Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Der Gamma-Stoff

Der Gamma-Stoff

Titel: Der Gamma-Stoff
Autoren: James Gunn
Vom Netzwerk:
wesentlich größere Erfolge erzielen. Manche Krankenschwestern – nicht immer die hübschesten – erwecken in ihren Patienten den Wunsch, gesund zu werden.
    Sie brauchen zwei Stunden für eine genaue Untersuchung – in zwei Sekunden. Eine Behandlung zu Ende zu führen, mag bei ihnen Monate oder Jahre erfordern; ich habe nie länger als fünf Minuten gebraucht.«
    »Aber wo ist Ihre Kontrolle?« brauste Harry auf. »Wie können Sie beweisen, daß Sie ihnen geholfen haben? Wenn Sie Ursache und Wirkung nicht zu verknüpfen vermögen, wenn niemand sonst Ihre Behandlung zu wiederholen vermag, handelt es sich nicht um Wissenschaft. Und es läßt sich nicht lehren.«
    »Wenn ein Heilender Erfolg hat, weiß er es«, flüsterte Pearce. »Sein Patient auch. Was das Lehren angeht – wie bringt man einem Kind das Sprechen bei?«
    Harry hob ungeduldig die Schultern. Pearce hatte auf alles eine Antwort. Es gab solche Menschen, die sich in ihrer Manie so sicher fühlten, daß man sie nie davon überzeugen konnte, der Rest der Menschheit sei normal. Der Mensch mußte sich auf die Wissenschaft stützten – nicht auf den Aberglauben, nicht auf Gesundbeter und Medizinmänner. Sonst stürzte man ins Mittelalter zurück.
    Er streckte sich auf dem Laubbett aus, fühlte Marnas Leib neben sich. Er wollte die Hand ausstrecken und sie berühren, aber er tat es nicht.
    Sonst gab es kein Gesetz, keine Sicherheit, keine Unsterblichkeit …
    Der Reif weckte ihn. Seine Haut prickelte. Dann begann sie zu schmerzen. Harry streckte die Hand aus. Das Laubbett neben ihm war warm, aber Marna war verschwunden.
    »Marna!« flüsterte er. Er stützte sich auf einen Ellenbogen. Im fernen Licht, das durch die Baumwipfel herabschimmerte, konnte er erkennen, daß die Lichtung leer war. Pearce und der Junge hatten sich ebenfalls empfohlen.
    »Wo seid ihr denn alle?« fragte er lauter.
    Er fluchte vor sich hin. Sie hatten den günstigsten Augenblick abgewartet, um zu fliehen. Aber warum hatte Christopher sie dann im Wald gefunden und hierher gebracht? Und was erhoffte sich Marna? Daß sie allein es schaffte, die Villa zu erreichen?
    Er fuhr hoch. In den Blättern raschelte es. Harry erstarrte. Einen Augenblick später wurde er von grellem Licht geblendet.
    »Keine Bewegung!« sagte eine hohe Stimme. »Sonst muß ich schießen. Und wenn du zu fliehen versuchst, wird dir die Spürnase folgen.« Die Stimme klang kühl und gelassen. Die Hand, die die Waffe hielt, zitterte nicht.
    »Ich halte mich ganz still«, sagte Harry. »Wer sind Sie?«
    »Ihr seid zu viert gewesen. Wo sind die anderen drei?«
    »Sie haben Sie kommen hören. Sie warten nur darauf, sich auf Sie zu stürzen.«
    »Du lügst«, sagte die Stimme verächtlich.
    »Hören Sie mich an!« rief Harry. »Sie scheinen kein Bürger zu sein. Ich bin Arzt – stellen Sie mir eine medizinische Frage. Fragen Sie, was Sie wollen. Ich habe einen wichtigen Auftrag. Ich muß dem Gouverneur eine Nachricht überbringen.«
    »Wie lautet die Nachricht?«
    Harry schluckte. »Die Lieferung ist gestohlen worden. Es dauert eine Woche, bis die nächste vorbereitet werden kann.«
    »Welche Lieferung?«
    »Ich weiß es nicht. Wenn Sie ein Edelmann sind, müssen Sie mir helfen.«
    »Setzen Sie sich hin!«
    Harry gehorchte.
    »Ich habe eine Nachricht für Sie. Ihre Botschaft wird nicht überbracht.«
    »Aber –« Harry richtete sich auf.
    Von irgendwo hinter dem Licht ertönte eine kleine Explosion, und Harry spürte einen Stich in der Brust. Er sah an sich hinunter. Ein winziger Pfeil stak zwischen den Revers seiner Jacke. Er versuchte danach zu greifen, aber es ging nicht. Sein Arm gehorchte nicht. Auch sein Kopf ließ sich nicht bewegen. Er fiel auf die Seite, ohne etwas zu spüren. Nur Augen, Ohren und Lunge schienen von der Lähmung nicht befallen zu sein.
    »Ja«, sagte die Stimme ruhig. »Ich bin ein Leichenfledderer. Einige meiner Freunde sind Kopfjäger, aber ich sammle Leiber und liefere sie lebend ab. Das macht mehr Spaß. Außerdem ist mehr zu verdienen. Für den Kopf gibt es nur zwanzig Dollar, für einen ganzen Körper über hundert. Manche mit jungen Organen wie bei dir sind noch viel mehr wert.«
    »Los, Spürnase, such die anderen.« Das Licht entfernte sich. Im Unterholz knackte etwas. Harry konnte langsam eine dunkle Gestalt ausmachen, die in etwa drei Meter Entfernung auf dem Boden saß.
    »Du wirst dich fragen, was mit dir geschieht«, sagte der andere. »Sobald ich deine Begleiter gefunden habe, werde
Vom Netzwerk:

Weitere Kostenlose Bücher