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Der Gastprofessor

Der Gastprofessor

Titel: Der Gastprofessor
Autoren: Robert Littell
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wissen.«
    »Und ob ich das wissen will. Deshalb frag ich ja. Wie wär’s, willst du nicht mitkommen zu mir nach Hause und beim Abendessen ein bißchen erzählen?«
    »Ich würde Mayday gern wiedersehen.«
    Ich hatte eine schlechte Nachricht für ihn. »Mayday ist im Schlaf gestorben, an dem Tag, an dem der Rebbe nach Brooklyn abgereist ist. Ich stell mir vor, sie war zu dem Schluß gekommen, daß ich sie nicht mehr brauchte. Kurz bevor Dwayne nach Rochester umgezogen ist, hat er mir geholfen, sie auf dem Gelände zu begraben, wo sie die Atommülldeponie anlegen wollten.«
    »Hey, das tut mir leid. Was das Abendessen betrifft: Bist du auch sicher, daß ich nicht stören würde?«
    An diesem Punkt in der Geschichte des Universums hätte ich Zbigs Nachnamen auch nicht aussprechen können, wenn mein Leben davon abgehangen hätte. »Bei mir steht heute abend nichts an.«
    Beim Braten der Spiegeleier – zum erstenmal in meiner kulinarischen Karriere nicht leicht gewendet, sondern Sonnenseite nach oben – kam ich endlich dazu, ihm dafür zu danken, daß er den Hite Report beiseite geschafft hatte, bevor der Sheriff mit seinem Durchsuchungsbefehl aufkreuzte. »Ich wußte, daß du es warst, noch bevor mir der Rebbe erzählt hat, wie du den Hite Report ausgeliefert hast, um ihn zu schützen.«
    »Wie bist du draufgekommen?«
    »Ich hab eine deiner zwei Unterschriften gefunden – die Sachen, die du zusammengelegt und auf die Couch gelegt hast. Du hast gehört, wie Dwayne und ich zugange waren, stimmt’s?«
    Er nickte.
    »Und?«
    Darauf hat er was gesagt, was mich umgehaun hat. »Daß ich das Glück hatte, dich ficken zu dürfen, heißt noch lange nicht, daß ich dich reparieren darf. Außerdem bist du nicht kaputt.«
    Wir waren bei Mango-Chutney und Joghurt angelangt, als er mir erzählte, wo er die letzten drei Wochen gewesen war. Wie sich rausstellte, war er per Hubschrauber in eine Art Festung in Maryland gebracht worden, die von nicht weniger als zwei Stacheldrahtzäunen umgeben war und einen Regenwald von Antennen auf dem Dach und den längsten Korridor in der Geschichte der Korridore hatte, der war mindestens so lang wie drei Football-Felder, laut L. Falk, dagegen kommt einem Dwaynes E-Z-Laden in Rochester vor wie ein tragbarer Spielplatz für Kinder. Die Leute, die in dem Laden das Sagen hatten, waren hergegangen und hatten L. Falk in einen Raum ohne Fenster aber mit Rundumdie-Uhr-Zugang zu einem Cray oder so ähnlich gesetzt, was immer das sein mag, und ihm gesagt, er soll Codes knacken.
    Ich hab L. Falk gefragt, wie er sich da wieder rausgewunden hat. Und da ist er hergegangen und hat mir mehr über Codes erzählt, als ich wissen mußte. In diesem Festungsfort in Maryland, ja?, war er hergegangen und hatte statistische Vibrationen in großen Datenstichproben aufgezeichnet, ich glaub, so hat er sich ausgedrückt, und russische und syrische und iranische und irakische Codes geknackt und die entschlüsselten Mitteilungen an seine Bosse weitergeleitet. Es stellte sich raus, daß er den Typen in einer anderen Festung, die Pentagon heißt, mitgeteilt hat, was sie nicht hören wollten, nämlich daß russische U-Boote nicht tauchen können und irakische Langstreckenraketen nur Kurzstrecken fliegen und die Kurzstreckenraketen überhaupt nicht abheben und syrische Artilleriegranaten defekte Zünder haben und die iranische Atombombe frühestens in fünfzig Jahren das Licht der Welt erblicken wird, was schon optimistisch geschätzt war, und daß bei denen die Wirtschaftslage so mies ist, daß sie allesamt hinter amerikanischer Hilfe her sind wie der Teufel hinter der armen Seele. Die Typen im Pentagon haben gespuckt wie defekte Zünder, als sie das alles gelesen haben, hauptsächlich deshalb, weil es laut L. Falk gerade die Jahreszeit war, in der sie ihre Budgets beantragen mußten. Sie haben einen Typ namens Doolittle unter Druck gesetzt, und der hat L. Falks Auslieferung heim zu Mütterchen Rußland in die Wege geleitet, ein Verfahren, das sechs Monate dauern würde, wie L. Falk von einem Anwalt erfuhr, den er konsultierte.
    »Wenn du wolltest, könntest du trotzdem in Amerika bleiben.«
    »Nämlich wie?«
    »Indem du Amerikaner wirst.«
    Er lachte. »Ich bin allegorisch gegen Waffen, die Augen würden mir tränen, wenn ich mir eine kaufen würde.«
    »Sei kein Stockfisch – man kann auch noch auf andere Arten Amerikaner werden, nicht nur dadurch, daß man sich eine Waffe kauft.«
    »Nenn mir eine.«
    »Sexuelles Asyl
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