum geht, Grenzen zu verteidigen, ist Angriff die beste Verteidigung, also hab ich ihm eine volle Breitseite hingelassen. »Sie Dünnmann, was haben Sie eigentlich vor, mich wegen Ladendiebstahl zu enthaupten? Wo bleibt da der schöne alte Grundsatz, daß die Strafe dem Vergehen angemessen sein muß?«
    Ich bin rückwärts getaumelt und hab mit meinen seetanggrünen Augen geplinkert, als ob ich Schwierigkeiten hätte, ihn richtig zu sehen, hab mir den Kopf mehr als nötig gerieben und zu dieser schmutziggrauen Maske von einem Bart hochgeschaut, um festzustellen, ob mich der Mensch, der sich dahinter versteckte, für wen halten würde, der mit einem Anwalt befreundet ist, der eine saftige Schadensersatzklage einreichen wird.
    Ich merkte, daß mich die Augen über dem Bart anlächelten, und ich merkte, daß besagtes Lächeln zu zwei Dritteln leicht amüsiert war.
    Der Bart bewegte sich. »Yo. Was machen Sie da?«
    Es dauerte eine Mikrosekunde, bis mir der gutturale Klang seiner Stimme auffiel.
    »Und Sie, was machen Sie?« gab ich zurück.
    »Ich kann zu Ihnen sagen, daß ich jedenfalls nicht klaue.«
    »Hey, seien Sie kein Stockfisch. Klauen Sie doch was. Weiß doch jeder, daß die ihre Preise wattieren, um die Ladendiebstähle abzufedern. Deswegen muß auch wirklich wer was stehlen, damit die Supermärkte ehrlich bleiben.« Meine Sommersprossen fühlten sich an, als stünden sie in Flammen. »L. Ficker-Falk! Was machst du denn hier?«
    »Ich bin der neue Manager vom E-Z Mart. Dwayne hat das für mich gedeichselt. Er hat seine Bosse davon überzeugt, daß ich mich mit Lagerhaltung in Supermärkten besser auskenne als mit Computern.«
    Abgesehen von dem weißen Kittel und dem Bart war da noch was. anders an ihm. Sein Haar war länger und flog in alle Himmelsrichtungen, er hatte meine professionellen Dienste bitter nötig, aber das war’s nicht. Hey, das war’s überhaupt nicht. Es war mehr seine neue, raumgreifende Art, ja? Es war mehr die lässige Art, wie er die Schultern hielt, so als war ihm eine Bürde abgenommen worden.
    »Was soll der Bart?« fragte ich ihn.
    »Den kannst du unter der Rubrik Lebenserfahrung verbuchen«, sagte er. »Ich will nicht erkannt werden, wenn wieder mal solche Mafiatypen in Backwater auftauchen, auf der Suche nach jemandem, der FBI-Post lesen kann.«
    Ich trottete hinter ihm her durch die Gänge, während er alles Mögliche auf seiner Klemmtafel notierte und abhakte. »Quaker’s Oats, After Eight und Skippy’s Erdnußbutter haben in den letzten vierundzwanzig Stunden was getan für ihr Geld. Sonnenöl, Aftershaves, Achsel- und Intimdeo, Schirmmützen und Sonnenbrillen sollten vielleicht auch aufgefüllt werden. Es ist zum Schießen! In Rußland haben wir immer gesagt, daß der Mangel gleichmäßig auf die Landbevölkerung verteilt werden muß. Hier tippen wir Bestellungen in einen Computer ein, und am nächsten Morgen steht das Zeug vor der Tür.« Und dann sagte er was, was ich hier wiederholen will, obwohl ich es nicht hundertprozentig versteh. »Amerika die Schöne!« hat er gesagt. »Es stellt sich raus, daß die Straßen hier doch mit Sony-Walkmans gepflastert sind.« Hat er gesagt.
    Dann hat er noch eine ganze Weile darüber gelabert, wie leicht es war, einen Supermarkt zu leiten. Anscheinend hat sich L. Falk nicht etwa in den
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